Knochenmarktransplantation

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Knochenmark-Transplantation ist die herkömmliche bzw. umgangssprachliche Bezeichnung für die Transplantation von blutbildenden Bestandteilen des Knochenmarks. Dabei werden Stammzellen von einer Spenderperson auf eine geschädigte Person übertragen. Das wurde zum Beispiel nach der Katastrophe von Tschernobyl an den akut von der Strahlung betroffenen Feuerwehrleuten vorgenommen - allerdings erfolglos, sie verstarben dennoch.

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1 Orientierung

Mit der Knochenmarktransplantation wird das Organ, welches das Blut und seine Bestandteile, also die Erythrozyten, die Blutplättchen, Blutkörperchen wie die Leukozyten und die Lymphozyten sowie mesenchymale Stammzellen bildet, durch Fremdmaterial eines artgleichen Spenders (allogen) ersetzt. Dies nachdem es geschädigt wurde (z. B. unfallbedingte Verstrahlung), eine nicht überlebbare Schädigung zu erwarten ist (Hochdosis-Chemotherapie) oder es aus anderen Gründen ersetzt werden muß (einige vererbte sog. Speicherkrankheiten, bei welchen einzelne Enzyme fehlen, die im neuen Knochenmark und dessen Abkömmlingen gebildet werden können). Ebenso gibt es Therapiekonzepte, bei denen autologes, d. h. empfängereigenes, Knochenmark hoch gereinigt wird und nach z. B. einer Chemotherapie zurückgegeben wird. Dieses Verfahren nennt man autologe Stammzellentransplantation.

2 Behandlung des Spenders und des gespendeten Materials

2.1 Spenderauswahl

Die Menschen besitzen auf den Immunzellen Moleküle, die kleingeschnittene Molekülfragmente von "Antigenen" präsentieren, sog. HLA (human leukocyte antigen) oder allgemein MHC (major histocompatibility complex) genannt, von denen es verschiedene Einzelgene mit jeweils sehr vielen unterschiedlichen Formen gibt. Präsentiert ein nicht-eigenes HLA ein gegebenes Antigenfragment, so wird diesees vielleicht etwas gedreht gehalten und dann 'falsch' erkannt mit der Folge, daß das Immunsystem paranoid reagiert und es zu Autoaggressionerscheinungen kommt indem entweder das transplantierte Knochenmark zerstört wird, oder die neuen Immunzellen des gespendeten Marks sich gegen den Patienten richten (GvH Reaktion).

Aus diesem Grunde muß eine weitgehende Gleichheit der HLA Moleküle zwischen Spender und Empfänger vorliegen - aus biologischen und pharmakologischen Gründen viel weitergehend als z. B. bei der Lebertransplantation.

Laborchemisch werden die Immunzellen 'typisiert', d. h. es wird bestimmt, welche HLA Eigenschaften vorliegen. Alle möglichen Spender eines organisatorischen Raumes (z. B. Deutschland, z. B. Eurotransplant-Gebiet) werden in einer Datenbank gespeichert. Liegt Bedarf vor, so wird die Datenbank abgefragt und ein Spender ermittelt. Dieser kann der Nachbar des Patienten sein oder irgendwo auf der Welt leben.

2.2 Harvesting

Es gibt zwei Methoden, Knochenmarkzellen zu gewinnen:

  • Das Knochenmark selbst wird angebohrt und etwas davon entnommen
  • Periphere Stammzellen werden mittels Apheresetechniken (Bindung des CD34 Antigens an Affinitätssäulen) mit einem entfernt dialyseähnlichen Verfahren gewonnen.

Insbesondere beim zweiten Verfahren ist es sinnvoll, eine gesteigerte Bildung der zu gewinnenden Zellen durch Gabe eines pharmakologischen Stimulators der Blutbildung, z. B. dem Wachstumsfaktor G-CSF, hervorzurufen.

2.3 Risiken und Nebenwirkungen

Allergie und Schock auf die Analgesie und Kurznarkose, Infektion bis Osteomyelitis, Postpunktionsschmerzen; Thrombose und Embolie, Fettembolie.

2.4 Purging

Durch gabe selektiv toxischer Substanzen wird aus dem gewonnenen Gemisch das übrigbleiben, was zur Transplantation benötigt wird, nämlich die Stammzellen. Methodik:___

3 Empfängervorbereitung

Damit erstens Platz vorhanden ist, wo das Material anwachsen kann, zweitens die hemmenden Einflüsse des Normalen nicht stören können und drittens ggf potentiell schädliche Zellen welche sich im Knochenmark aufhalten (z. B. maligne Zellen bei der Hauptindikation Leukämie) entfernt werden, wird der Patient folgenden Prozeduren unterworfen:

3.1 TBI

Eine hochdosierte Strahlentherapie wird auf das Knochenmark, die Regionen in welchen die meisten Lymphknoten sitzen und auf die Milz zentriert, um das hämopoietische System des Empfängers zu zerstören.

