Survey Methodology (Fachrichtung)

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Survey Methodology beschäftigt sich mit der für wissenschaftliche Bevölkerungserhebungen relevanten Grundlagenforschung. Unter wissenschaftlichen Bevölkerungserehebungen versteht man unter anderem Zensen oder epidemiologische Studien. Es handelt sich um ein interdisziplinäres Gebiet, das insbesondere für Sozialwissenschaftler und Mediziner, häufig aber auch für Naturwissenschaftler relevant ist.

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1 Gegenstand

Standardisierte Interviews liefern die Grundlage für die überwältigende Mehrheit der Studien der empirischen Sozialforschung. Auch Zensuserhebungen und andere Daten der Statistik basieren fast immer auf Surveys. Bezogen auf die zur Verfügung stehenden Daten liegt der Anteil der durch Surveys gewonnenen Daten bei über 90 %. Auch bei sozialwissenschaftlichen Publikationen beruht die Mehrzahl der empirischen Arbeiten inzwischen auf Survey-Daten.[1]

Um gültige Schlussfolgerungen aus Befragungsdaten ziehen zu können, ist hohe Datenqualität eine unverzichtbare Voraussetzung. Survey Methodology beschäftigt sich mit den Fehlerquellen in Surveys, der Vermeidung oder Minimierung dieser Fehler, sowie den Korrekturverfahren mit dem Ziel einer möglichst hohen Datenqualität.

Die Zahl potenzieller Fehlerquellen bei der Konzeption und Durchführung von Surveys ist groß. Beispielsweise können Selbstselektionsprozesse Stichproben verzerren, Antworten durch Befragungsmodus, Skalenformate, Interviewerverhaltensweisen oder Frageformulierung beeinflusst werden. Um möglichst akkurate Schätzungen der interessierenden Parameter zu erhalten, ist es nötig, diese Fehlerquellen zu erkennen, zu vermeiden oder in angemessener Weise zu behandeln.

2 Berufsfelder im Bereich Survey Methodology

Auch außerhalb der akademischen Sozialforschung gibt es einen nicht unerheblichen Bedarf an empirisch arbeitenden Sozialwissenschaftlern und insbesondere Survey Methodologen.

Etwa 200 Institute in Deutschland können zur kommerziellen Sozial- und Marktforschung gezählt werden, davon gehören 47 zum „Arbeitskreis Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute“. Diese Institute erzielen circa 90% ihres Umsatzes durch Surveys. Entsprechend groß ist der Bedarf an Fachpersonal für die standardisierte Erhebung von Survey-Daten.

Sowohl der Bedarf der Institute als auch der der akademische Forschung nach Absolventen mit Kenntnissen im Umgang mit quantitativen Methoden überstieg in den vergangenen Jahren das Angebot der Universitäten bei weitem. Lange Zeit war dies eher ein subjektiver Eindruck, daher führte die Sektion „Methoden" der Deutsche Gesellschaft für Soziologie im Jahr 2000 eine Reihe von Erhebungen zu dieser Frage durch.

2.1 Mangel an ausgebildeten Survey Methodologen

Im Wintersemester 2000/01 führten Schnell und Krebs eine Befragung aller 104 an deutschen Universitäten Lehrenden im Bereich „Methoden der empirischen Sozialforschung“ durch (vgl. Schnell/Krebs 2002). Für 30 von 49 berichteten Projektstellen, die zeitnah zu besetzen waren, wurde Besetzungsschwierigkeiten aufgrund des Mangels an qualifizierten Nachwuchs berichtet. Die Hochschullehrer berichteten zum damaligen Zeitpunkt darüber hinaus von 62 Anfragen außeruniversitärer Arbeitgeber nach geeigneten Absolventen. Davon richteten sich 49 Anfragen auf quantitativ ausgebildete Absolventen. In über 60% dieser Fälle konnten die Hochschullehrer keine geeignete Personen empfehlen.

