Kritik an der Homöopathie

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Die Kritik an der Homöopathie richtet sich vor allem gegen die unplausiblen Erklärungen[1][2][3] zur Wirksamkeit einer homöopathischen Behandlung. Die Kritiker sehen plausible Erklärungen vielmehr in

  • der Spontanheilung einer Erkrankung (z. B. enden die meisten Infektionskrankheiten nach Ausbildung einer Immunantwort);
  • unerkannten „Behandlungen“ durch Nahrungsbestandteile, Umwelteinflüsse oder zufällige Mitbehandlungen bei der Therapie anderer Erkrankungen;
  • der Regression zur Mitte, einer zeitweiligen Minderung der Symptome bei zyklischen Erkrankungen;
  • nicht-homöopathischen Behandlungen, die parallel zur homöopathischen Behandlung stattfinden;
  • einem Wegfall von Nebenwirkungen herkömmlicher Behandlungen, die auf Veranlassung des homöopathischen Behandlers beendet werden;
  • Veränderungen in der Lebensführung auf Empfehlung des Homöopathen, wie Diäten, Stressreduktion, Verminderung des Alkohol- oder Kaffeekonsums;
  • einem Placeboeffekt;
  • einer Art psychotherapeutischer Heilung durch die Zuwendung und Überzeugung des Homöopathen.[4][5][6]

Bei einer Potenzierung von D24 oder C12 (Verdünnung von 1:1024) enthalten nur noch etwa die Hälfte aller Mischungen, die aus einer einmolaren Ausgangslösung hergestellt wurden, überhaupt ein Molekül der Ausgangssubstanz (bezogen auf 1 Liter D24-Lösung/Mischung). Eine solche Verdünnung entspricht ungefähr dem Auflösen einer Kopfschmerztablette im Atlantik.[7]

Homöopathen vertreten die Hypothese, dass eine Wirkung durch die in der Lösung „gespeicherte“ Information eintrete. Den „Gedächtniseffekt von Wasser“ wollte 1988 Jacques Benveniste mittels der Beeinflussung weißer Blutzellen (Leukozyten) durch hochgradig verdünnte Antigene nachgewiesen haben.[8] Die Ergebnisse ließen sich nicht reproduzieren.[9] Auch weitere wissenschaftliche Nachweise einer angeblichen Informationsspeicherfähigkeit des Wassers konnten nicht bestätigt werden.[10]

Unzureichend verdünnte homöopathische Wirkstoffe, von Urtinkturen bis zu Potenzen von D4, können zu allergischen Reaktionen und zu Vergiftungserscheinungen führen.[11][12] Die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) warnte wiederholt und zuletzt im September 2016 vor sogenannten Teething Tablets und Teething Gels. Das sind vorgeblich homöopathische Präparate, die aus Schwarzer Tollkirsche (Atropa belladonna) hergestellt werden und bei Kleinkindern die Schmerzen beim Zahnen erträglich machen sollen.[13] Seit ihrer Warnung im Jahr 2010 erreichten die Behörde mehr als 400 Berichte über Atropin-Vergiftungen nach Anwendung derartiger Produkte, darunter auch 10 Todesfälle.[14] Laboruntersuchungen fanden in verschiedenen Produkten der Teething Tablets Belladonna-Konzentrationen, die weit über dem deklarierten Gehalt lagen. Zum Schutz der Konsumenten wurde der Hersteller aufgefordert, die betroffenen Produkte zurückzurufen.[15]

Anfang November 2019 verabschiedete der Bayerische Landtag einen Antrag zu einer wissenschaftlichen Studie, die untersuchen soll, wie der Einsatz von Antibiotika reduziert werden könne. In diesem Zusammenhang sollen auch alternative Verfahren wie die Homöopathie untersucht werden. Die Entscheidung wurde von großen Teilen der Opposition kritisiert. Der FDP-Politiker Dominik Spitzer hielt das Vorhaben für „fahrlässig, weil es bereits mit der Fragestellung suggeriert, dass homöopathische Mittel wie Globuli multiresistente Keime bekämpfen könnten“.[16][17][18] In der Folgezeit meldeten sich auch bei Bündnis 90/Die Grünen, die in Bayern zunächst für den Antrag gestimmt hatten, kritische Stimmen.[19]

1 Vergleich zu Wikipedia




2 Einzelnachweise

  1. Klaus Aktories, Ulrich Förstermann, Franz Bernhard Hofmann, Klaus Starke: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie: Begründet von W. Forth, D. Henschler, W. Rummel, Elsevier, Urban & Fischer 2013, ISBN 978-3-437-16888-8. Kapitel 1.8.
  2. S. Barrett, V. E. Tyler: Why pharmacists should not sell homeopathic remedies. In: American Journal of Health-System Pharmacy. Band 52, Nummer 9, Mai 1995, S. 1004–1006. PMID 7641026.
  3. E. Ernst: Is homeopathy a clinically valuable approach? In: Trends in pharmacological sciences. Band 26, Nummer 11, November 2005, S. 547–548, doi:10.1016/j.tips.2005.09.003. PMID 16165225.
  4. Edzard Ernst: Homeopathy, non-specific effects and good medicine. In: Rheumatology. 2010. PMID 21076130, doi:10.1093/rheumatology/keq265
  5. Caroline Eyles, Geraldine M. Leydon, George T. Lewith, Sarah Brien: A Grounded Theory Study of Homeopathic Practitioners' Perceptions and Experiences of the Homeopathic Consultation. In: Evid Based Complement Alternat Med. 2011, Epub September 2010. PMID 20981269, doi:10.1155/2011/957506
  6. Ted J. Kaptchuk: The Placebo Effect in Alternative Medicine: Can the Performance of a Healing Ritual Have Clinical Significance? In: Ann Intern Med. 136, 2002, S. 817–825.
  7. Ist die Homöopathie eine Alternative zur Schulmedizin? In: SeeMoZ. vom 26. Juli 2010, abgerufen am 5. Dezember 2010.
  8. E. Davenas, F. Beauvais u. a.: Human basophil degranulation triggered by very dilute antiserum against IgE. In: Nature. Band 333, Nummer 6176, Juni 1988, S. 816–818, doi:10.1038/333816a0. PMID 2455231.
  9. J. Maddox, J. Randi, W. W. Stewart: "High-dilution" experiments a delusion. In: Nature. Band 334, Nummer 6180, Juli 1988, S. 287–291, doi:10.1038/334287a0. PMID 2455869.
  10. Ulrich Schnabel: Verdünnte Wahrheit – Hat Wasser ein Gedächtnis? Der Streit darum tobt seit Jahren. Es winkt eine Million Dollar.. In: zeit.de. 2003-11-27. Abgerufen am 27. Dezember 2014.
  11. Sven Siebenand: Homöopathie: Vergiftungen möglich. In: Pharmazeutische Zeitung online. 29. November 2012.
  12. P. Posadzki, A. Alotaibi, E. Ernst: Adverse effects of homeopathy: a systematic review of published case reports and case series In: International Journal of Clinical Practice. Online veröffentlicht am 20. November 2012.
  13. FDA warns against the use of homeopathic teething tablets and gels In: FDA News Release. 30. September 2016.
  14. Susan Scutti: Throw out homeopathic teething tablets with belladonna, FDA says In: CNN. 27. Januar 2017.
  15. FDA confirms elevated levels of belladonna in certain homeopathic teething products In: FDA News Release. 27. Januar 2017.
  16. Landtag stimmt für umstrittene Homöopathie-Studie. Süddeutsche Zeitung, 8. November 2019.
  17.  Hannelore Crolly: „Unfassbar peinlich“: Netz spottet über Globuli-Debatte in Bayern. 8. November 2019 (https://www.welt.de/politik/deutschland/article203247860/Unfassbar-peinlich-Netz-spottet-ueber-Globuli-Debatte-in-Bayern.html).
  18.  Jan Hauser: Antibiotika-Studie: Bayern lässt Homöopathie testen. ISSN 0174-4909 (https://www.faz.net/1.6475594).
  19. https://www.tagesspiegel.de/politik/wegen-indiskretionen-gruene-sagen-homoeopathie-kommission-ab/25430854.html

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