3.2 Conditioning

Zwei Ziele werden mit der Verabreichung zytotoxischer Substanzen verfolgt: Zerstörung des Vorhandenen und Modulation der Empfänglichkeit des Markgebietes für neue Stammzellen. Im Rahmen autologer Stammzellgewinnung auch Mobilisierung derselben.

Verwendete Substanzen:

  • Cyclophosphamid
  • Busulfan
  • Melphalan
  • Thiotepa

Manchmal ist es nicht notwendig, das ganze Knochenmark auszulöschen. Therapiekonzepte heißen dann

  • non-ablative BMT
  • mini-allograft
  • reduced-intensity-preparative-regimen

Ganz ohne Konditionierung die

  • donor leukocyte infusion

3.3 Spezifische Therapie

Krebserkrankungen (typischerweise Leukämien, Lymphome und Myelome) werden einer extrem toxischen Chemotherapie unterzogen, welche als Kollateralschaden das Blutbildungssystem zerstört. Die Durchführung einer Knochenmarktransplantation bei nichthämatopoietischen (d. h. soliden Tumoren, z. B. Neuroblastom) zum Zwecke des Gebrauchs höher toxischer Chemotherapien wird bei einzelnen Entitäten eingesetzt.

3.4 Immunsuppression

Neben den laborchemisch bestimmbaren wird es weitere Polymorphismen im Immunsystem geben, die zu Autoaggressionreaktionen führen werden. Aus diesem Grunde müssen die Patienten dauerhaft mit sog. Immunsuppressiva (z. B. Ciclosporin und Steroiden) behandelt werden.

4 Komplikationen

Die kurzfristige Mortalität der KMT liegt bei 15%, d. h. einer von 7 Patienten stirbt an der Anwendung dieses Verfahrens, nicht an den Folgen der zu behandelnden Grunderkrankung.

4.1 Infektionen

Insbsondere: Zytomegalie (CMV-Virus: Pneumonie, Retinopathie, Gastroenteritis); andere Herpesviren (HHV-6, EBV), opportunistische Erreger wie Pneumocystis carinii (PCP-Pneumonie) und Pilzinfektionen (systemische Mycosen) sind Folgen des insbesondere in der Frühphase völlig funktionslosen Immunabwehrsystems.

4.2 Harnblasenentzündung

Durch Adenoviren oder Polyomaviren sowie toxisch durch den Cyclophosphamid-Metaboliten Acrolein.

4.3 GvH Disease

Das neue Immunsystem erkennt den Empfängerorganismus als "fremd" und greift diesen an.

4.4 HvG Disease

Abstoßungsreaktion, ist das Transplantat zerstört hat der Pateint keine Überlebenschance.

4.5 Engraftment Syndrom und organspezifische Manifestationen

Durch das biologische Durcheinander im Rahmen eines SIRS (systemic inflammatory response syndrome) werden irgendwelche Botenstoffe gebildet (diverse Zytokine, Interleukine, Interferone usw.), welche die Endothelzellen (Gefäßinnenseitendeckzellen) der kleinen und großen Blutgefäße aktivieren. Dadurch schwellen diese an, die Gewebe werden schlechter mit Blut versorgt, gehen zugrunde und wirken toxisch auf den Organismus. Begleitend eine Blugerinnungsstörung /DIC = disseminated intravascular coagulation mit Blutungen und Thrombosen und ein Schockzustand.

  • Engraftment Syndrom : div. Systeme
  • Thrombotic thrombpcytopenic Purpura: Mikroangiopathie - Mikrothrombosen in verschiedenen Organen
  • Hepatic venoocclusive disease : Leber, Venenthrombose
  • BOOP bronchiolitis obliteration organizing pneumonia: Lunge, Verschluß der kleinsten Atemwege
  • Diffuse alveolar haemorrhage : Lunge, Einblutung

4.6 Posttransplantation lymphoproliferative disorder

5 Autologe Stammzellentransplantation

Es werden Stammzellen des Patienten gewonnen, aufbewahrt und dann gegeben, wenn durch eine geplante Behandlung das Knochenmark erheblich geschädigt worden ist, z. B. im Rahmen einer Hochdosischemotherapie von soliden Tumoren. Die oben beschriebenen Konzepte von Harvesting, Konditionierung und Therapie bilden ein Kontinuum, wenn zur 'Mobilization' der Stammzellen besondere Cytostatika wie Cyclophosphamid eingesetzt werden und wenn mit der Chemotherapie der Organismus 'konditioniert' wird - es werden mit einem Minimum an extrem toxischen Substanzen ein Maximum an notwendigen und gezielten Wirkungen erreicht.

