LTU-Flug 230
Der LTU-Flug 230 war ein Charterflug der Fluggesellschaft LTU von Düsseldorf nach Thessaloniki. Am 4. Oktober 2007 lösten sich Teile am linken Triebwerk des Flugzeug vom Typ Airbus A330 über Dormagen-Stürzelberg.
Inhaltsverzeichnis
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1 Flugzeug
Der Airbus A330-322 mit der Hersteller-Seriennummer 0120 und dem Luftfahrzeugkennzeichen D-AERK startete am 4. März 1996 zu seinem Flug. Die Maschine war zum Zeitpunkt des Zwischenfalls 11 Jahre und sieben Monate alt. Das mit zwei Triebwerken vom Typ Pratt & Whitney 4168 ausgerüstete Flugzeug wurde im November 2007 bei der Airberlin in Dienst gestellt und wurde seit Mai 2013 mit dem Kennzeichen EI-FBU bei der Russischen Airline I-Fly eingesetzt.
Das Flugzeug Airbus A330 ist ein zweimotoriger Tiefdecker. Es verfügt über 361 Passagiersitzplätze. Das betroffene Flugzeug war in Deutschland zum Betrieb zugelassen. Die Gesamtbetriebszeit zum Zeitpunkt des Unfalls betrug 45.156 Flugstunden. Das Flugzeug verfügt über Integraltanks in den Tragflächen.
Die Triebwerke sind jeweils unter dem linken und rechten Tragflügel aufgehängt. Jedes Triebwerk ist mit einer Cowling verkleidet. Der Fan-Cowlingbereich besteht aus einem vorderen (festen) und einem hinteren Abschnitt. Der vordere Bereich ist mit dem Einlauf verbunden. Der sich dahinter befindende Bereich (Aft Fan Cowling) kann für Wartungszwecke nach links und rechts geöffnet werden. Beide Hälften sind jeweils mit zwei Scharnieren im oberen Bereich befestigt. Außerdem sind in jeder Cowling-Hälfte drei Teleskopstangen zur Arretierung im geöffneten Zustand angebaut. Daran schließt sich der Bereich der Schubumkehranlage an.
Beide Hälften der Aft Fan Cowling werden im unteren Bereich mit drei baugleichen Verschlüssen verbunden, die auf der linken Seite aus einer Öse (clevis) und auf der rechten Seite aus einem Haken (hook) bestehen. Der Haken wird über mehrere Verbindungshebel (link) geführt und mit einem Griff (handle) gespannt. Die korrekte Ausrichtung des Hakens zur Öse wird durch einen Stift, der in eine Buchse greift, sichergestellt. Im geschlossenen Zustand wird der Griff durch zwei kleine Haken mit arretiert. Jede Cowling-Hälfte wird durch Gleitschienen axial geführt. Der Abstand der Verschlüsse vom Boden beträgt ca. 90 cm.
Das Flugzeug A330 verfügt über drei unabhängige Hydrauliksysteme, die mit den Farben Blau, Grün und Gelb bezeichnet werden.
2 Flugverlauf
Das Flugzeug befand sich mit 114 Passagieren und elf Besatzungsmitgliedern an Bord auf dem Flug von Düsseldorf nach Thessaloniki (Griechenland). Im Steigflug nach dem Start wurde um 10:50 Uhr in Flugfläche (FL) 105 durch die Besatzung ein lauter Knall wahrgenommen. Gleichzeitig setzte ein leichtes Schieben verbunden mit ungewöhnlichen Geräuschen ein. Daraufhin prüfte die Besatzung die Verriegelung der Türen und Luken. Kurz zuvor hatte das Flugzeug seine Geschwindigkeit von 250 kt auf 350 kt erhöht.
