Drei Orchesterstücke, Op. 6 (Komposition von Alban Berg)

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Alban Berg im Jahr 1905 bzw. 1906
Die Drei Orchesterstücke, Op. 6 sind ein Orchesterwerk des österreichischen Komponisten Alban Berg aus den Jahren 1914 und 1915.
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1 Entstehung und Uraufführung

  • Nachdem Berg im Sommer 1913 Arnold Schönberg in Berlin besucht hatte, kehrte er nach Trahütten zurück, und begann dort mit der Arbeit an einem größeren Orchesterwerk, dass er Schönberg zu dessen 40. Geburtstag am 13. September 1914 widmen wollte.
  • Mit der Komposition wollte er auch dem Tadel Schönbergs begegnen, der besonders die angeblich aphoristische, weitere Entwicklungen ausschließende Form seiner jüngsten Werke (gemeint sind hier die Altenberg-Lieder, op. 4 und die Vier Stücke für Klarinette und Klavier, op. 5) kritisiert hatte. [1]
  • Zuerst hatte Berg bei dem zu schreibenden Werk an eine "heitere Suite" gedacht, woraus aber später die nicht gerade heiter wirkenden Drei Orchesterstücke, op. 6 wurden.
  • Schönbergs Werk Fünf Orchesterstücke op. 16, welche Berg auf einer Tournee mit Schönberg am 12. März 1914 in Amsterdam zum ersten Mal hörte, scheinen Inspiration für seine Drei Orchesterstücke, Op. 6 gewesen zu sein. [2]
  • Am 23. August 1914 vollendete er die Partiturreinschrift des ersten und dritten Satzes, [3] und konnte diese am 8. September noch rechtzitig an Schönberg senden. Das genaue Datum der Fertigstellung des zweiten Satzes ist unbekannt. Es dürfte aber nicht vor dem Sommer des Jahres 1915 fertig geworden sein. Eine Kopie des zweiten Satzes erhielt Schönberg dann am 5. August 1915. [4]
  • Die ersten zwei der insgesamt drei Sätze des Werkes gelangten am 5. Juni 1923 im Rahmen einer "Österreichischen Musik-Woche" in Berlin zu Uraufführung. Dirigent war Anton von Webern. Die Aufnahme des Werkes durch die Kritik war unerwartet freundlich. Es war u.a. von Einflüssen Claude Debussys die Rede. [5]
  • Die Uraufführung des kompletten Werkes fand dann am 12. April 1930 in Oldenburg unter Johannes Schüler statt. Berg hatte dafür das Werk teilweise uminstrumentiert. In einen Brief an Schüler schrieb er u.a.:
"Ich beabsichtige seit längerem, diese etwas "dick" instrumentierte Partitur zu retouchieren, aber das wird die Komposition nicht verändern." [6]
  • Für diese Aufführung verfasste Berg auf Wunsch Schülers einige "schnell zusammengefasste analytische Bemerkungen", die Fritz Uhlenbruch dann zu einer Analyse ausarbeitete, die im Programmheft zur Aufführung erschien.

2 Rezeption

  • Die Drei Orchesterstücke, Op. 6 werden heutzutage allgemein als ein kompositotisch dichtes Meisterwerk atonaler Symphonik und der Musik des frühen 20. Jahrhunderts angesehen. Man sieht sie als zentrales Werk im Schaffen Alban Bergs. Für viele Hörer dürfte es aufgrund seiner Atonalität und krassen Musiksprache aber immer noch gewöhnungsbedürftig sein.
  • Das teilweise bedrohlich wirkende Werk, und hier speziell der dritte Satz (Marsch), wurde auch als Vorahnung bzw. Darstellung der Schrecken des Ersten Weltkrieges gedeutet. [7] [8] [9]

3 Besetzung

  • Die Besetzung ist außerordentlich groß und umfasst folgende Instrumente:
  • 4 Flöten, zusätzlich Piccoloflöte im zweiten und dritten Satz, 4 Oboen, zusätzlich Englisch Horn im ersten und dritten Satz, 4 Klarinetten in A, im zweiten und dritten Satz auch Klarinette in Es, Bassklarinette in B, 3 Fagotte, Kontrafagott, 6 Hörner in F, 4 Trompeten in F, drei Tenorposaunen und eine Bassposaune, Kontrabass-Tuba, Große und kleine Trommel, ein Paar Becken, Großes und kleines Tamtam, zwei Paar Pauken, Rührtrommel und Triangel im zweiten und dritten Stück, Großer Hammer im dritten Satz, Glockenspiel und Xylophon, Celesta, 2 Harfen und stark besetztes Streichquintett. [10]

4 Musik

Die Aufführung moderner, atonaler Werke wie von Alban Berg, Arnold Schönberg oder Anton von Webern wurde damals - wie eine zeitgenössische Karikatur in "Die Zeit" vom 6. April 1913 anlässlich eines Konzerts mit Anton von Weberns Sechs Stücken für Orchester, op. 6, Alexander von Zemlinskys Vier Orchesterliedern nach Gedichten von Maeterlinck, op.13 und Schönbergs Kammersinfonie Nr. 1, op. 9 zeigt - vom Publikum meist als chaotisch empfunden und oft mit Missfallen und lautstarken Unmutsbezeugungen quittiert
  • Das Stück ist Alban Bergs erstes Orchesterwerk.
  • Es ist, obwohl mache Musikwissenschaftler gewisse zentralen Tonbereiche um die Töne D und G ausgemacht haben, atonal.
  • Die Komposition ist teilweise grell-expressionistisch und schreckt vor keinen klanglichen Härten und grotesken Wikungen zurück. Der Musikwissenschaftler Willi Reich sieht in dem Werk den "Ausdruck des Chaotischen, die panische Bedrohung", welche "Angst verbreitet". [11]
  • