Suizid durch Holzkohle

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Suizid durch Holzkohle bezeichnet eine Art des Selbstmords, indem in einem geschlossenen Raum Holzkohle abgebrannt wird.[1]

1 Wirkungsmechanismus

Während die Holzkohle abbrennt, erhöht sich die Kohlenmonoxidkonzentration (CO) stetig. Wegen der Giftwirkung (und nicht wie manchmal angenommen des Sauerstoffmangels) sind CO-Werte von nur einem Zehntel Prozent der Luft in geschlossenen Räumen tödlich, sofern sie länger eingeatmet werden.[2] Die unvollständige Verbrennung von Kohlenstoff erzeugt Kohlenmonoxid, welches sich stark an Hämoglobin bindet, wodurch rasch die Fähigkeit des Blutes nachlässt, den Körper mit Sauerstoff zu versorgen. Dies führt zunächst zu einer Müdigkeit und schließlich zum Tod durch Hypoxie, hervorgerufen durch Kohlenstoffmonoxidvergiftung.

Die Methode gilt als „einfach und schmerzlos“ im Vergleich zu anderen Selbsttötungsarten.[3] Anders als beim Sprung in die Tiefe oder dem Schnitt eines Messers muss der Suizident keinen starken Schmerz ertragen. Um diese Todesart zu simulieren, könnte man theoretisch Alkohol in Mengen, die Ermüdung und Einschlafen zur Folge haben, verabreichen.[3]

Allerdings gibt es Stimmen, die die Schmerzfreiheit der Methode bezweifeln und sagen, dass der Sauerstoffmangel auch Würgereflexe hervorrufen kann. Diese Kritik teilweise auf Unkenntnis des Wirkungsmechanismus: nicht Sauerstoffarmut, sondern zunehmende Serumkonzentration an CO ruft den Tod hervor.[4] Überlebende benötigen meist Intensivmedizin und tragen oft bleibende Hirnschäden davon.

2 Geschichte

Die Methode findet in Eugène Sues Der ewige Jude (1844) Erwähnung, womit die Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie seit Beginn der Holzkohlenutzung bekannt wurde.[5] In Wataru Tsurumis 1993 ursprünglich auf Japanisch erschienenem Werk Vollständiges Handbuch des Suizids (deutsche Ausgabe noch nicht vorhanden) ist diese Vorgehensweise aber nicht verzeichnet. Im November 1998 tötete sich eine Frau mittleren Alters in Hong Kong auf diese Weise in ihrem kleinen, gut abgeschlossenen Schlafzimmer selbst, obgleich Tsurumis Schrift im asiatischen Raum bekannter als die Sues sein dürfte; sie war Chemieingenieurin.[6]

In jener Zeit litt Hong Kong unter der „Asienkrise“ und die Selbstmordrate stieg generell. Nachdem Details jenes Freitods großflächig in den lokalen Medien behandelt worden waren, gab es viele Nachahmer. Binnen zweier Monate wurde Suizid durch Holzkohle so die dritthäufigste Selbstmordart Hong Kongs.[7] Sie zeichnete 1998 für 1,7 % und 1999 für 10,1 % der Fälle verantwortlich.[8] 2001 hatte sie Erhängen als zweithäufigste Methode (nach Springen von Hochhäusern) verdrängt, was etwa 25 % aller Selbstmorde ausmachte.[7] Seitdem ist sie auch im Rest Chinas, Taiwan und Japan verantwortlich für Todesfälle nach Selbsttötung.

Um weitere Fälle zu vermeiden, veranlasste die Regierung Hong Kongs, klassische Holzkohlegrills durch Elektrogrills zu ersetzen. Einige Nichtregierungsorganisationen kooperierten mit Holzkohlehändlern, um die Botschaft „schätze dein Leben“ mittels Aufklebern auf den Packungen zu verbreiten.

Am 9. März 2007 schied Brad Delp, Sänger der Rockgruppe Boston, auf diese Art aus dem Leben.

3 Einzelnachweise

  1. [1]
  2. Kreuztabelle Belastungszeit vs. ppm (englisch)
  3. 3,0 3,1 Chung WS, Leung CM: Carbon monoxide poisoning as a new method of suicide in Hong Kong. In: Psychiatr Serv. 52, Nr. 6, Juni 2001 , S. 836–7. doi:10.1176/appi.ps.52.6.836. PMID 11376237
  4. Life is precious“ (englisch)
  5. Ebd., Kapitel 3. Komplettes Buch (französisch)
  6. Chan KP, Yip PS, Au J, Lee DT: Charcoal-burning suicide in post-transition Hong Kong. In: Br J Psychiatry. 186, Nr. 1, Januar 2005 , S. 67–73. doi:10.1192/bjp.186.1.67. PMID 15630126
  7. 7,0 7,1 Media coverage boosts 'charcoal burning' suicides — 28. Februar 2003 — New Scientist (englisch)
  8. Leung CM, Chung WS, So EP: Burning charcoal: an indigenous method of committing suicide in Hong Kong. In: J Clin Psychiatry. 63, Nr. 5, Mai 2002 , S. 447–50. doi:10.4088/JCP.v63n0512. PMID 12019670

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