Da auf dem Flugzeugüberwachungssystem (ECAM) keine Fehlermeldungen festzustellen waren, wurde der Flug fortgesetzt. Die Kabinencrew stellte kurze Zeit später den Verlust eines großen Teils der Triebwerksverkleidung des linken Triebwerkes fest und meldete dies den Piloten. Die Besatzung entschied daraufhin den Flug abzubrechen und nach Düsseldorf zurückzukehren. Es wurde keine Notlage erklärt. Das Flugzeug landete ohne weitere Probleme in Düsseldorf. An der Parkposition stellte die Feuerwehr fest, dass aus dem linken Tragflügel Kraftstoff austrat.
Alle angegebenen Zeiten, soweit nicht anders bezeichnet, entsprechen Ortszeit.
3 Passagiere und Besatzungsmitglieder
Die beiden Flugzeugführer waren jeweils im Besitz einer gültigen Erlaubnis und eines fliegerärztlichen Tauglichkeitszeugnisses. Die Flugerfahrung des Kapitäns betrug ca. 9500 Flugstunden, davon 2743 Stunden auf dem betroffenen Muster. Der Copilot verfügte über eine Flugerfahrung von ca. 7500 Flugstunden, davon ca. 500 Stunden auf dem betroffenen Muster.
3.1 Ermittlungsarbeit der deutschen Behörden
Bei der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung wurden Versuche durchgeführt, bei denen festgestellt werden sollte, welche verschiedenen Verschlusssituationen möglich wären.
Bei einer geöffneten, nicht verriegelten Cowling standen beide Hälften an der Triebwerk- Mittellinie weit auseinander. Wenn aus dieser Position die Hälften zusammengeführt werden, konnten die Haken in die gegenüberliegenden Ösen eingehakt werden. Dabei verbleibt ein ca. 2 cm breiter Spalt zwischen beiden Cowling-Hälften. Um die Verschlüsse zu verriegeln, mussten diese in einem Zug verspannt und verriegelt werden. Eine Zwischenposition war nicht möglich.
Dem entgegengesetzt verblieben bei einer bereits geschlossenen Cowling, wenn die Verschlüsse nacheinander wieder geöffnet wurden, diese in einer vorgespannten, halb geöffneten Position. Ebenfalls war es möglich, zwei Haken aus den Ösen auszuklinken und den dritten (in diesem Fall der hintere) in der Öse zu belassen. In beiden Fällen entstand keine Lücke zwischen den Cowling-Hälften.
Weiterhin zeigten Versuche, dass die beiden Cowling-Hälften nur verriegelt werden können, wenn die Verschlüsse in korrektem Eingriff sind. Nur in einem Fall, bei vollständig falsch justierten Verschlüssen, war es möglich, die Cowling mit einem ca. 2 cm breiten Spalt zu verschließen. Dabei waren die Führungsstifte nicht in die gegenüberliegenden Buchsen eingeführt worden. Die Verschlüsse konnten nur mit großer Kraftanstrengung verriegelt werden.
Außerdem wurde getestet, ob es möglich ist, eine Cowling neben die Aufnahmen der Gleitschienen zu positionieren (Aufnahme ohne Verschleiß). Dabei wurde die Cowling beim Verschließen nach vorne und nach hinten gedrückt. In jedem Fall rutschte die Gleitschiene in die vorgesehene Führung.
Ebenfalls wurde versucht, eine Cowling-Hälfte nach vorne bzw. hinten zu verschieben, um sie außerhalb der oberen Führungsschienen zu verbinden. Dies war nicht möglich.
Der Hersteller des Triebwerkes unternahm ebenfalls Versuche, die unterschiedliche Varianten der Verriegelung der Cowling simulierten. Dabei wurde festgestellt, dass, bedingt durch die Schwerkraft im Normalfall die Haken selbstständig in die Ösen einhakten, wenn die beiden Cowling-Hälften zusammengeführt werden. Dabei war der Abstand der beiden Hälften so groß, dass die Führungsstifte nicht zwangsläufig in die gegenüberliegenden Buchsen eingriffen.