In einer davon unabhängigen Studie der Qualifikationsprofile aller in der Bundesrepublik am 1. Juni 2001 arbeitslos gemeldeten 1 745 Soziologen konnte Schnell (2002:39-40) zeigen, dass mehr als drei Viertel der arbeitslosen Soziologen weder über Kenntnisse eines Datenanalyseprogamms noch über spezielle Statistikkenntnisse oder Erfahrungen in der qualitativen und quantitativen Forschung verfügte. Personen, die über diese Kenntnisse verfügten tauchten nicht in den Arbeitslosenstatistiken auf.

Diese Befunde wurden auch auf einer gemeinsamen Tagung der Sektion „Methoden“ mit der Arbeitsgemeinschaft sozialwissenschaftlicher Institute (ASI), dem Arbeitskreis Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute (ADM), dem Berufsverband Deutscher Markt- und Sozialforscher (BVM) sowie dem Berufsverband Deutscher Soziologinnen und Soziologen (BDS) bestätigt. Die Beiträge der Tagung erschienen in dem von Engel (2002) herausgegebenen Band „Praxisrelevanz der Methodenausbildung".

Für die Lösung der rein statistischen Probleme von Surveys stehen im Prinzip genügend Mathematiker und Ökonometriker zur Verfügung. Der Mangel an geeigneten Absolventen wurde daher vor allem im Bereich der Datenerhebung - also im Bereich Survey Methodology - in allen Beiträgen als besonders gravierend angesehen. Einzelheiten hierzu finden sich vor allem in den Tagungsbeiträgen der Vertreter der großen Markt- und Sozialforschungsinstitute wie TNS Infratest oder der Gesellschaft für Konsumforschung (Gfk).[2]

2.2 Abgrenzung zum Bereich (Survey) Statistik

Die Abgrenzung der Survey Methodology zur (Survey) Statistik ist an vielen Stellen nicht ganz eindeutig, da beide Disziplinen eng miteinander verbunden sind. Allgemein lässt sich jedoch sagen, dass sich Survey Statistiker mehr mit der Datenanalyse und den damit verbundenen Problemen befassen, während sich Survey Methodologen um die Methoden der Datenerhebung kümmern.

Die enge Verbindung der beiden (Teil-)Disziplinen bedeutet auch, dass weder ein Survey Methodologe ganz ohne Statistikkenntnisse, noch ein Survey Statistiker komplett ohne Methodenkenntnisse auskommen kann. Die Schwerpunktsetzung ist jedoch unterschiedlich.

3 Ausbildung für Survey-Methodologen

Bislang ist das Studienangebot für Studierende, die sich im Bereich der empirischen Sozialwissenschaften spezialisieren wollen sehr begrenzt. Masterstudiengänge die einen solche Schwerpunkt anbieten existieren in Deutschland beispielsweise an der Universität Bremen,[3] der Universität Leipzig[4] sowie der Universität Mannheim[5].

Im europäischen Ausland existieren einige Masterstudiengänge, die eine Spezialisierung im Bereich Methoden und/oder Statistik anbieten. Dies ist beispielsweise der Fall an der Universität Utrecht,[6] der London School of Economics and Political Science (LSE),[7] der University of Southampton,[8] der University of Manchester,[9] der Universidad Complutense de Madrid (UCM)[10] und der Hogeschool-Universiteit Brussel (HUB)[11] um nur eine Auswahl an Angeboten zu nennen.

Spezifische Angebote für Survey Methodology existieren jedoch nur in weit geringerem Umfang. In der Bundesrepublik gibt es bis auf den zum Wintersemester 2010/11 startenden Studiengang MA Survey Methodology an der Universität Duisburg-Essen keine Studienangebot, das es Studierenden ermöglicht, sich auf Survey Methodology zu spezialisieren.[12] Auch im übrigen Europa ist das Angebot sehr spärlich, nur die Universitäten in Southampton und Essex bieten spezielle Masterprogramme für Survey Methodology an.

