Szczecin-Gleichung
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1 Die Ableitung der Szczecin-Gleichung
Die Fishersche Verkehrs-/Tauschgleichung lautet:[1]
(1) M · U = H · P
mit
M = Geldmenge
U = Umlaufgeschwindigkeit des Geldes
H = Handelsvolumen
P = Preisniveau
Diese Gleichung wird als Grundgleichung für die Steuerung der Entwicklung einer Volkswirtschaft angesehen. Die linke Seite der Gleichung (M · U) ist als geldwirtschaftliche Seite einer Volkswirtschaft zu interpretieren, während die rechte Seite der Gleichung (H · P) als güter-/realwirtschaftliche Seite aufgefasst wird.
Setzt man für die Umlaufgeschwindigkeit (U) die Kassenhaltungsdauer k (U = 1 / k) – auch als Cambridge-k gezeichnet - und für das Handelsvolumen (H) das Volkseinkommen (Y) ein, so erhält man die Cambridge-Gleichung:[2]
(2) M = k · Y · P
Ersetzt man das Volkseinkommen (Y) durch eine wertbezogene gesamtwirtschaftliche Produktionsfunktion[3], so gelangt man zur Szczecin-Gleichung:[4]
(3) M · U = [w·(AK + KK)]·P
bzw.
(4) M = k·[w·(AK + KK)]·P
mit
(4) Y = w·(AK + KK) 0 ≤ w ≤ ∞ (Witte-Produktionsfunktion)
Y = Wert der gesamten Produktionsleistung einer Volkswirtschaft
AK = Kosten der im gesamtwirtschaftlichen Produktionsprozess eingesetzten Arbeit
KK = Kosten des im gesamtwirtschaftlichen Produktionsprozess eingesetzten Kapitals
w = Wirtschaftlichkeit des gesamtwirtschaftlichen Produktionsprozesses
Wird ferner unterstellt, dass der gesamtwirtschaftliche Produktionsprozess eine Wirtschaftlichkeit von eins (w = 1) hat und das Preisniveau (P) auch eins (P =1) ist, kommt man zu Gleichung (5) und (6):
(5) M = (AK + KK) / U
bzw.
(6) M = k (AK + KK)
Löst man die Gleichungen nach der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes (U) bzw. der Kassenhaltungsdauer k auf, erhält man Gleichung (7) und (8):
(7) U = (AK + KK)/M
bzw.
(8) k = M / (AK + KK)
2 Kritik der Fisherschen Verkehrs-/Tausch-Gleichung und der Cambridge-Gleichung
Betrachtet man die Fishersche Verkehrs-/Tauschgleichung nicht nur aus der Sicht der Mathematik, sondern auch aus der Sicht der Messtheorie, so kommt man zu dem Schluss, dass aus der Sicht der Messtheorie die Bedingung an eine Gleichung, die Gleichheit beider Seiten einer Gleichung, nicht erfüllt ist. Aus Sicht der Messtheorie müssen nicht nur die Werte beider Gleichungsseiten gleich sein, sondern auch die Maßeinheiten. Diese Bedingung ist für die Fishersche Verkehrs-/Tauschgleichung nicht erfüllt, wie sich zeigen lässt:
(1) M · U = H · P
Die Geldmenge (M) wird in Geldeinheiten (GE), z.B. in Euro, gemessen. Dieser Wert ist mit der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes (U) zu multiplizieren. Da die Geschwindigkeit in den Naturwissenschaften immer als pro Zeiteinheit zurückgelegter Weg gemessen wird, müsste die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes (U) in der Maßeinheit Anzahl der Geldeinheiten (GE) gemessen werden, die einen Weg pro Zeiteinheit zurücklegen. Es wäre z.B. das Maß Stundenkilometer für eine Geldeinheit (GE) als Geschwindigkeitsmaß denkbar.
Betrachtet man die rechte Seite der Fisherrschen Verkehrs-/Tauschgleichung, so stellt man fest, dass das in Geldeinheiten (GE) gemessene Handelsvolumen (H) mit dem Preisniveau (P) multipliziert wird. Da das Preisniveau als Indexwert ohne Maßeinheit gemessen wird, ergibt sich als Maßeinheit nach Multiplikation Geldeinheiten (GE). Es ist also festzustellen, dass die Fishersche Verkehrs-/Tauschgleichung aus der Sicht der Messtheorie eine Ungleichung ist:
(1.1) [GE] · [GE km/Std.] # [GE]
Diese Ungleichheit kann nur in eine Gleichheit überführt werden, wenn die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes (U), genau wie das Preisniveau, als Index gemessen wird. Dann ist aber sinnvoller Weise nicht mehr von einer Geschwindigkeit zu sprechen. Es sollte besser der Begriff Umschlaghäufigkeit des Geldes (UHG) benutzt werden.