Ebenfalls wurden Versuche gemacht, die ein Aufliegen der Gleitschienen auf dem verschlissenen Teil der Aufnahme simulierten. Dabei wurde die Eindringtiefe der Gleitschienen in die Aufnahmen begrenzt. In diesem Fall ließ sich die Cowling nur unter signifikant größerem Kraftaufwand schließen. Ein oder mehrere Verschlüsse waren dabei außerhalb der Kontur der Cowling.
Teile der Composite-Verkleidung wurden bei dem Wehrwissenschaftlichen Institut der Bundeswehr in Erding untersucht. Dabei wurden keine auffälligen Werte festgestellt, die ein strukturelles Versagen der Composite-Struktur begründet hätten. Es wurden großflächige Poren und Porenketten gefunden, die über mehre Lagen des Gewebes reichten. Es wurde die Aussage getroffen, dass bei Eindringen von Wasser und anschließendem Gefrieren Schäden nicht ausgeschlossen werden können. Bei der Untersuchung der Composite-Struktur beim Hersteller wurde ein Anteil an Poren von ca. 2% festgestellt.
3.2 Zwischenbericht
- In der Nacht vor dem Ereignis erfolgte eine Wartung (A-Check) an dem linken Triebwerk. Dazu musste die Cowling geöffnet und später wieder geschlossen werden. Außerdem wurde ein Bodenlauf mit den Triebwerken durchgeführt. Von diesem Lauf wurde ein Video mit einer Handy-Kamera aufgenommen. Die Qualität der Aufzeichnung ließ keine Auswertung dieses Videos zu. Die beteiligten Mechaniker sagten aus, dass Sie die Cowling korrekt verschlossen hätten.
- Im Januar 2005 wurde die rechte Hälfte der Cowling auf Grund von Rissbildung instand gesetzt und dann an diesem Flugzeug installiert. Die Reparaturstelle wurde unbeschädigt vorgefunden.
- Es gab in der Vergangenheit Ereignisse bei denen sich die Cowling geöffnet hatte. Beim Hersteller Airbus betraf dies im Wesentlichen die Muster der A320-Familie (siehe hierzu u.a.: Transportation Safety Board of Canada (TSB) Report Number A00O0199 und Airbus 14th Flight Safety Conference). Wie in diesen Dokumenten ausgeführt, ereigneten sich alle Cowling-Verluste nach einem davor stattgefundenen Wartungsereignis. Sie wurden durch nicht korrekt verriegelte Verschlüsse verursacht.
Außerdem hatte der Flugzeughersteller Airbus im Jahre 2012 eine Maintenance Briefing Note zum Thema Human Performance/Error Management und einen Artikel zum Thema Preventing Fan Cowl Door Loss (Safety First, Issue 14, July 2012) herausgegeben. Beurteilung
3.2.1 1. Schadensbilder an den Verschlüssen
Die Verformung an den Langlöchern der Haken der Verschlüsse A und B sind ungefähr in der Mitte der Langlöcher. Demzufolge traten die verformenden Kräfte auf, als die Haken nicht in der verriegelten Position waren (rot dargestellter Bolzen), da sich in der verriegelten Position der Bolzen des Verschlusses am äußeren Ende des Hakens befindet (grün dargestellter Bolzen). Da die Linie der Verformung nicht rechtwinklig zur Längsachse des Hakens verlief, muss die Beschädigung erfolgt sein, als der Haken nicht verriegelt war, da sonst über die Öse und den Stift eine rechtwinklige Ausrichtung erfolgt wäre.
Die Lage der Schlagmarke auf dem Verbindungshebel (#3) weist ebenfalls darauf hin, dass sich der Haken und der Griff des Verschlusses B nicht in der geschlossenen Stellung befanden, als der Schaden entstand.