3.1 Studienangebote für Survey Methodology in Europa

Universität Studiengang Unterrichtssprache Homepage
Universität Duisburg-Essen MA Survey Methodology Deutsch http://www.uni-due.de/surveys
University of Essex MSc Survey Methods for Social Research Englisch http://www.essex.ac.uk/coursefinder/coursedetails.aspx?course=msc+l31012
University of Southampton MSc Social Statistics (Research Methods pathway) Englisch http://www.southampton.ac.uk/socsci/socstats/study/pg/socstatsres.html

3.2 Studienangebote im außereuropäischen Ausland

Im außereuropäischen Ausland gibt es insbesondere in den Vereinigten Staaten interessante Angebote. Auch hier ist das Angebot begrenzt, jedoch sind die dortigen Programme sehr etabliert und angesehen. Dies gilt insbesondere für die Master im Rahmen des Joint Program in Survey Methodology (JPSM) und des Survey Research and Methodology Program (SRAM) der University of Nebraska-Lincoln.

Universität Studiengang Unterrichtssprache Homepage
University of Maryland/University of Michigan MSc Survey Methodology Englisch http://www.jpsm.umd.edu/jpsm/?programs/masters.htm
University of Nebraska-Lincoln MSc Survey Research and Methodology Englisch http://sram.unl.edu/prospectiveandcurrentstudents/acads1.asp

Neben den aufgeführten Masterprogrammen werden sowohl im Rahmen des JPSM als auch des SRAM spezielle PhD-Programme angeboten.

4 Forschungsschwerpunkt Survey Methodology

Legt man die Gründung des US-amerikanischen Joint Program in Survey Methodology (JPSM) zugrunde, sind die USA dem Rest der Welt mit der Forschung im Bereich der Survey Methodology um bis zu 15 Jahre voraus.

Gründungsinitiativen, die mit dem JPSM vergleichbar sind, fallen in Europa in etwa in die Zeit, in die auch die Initiative zur Gründung des DFG-Schwerpunktes 1292 Survey Methodology[13] gefallen ist. In den Niederlanden ist dies zum Beispiel die "Advanced Multi-Disciplinary Facility for Measurement and Experimentation in the Social Sciences" (MESS), in Großbritannien die "Survey Design and Measurement Initiative" des "Economic and Social Research Council" (ESRC).

5 Einführende Fachliteratur

  • Bethlehem, J.: Applied Survey Methods. Wiley, Hoboken (NJ) 2009, ISBN 9780470373088.
  • Biemer, P. P. & Lyberg, L. E.: Introduction to survey quality. John Wiley & Sons Ltd., Hoboken (NJ) 2003, ISBN 0471193755.
  • Groves, R. M.: Survey Errors and Survey Costs. Wiley, Hoboken (NJ) 2004, ISBN 0471678511.
  • Groves, R. M.; Floyd J. Fowler, J.; Couper, M.; Lepkowski, J. M.; Singer, E. & Tourangeau, R.: Survey Methodology. Wiley, Hoboken (NJ) 2004, ISBN 0470465468.
  • Lavrakas, P. J. (Hrsg.): Encyclopedia of survey research methods. Sage Publications, Thousand Oaks u.a. 2008, ISBN 9781412918084.
  • Lee, E.; Forthofer, R. & Lorimer, R.: Analyzing Compley Survey Data. Sage Publications, Thousand Oaks u.a. 2006, ISBN 0761930388.
  • Lyberg, L.; Biemer, P.; Collins, M.; Leeuw, E. D.; Dippo, C.; Schwarz, N. & Trewin, D. (Hrsg.): Survey Measurement and Process Quality. Wiley, Hoboken (NJ) 1997, ISBN 9780471165590.
  • Lynn, P. (Hrsg.): Methodology of Longitudinal Surveys. Wiley, Hoboken (NJ) 2009, ISBN 0470018712.

6 Fachzeitschriften

Es gab zunächst kein deutschsprachiges wissenschaftliches Journal, in dem überwiegend oder in nicht unerheblichem Maße Artikel zu Survey Methodology veröffentlicht werden. Die wissenschaftliche Diskussion findet daher hauptsächlich in englischsprachigen Journals statt. Viele der relevanten Fachzeitschriften sind als Open Source Zeitschriften dem interessierten Publikum frei zugänglich, während andere kostenpflichtig sind.[14]