6 Behandelbare Krankheiten

Hämatologisch neoplastische Erkrankungen

  • AML akute myeloische Leukämie, ist häufigste Indikation
  • ALL akute lymphoblastische Leukämie
  • andere Leukämien
  • Multiples Myelom (autologe SCT); POEMS-Syndrom; M.Waldenström
  • Hodgkin Lymphom
  • Non Hodgkin Lymphome, Mantle-cell-Lymphoma
  • Myelodysplastisches Syndrom
  • Aplastische Anämie

Solide neoplastische Erkrankungen

  • Neuroblastom
  • Medulloblastom
  • Ewing Sarkom
  • Wilms Tumor

Hämopoietische Erbkrankheiten und Immundefizienzsyndrome und mesenchymale Abkömmlinge

  • Thalassämie (fehlfunktionierendes Hämoglobin)
  • Shwachman Diamond Syndrom
  • SCID severe combined immuno-deficiency
  • Diamond Blackfan Anämie
  • Fanconi Anämie
  • Chediak Higashi Syndrom
  • Wiskott Aldrich Syndrom
  • Porphyrie: cong. erythropoietic porphyria
  • Red blood cell Pyruvate kinase deficiency
  • Osteopetrose
  • Evans Syndrom
  • Glanzmann Thrombasthenie
  • Leukocyte Adhesion deficiency
  • Congenital dyserythropoietic anemia
  • DiGeorge Syndrom
  • Familial amegakaryocytic Thrombocytopenia
  • Familial hemo/erythropoietic Lymphohistiocytosis
  • Hereditäre Sphärozytose
  • Dyskeratosis congenita
  • Hyper Immunoglobulin M Syndrom
  • Chronic granulomatous Disease = Septische Granulomatose

Andere Erbkrankheiten bei welchen ein systemisch verfügbarer Enzymersatz angestrebt wird und gentechnologischer Enzymersatz noch nicht verfügbar ist.

Im wesentlichen sind dies sog. 'Speicherkrankheiten', bei welchen jeweils ein charakteristisches Enzym der Lysosomen fehlt. Lysosomen sind Organellen, welche diverse Substanzen abbauen. Fehlt ein Enzym, so 'speichern' die Lysosomen die nicht abbaubaren Moleküle, sie werden sehr groß und es resultieren jeweils unterschiedliche Krankheitsbilder. Lysosomale Enzyme sind sehr einfach zu ersetzen, da sie aus dem Extrazellulärraum aufgenommen werden und in Vakuolen zu den Lysosomen transportiert werden. Als Quelle der zu ersetzenden Enzyme dienen Abkömmlinge der transplantierten Knochemnarksstammzellen.

  • Mucopolysaccharidosen
  • Farber Disease - infantile Ceramidase deficiency
  • Metachromatische Leukodystrophy
  • Globoid cell Leukodystrophy
  • Niemann Pick Disease

Autoimmunerkrankungen und Amyloidosen

  • AL-Amyloidose (Erkrankung der B-Lymphozyten)
  • Hypereosinophiles Syndrom
  • Shulman s Syndrom
  • Systemischer Lupus Erythematodes

Mir völlig unbekannte Erkrankungen - ehrlich gesagt auch viele darüber

  • Wolman disease
  • Griscelli Syndrom
  • Alexander s Disease

7 Besondere Konzepte

  • BMT vom Zwilling
  • BMT haploidentisch vom Geschwister
  • Nabelschnurblut-Transplantation
  • Tandem Transplantation
  • Nicht-myeloablative Transplantation
  • Donor leukocyte Infusion
  • Graft versus Leukemia- Effekt
  • Mixed chimerism

8 Ausblick: Regenerative Medizin

Idealerweise autologe Stammzellen ganz früher Natur (ESC= embryonal stemm cells), dem Knochenmark abgeleitete Stammzellen (mesenchymal stem cell, Fibrocyte, Endothelvorläuferzellen) mit variabler Organotropie, orthotope organspezifische Stammzellen usw. in der Intention, Gleiches durch Gleiches zu ersetzen oder das Einbringen gewebsuntypischer Zellen zur Veränderung des Gewebsverhaltens (Beeinflussung von Tumoren z. B. durch embryonale Gewebe)sowie die pharmakologische Beeinflussung der Gewebeeigenschaften z. B. durch Modulation lokaler Wachstumsinhibitoren (neuronal-axonale Regeneration nach Querschnittslähmung) sind die Therapieformen, welche meine Generation noch einsetzen wird.

9 Weblinks

10 Vergleich zu Wikipedia




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