Die Verbiegung der hinteren Flanke des Verschlusses A und die Einkerbung des Hakens (#4) sowie die Verbiegung des Bolzens (#2) zeigen, dass der Haken zu diesem Zeitpunkt ca. 30° nach hinten ausgelenkt war. Es ist geometrisch nicht möglich, dass sich zu diesem Zeitpunkt alle Verschlüsse im Eingriff befunden haben, da sich dann der hintere Bereich der linken Cowling deutlich mit der rechten Hälfte überdeckt hätte. Daraus kann gefolgert werden, dass die Verbiegung der hinteren Flanken der Verschlüsse im entriegelten Zustand erfolgte.
Die Buchsen der Verschlüsse A und B waren oval verformt, wobei dies bei der Buchse des Verschlusses A wesentlich stärker ausgeprägt war. Mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgte diese Verformung nicht durch die Führungsstifte, da diese keine Marken oder Beschädigungen aufwiesen. Die Beschädigung erfolgte durch die Übertragung der Druckkraft beim Aufprall vom Verschlussgehäuse auf die Buchse. Dies wird ebenfalls durch die vom Hersteller festgestellte Schubspannung im Bruchbild des Gehäuses bestätigt.
Der einzeln aufgefundene Griff (# 5) konnte nicht eindeutig dem Verschluss A oder B zugeordnet werden. Die unbeschädigten Verriegelungshaken zeigen, dass sie funktionell in der Lage waren, den betreffenden Verschluss zu verriegeln. Wenn der Verschluss ordnungsgemäß verriegelt wurde, hätte er nur durch Drücken auf die Entriegelungsfläche entriegelt werden können. Dies ist im Flug nicht möglich.
Dem entgegengesetzt ist der Griff des Verschlusses C im Bereich der Entriegelungsfläche abgerissen. Es kann angenommen werden, dass er verriegelt war, da er genau an der Stelle abgerissen wurde, an der er im verriegelten Zustand über die Kontur des Gehäuses ragt. Dies stimmt auch mit der Bruchlinie des Hakens überein, die sich im äußeren Bereich befindet.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Schadensbilder zeigen, dass die Verschlüsse A und B weder im eingehakten noch im verriegelten Zustand waren als sie zerstört wurden. Der Verschluss C war mit hoher Wahrscheinlichkeit verriegelt.
3.2.2 2. Schadensbilder an den Hälften der Cowling
Die bogenförmige Verformung der Außenkante der rechten Cowling-Hälfte kann nicht entstanden sein, wenn die Verschlüsse ordnungsgemäß verriegelt wurden, da sich dann auf der linken Hälfte ähnliche Zerstörungen wiederfinden müssten. Die linke Hälfte ist aber im Wesentlichen gerade und nicht verformt. Aus diesem Grund, muss diese Verformung in einem Zustand aufgetreten sein, in dem einzelne Verschlüsse nicht mit dem Gegenstück der rechten Cowling verbunden waren. Die bogenförmigen Verbiegungen stimmen mit den Verformungen der Gehäuse der Verschlüsse überein. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass die Verschlüsse nacheinander aus der Cowling „herausgepellt“ wurden.
3.2.3 3. Mögliche Schadensabläufe
3.1 Unvollständige Verriegelung der Verschlüsse
Es gibt keine Spuren, Schäden oder andere Anzeichen die zeigen, dass die Verschlüsse A und B gewaltsam getrennt wurden. Wie im 1. und 2. Abschnitt hergeleitet, entstanden die Schäden als die Verschlüsse nicht im Eingriff waren. Die völlig unbeschädigten Ösen A und B zeigen, dass es keine angreifenden Kräfte auf diese Verschlüsse gab. Dagegen waren die Gehäuse und Haken der Verschlüsse A und B zerstört bzw. verformt. Dies konnte aber nur in einem nicht verriegelten Zustand erfolgen. Die Teile #1, #2 und #4 wurden an bzw. in der Belly Fairing aufgefunden. Es ist daher unwahrscheinlich, dass sie voneinander getrennt auf der gleichen Flugbahn dorthin gelangt sind. Demzufolge waren sie noch an der rechten Cowling-Hälfte befestigt. Erst beim Einschlag auf der Belly Fairing verhakten sich die Verschlüsse mit dem Flugzeugrumpf und wurden anschließend nacheinander aus der Cowling gerissen. Da es keine Möglichkeit gibt, die Verschlüsse auf der Flugbahn vom Triebwerk zur Belly Fairing zu öffnen, müssen die Verschlüsse bereits vorher nicht sachgemäß verschlossen gewesen sein.