Stellt man die gleiche Betrachtung für die Cambridge-Gleichung an, so zeigt sich, dass auch diese Gleichung aus der Sicht der Messtheorie eine Ungleichung ist:
(2) M = k · Y · P
Die Geldmenge (M) wird in Geldeinheiten (GE) gemessen, während die Kassenhaltungsdauer in Zeiteinheiten (ZE), z.B. in Stunden, gemessen wird. Das Volkseinkommen wird in Geldeinheiten (GE) gemessen und das Preisniveau als Indexwert ohne Maßeinheit. Nach Multiplikation ergibt sich somit auf der linken Seite ein Wert in Geldeinheiten und auf der rechten ein Wert in Geldeinheiten (GE) multipliziert mit einem Zeitwert. Die Cambridge-Gleichung ist aus der Sicht der Messtheorie also auch eine Ungleichung. Zudem ist festzustellen, dass die Cambridge-Gleichung aus der Sicht der Messtheorie gar nicht mit der Fisherschen Verkehrs-/Tauschgleichung kompatibel ist. Es ergeben sich ganz andere Maßeinheiten:
(2.1) [GE] # [Std.] · [GE]
Auch im Fall der Cambridge-Gleichung kann die Gleichheit der beiden Seiten der Gleichung nur hergestellt werden, wenn die Kassenhaltungsdauer, genau wie das Preisniveau, als Indexwert gemessen wird. Wenn so verfahren wird, kann man allerdings nicht mehr von einer Kassenhaltungsdauer sprechen. Besser wäre es, den Begriff Umschlagwiderstand des Geldes (UWG) zu benutzen.
3 Auswirkungen der Kritik auf die Szczecin-Gleichung
Wird die dargestellte Kritik der Fisherschen Verkehrs-/Tausch-Gleichung und der Cambridge-Gleichung auf die Szczecin-Gleichung übertragen und die Veränderungsvorschläge für diese Gleichung angewandt, so gelangt man zu den Gleichungen (9) – (14). Die Szczecin-Gleichung wird folglich besser in der folgenden Form geschrieben:
(9) M · UHG = [w·(AK + KK)]·P
bzw.
(10) M = UWG [w·(AK + KK)]·P
Für eine Wirtschaftlichkeit von eins (w = 1) und ein Preisniveau von eins (P = 1) ergibt sich dann:
(11) M = (AK + KK) / UHG
bzw.
(12) M = UWG (AK + KK)
Löst man die Gleichungen nach der Umschlaghäufigkeit des Geldes (UHG) bzw. dem Umschlagwiderstand des Geldes (UWG) auf, erhält man Gleichung (13) und (14):
(13) UHG = (AK + KK) / M
bzw.
(14) UWG = M / (AK + KK)
Die Gleichungen dürften sich in der Praxis als bessere Basis für die Geldmengensteuerung erweisen.
Literatur
4 Einzelnachweise
- ↑ Fisher, I.: The Purchasing Power of Money, New York 1911, S. 24 – 28, 47 – 49, 53 –54, 149 - 183
- ↑ Pigou, A.C.: The Value of Money, in: Quarterly Journal of Economics, Vol. 32 (1917/18), S. 38 – 65, hier S. 42 - 43, 52 – 53 und Marshall, A.: Money, Credit and Commerce, London 1923, S. 12 – 67, 246 - 307
- ↑ Witte, H.: Die wertbezogene Produktionsfunktion, in: Witte, H.: The Szczecin School of “simple” Economics, Szczecin 2010, S. 17 - 24
- ↑ Witte, H.: Die Szczecin-Gleichung, in: Witte, H.: The Szczecin School of “simple” Economics, Szczecin 2010, S. 35 - 44
5 Init-Quelle
Entnommen aus der:
Erster Autor: Flammers1 angelegt am 24.03.2011 um 15:29,
Alle Autoren: Achim Jäger, Hardcoreraveman, Michileo, Flammers1, Fix 1998
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