6.1 Open Source

6.2 Beschränkter Zugang

7 Fußnoten

  1. vgl. Saris/Gallhofer 2007
  2. also bei Wildner (2002), Schneekloth (2002) und Gabriel (2002)
  3. http://www.soziologie.uni-bremen.de/ccm/navigation/studium/master/
  4. http://www.uni-leipzig.de/~sozio/content/site/master.php
  5. http://home.sowi.uni-mannheim.de/soziologie/m_a_soziologie/index.html
  6. http://www.uu.nl/NL/Informatie/master/ms/Pages/study.aspx
  7. http://www2.lse.ac.uk/graduateProspectus2010/taughtProgrammes/MScSocialResearchMethods.aspx
  8. http://www.southampton.ac.uk/socsci/socstats/moffstat/index.html sowie http://www.southampton.ac.uk/socsci/socstats/study/pg/demography.html
  9. http://www.ccsr.ac.uk/masters
  10. http://www.ucm.es/info/mmccss/
  11. http://www.hubrussel.be/eCache/IEE/13/221.html
  12. Es gibt zwar einen Studiengang "Survey Statistics", der gemeinsam von den Universitäten Trier, FU-Berlin und Bamberg angeboten wird. Dieser ist jedoch fast rein mathematisch und befriedigt aufgrund der deutlich anderen Schwerpunktsetzung die Ansprüche die an einen Survey Methodologen gestellt werden nicht.
  13. Mehr Informationen zum DFG Schwerpunkt 1292 finden sich unter http://www.survey-methodology.de/.
  14. Diese Zeitschriften sind häufig über Universitätsbibliotheken zugänglich und werden über spezielle Nutzerzugänge Studierenden und Mitarbeitern zur Verfügung gestellt.

8 Quellenverzeichnis

  • Engel, U. (Hrsg.): Praxisrelevanz der Methodenausbildung. Informationszentrum Sozialwissenschaften, Bonn 2002, ISBN 9783820601350.
  • Gabriel, M.: Hochschulausbildung in Methoden empirischer Sozialforschung aus Marktforschungssicht. In: Engel, U. (Hrsg.): Praxisrelevanz der Methodenausbildung. Informationszentrum Sozialwissenschaften, Bonn 2002, ISBN 9783820601350, S. 159-170.
  • Saris, W. E. und Gallhofer, I. N.: Design, Evaluation, and Analysis of Questionnaires for Survey Research. Wiley, Hoboken 2007, ISBN 0470114959, S. 117-122.
  • Schneekloth, U.: Praxisrelevanz und Methodenausbildung: Anforderungen aus der Sicht von Infratest Sozialforschung. In: Engel, U. (Hrsg.): Praxisrelevanz der Methodenausbildung Informationszentrum Sozialwissenschaften, Bonn 2002, ISBN 9783820601350.
  • Schnell, R.: Ausmaß und Ursachen des Mangels an quantitativ qualifizierten Absolventen sozialwissenschaftlicher Studiengänge. In: Engel, U. (Hrsg.): Praxisrelevanz der Methodenausbildung Informationszentrum Sozialwissenschaften, Bonn 2002, ISBN 9783820601350, S. 35-44.
  • Schnell, R. und Krebs, D.: Die Ausbildung in Methoden der empirischen Sozialforschung. Ergebnisse der Befragung der Lehrenden der empirischen Sozialforschung durch die AG "Methodenausbildung". In: Soziologie, Jahrgang 31, Heft 1, 2002, S. 39-49.
  • Wildner, R.: Praxisrelevanz der Methodenausbildung aus der Sicht eines Marktforschungsinstituts. In: Engel, U. (Hrsg.): Praxisrelevanz der Methodenausbildung Informationszentrum Sozialwissenschaften, Bonn 2002, ISBN 9783820601350, S. 109-116.


9 Andere Lexika

  • Dieser Artikel wurde in der Wikipedia gelöscht.



Erster Autor: SurveyMethodology angelegt am 29.07.2010 um 13:31,
weitere Autoren: YMS, Liberaler Humanist, 128.131.51.190, Rosyskies, Sigbert, Tococa, UKGB, Giftmischer, Mainpage, Aka, Duschgeldrache2, N23.4, Nepomucki, WWSS1

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