Der Verschluss C war entweder komplett verriegelt und verschlossen oder nur mit dem Haken in die Öse eingehängt. Wenn die beiden Verschlusshälften gar nicht verbunden gewesen wären, hätten sich beide Cowling-Hälften bereits wesentlich früher geöffnet bzw. der unverschlossene Zustand wäre sehr wahrscheinlich bereits durch den großen Spalt früher aufgefallen.
Als wahrscheinliches Szenario kann angenommen werden, dass beim Start des Flugzeuges die beiden vorderen Verschlüsse nicht verriegelt waren oder bereits vollständig geöffnet waren. Beide Cowling-Hälften wurden nur noch durch den hinteren Verschluss zusammengehalten. Als die Fluggeschwindigkeit ab der Flughöhe FL 100 erhöht wurde und der Staudruck stieg, wurde die hintere Öse (C) aus der Struktur gerissen. Die rechte Hälfte wurde nach hinten gebogen. Dabei stellte sich ein negativer Anstellwinkel ein, der die oberen Scharnieraufhängungen verbog. Im weiteren Verlauf riss die Hälfte ab, schlug gegen die Tragfläche und prallte mit dem unteren Ende gegen die Belly Fairing. Dies wird durch die Einschlagmarken an der Tragfläche und die lange Kratzspur an der Unterseite bestätigt. Durch die weiterhin angreifende Luftkraft wurden die im Flugzeugrumpf verhakten Verschlüsse ausgerissen. Es kann davon ausgegangen werden, dass die rechte Hälfte in große Teile zerbrach, da sonst die zum Ausreißen der Verschlüsse notwendigen Luftkräfte nicht hätten erreicht werden können.
Die linke Cowling-Hälfte zerbrach bereits frühzeitig in kleinere Teile. Dadurch ergab sich eine unterschiedliche Verformung im oberen Scharnierbereich.
3.2. Versagen der oberen Cowling-Scharniere
Ein Versagen der oberen Cowling-Scharniere kann ausgeschlossen werden, da diese noch vollständig und funktionsfähig am Pylon des Triebwerkes vorhanden waren.
3.3. Strukturelles Versagen der Cowling-Halbschalen
Bei einem strukturellen Versagen der linken Cowling-Hälfte wären der verbleibende Rest und die linke Hälfte ebenfalls in Richtung der Belly Fairing ausgeschlagen. Dabei könnten sich die Teile auf zweierlei Weise verhalten.
Möglichkeit A:
Beide Hälften bleiben auf dem Weg bis zum Auftreffen auf die Belly Fairing an den Verschlüssen verbunden. In diesem Fall wären die Haken noch mit den Ösen verbunden gewesen. Die Haken wären dann nicht getrennt in die Fairing eingeschlagen. Dies stimmt nicht mit der vorgefundenen Verteilung der Teile in der Fairing überein.
Möglichkeit B:
Wenn andererseits die Verschlüsse zerstört worden wären, hätten entsprechende Spuren durch Verkanten und Herausreißen sichtbar sein müssen. Die oben beschriebenen Schäden und Spuren an den Verschlüssen bestätigen dies nicht. Ebenfalls hätte dann die linke Hälfte der Cowling Zerstörungen an den Ösen A und B aufweisen müssen.
Da für beide Möglichkeiten keine Anzeichen vorlagen, kann ein strukturelles Versagen der Halbschalen ausgeschlossen werden. Dies wurde ebenfalls durch die Untersuchung des Wehrwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr bestätigt, das bei der Untersuchung keine auffälligen Werte feststellte, die ein strukturelles Versagen der Composite-Struktur begründet hätten.
3.4. Äußere Einwirkung
Es gab keine Spuren, die auf äußere Einwirkungen hinwiesen.
3.5. Verriegelung bei nicht korrekt ausgerichteter Cowling (seitliches Aufliegen auf den Gleitschienen)
Die Aufnahmen der Gleitschienen zeigten Verscheiß im äußeren Bereich. Es konnte nicht festgestellt werden, wie dieser Verschleiß entstand. Wenn der Verschleiß beim Betrieb mit arretierter Cowling entstanden wäre, würde dies zeigen, dass der Betrieb in diesem Zustand sogar möglich ist, ohne dass die Cowling sofort beschädigt worden wäre. Die Versuche der BFU und des Triebwerkherstellers haben gezeigt, dass eine Verriegelung nur extrem schwer möglich war, wenn die Gleitschiene nicht korrekt in die Aufnahme eingeführt wurde. Nach Aussage des Wartungspersonals wurde eine erhöhte Kraftanstrengung zum Schließen der Cowling aber nicht festgestellt. Als Auswirkung einer nicht eingerasteten Gleitschiene entsteht ein Spalt im Bereich der Cowling. Bei steigender Fluggeschwindigkeit würde dieser zu einer hohen Belastung der Struktur und der Verschlüsse führen. Als Folge wäre dann ein Bruch in der Cowling entstanden. Dieses Szenario (strukturelles Versagen) wurde bereits in der Analyse unter Punkt 3.3.A beschrieben und als Ursache ausgeschlossen.
3.2.4 4. Durchführung der Kontrollen und Wartung
Es gab im Wesentlichen die folgenden Möglichkeiten, in welcher Position sich die Verschlüsse zu Beginn des Fluges befanden. Da ein Verspannen der Verschlüsse nur beim Öffnen aus dem verriegelten Zustand möglich war, konnten die Fälle 5, 6 und 7 nur hervorgerufen werden, wenn die Cowling zuvor verschlossen war. Es ist wenig wahrscheinlich, dass die Fälle 1 und 2 vorlagen, da ein ca. 2 cm breiter Spalt sehr wahrscheinlich aufgefallen wäre. Es konnte nicht festgestellt werden, bei welchem Arbeitsschritt die Verschlüsse nicht korrekt verriegelt wurden.
Da die orange Warnfarbe an den Griffenden der Verschlüsse schlecht sichtbar war, konnte der fehlerhafte Verschlusszustand leicht übersehen werden. Dieser Zustand kann dazu beigetragen haben, dass auch die Besatzung des Flugzeuges den fehlerhaften Verschlusszustand übersehen hat.
3.2.5 5. Risiken für das Luftfahrzeug
Der austretende Kraftstoff stellte im Flug keine unmittelbare Brandgefahr dar, da sich hinter den Austrittstellen keine Zündquelle befand. Am Boden hätte der Kraftstoff mit den heißen Bremsen des Hauptfahrwerkes in Kontakt kommen können, die eine Zündquelle darstellen könnten. Eine vollständige Zerstörung der Hydraulikleitungen in der Belly Fairing hätte zum Ausfall des blauen Systems geführt. Der weiterhin sichere Betrieb wäre durch die Redundanz des gesamten Hydrauliksystems gewährleistet gewesen.
3.3 Abschlussbericht
Der Unfall ist darauf zurückzuführen, dass die beiden vorderen oder alle drei Verriegelungen der Cowling nicht richtig verschlossen waren.
Beigetragen hat zu dem Unfall, dass die Warnfarbe auf den Handgriffen abgenutzt war.
Es gab keine Hinweise auf ein strukturelles Versagen der Composite-Verkleidung.
4 Einzelnachweise
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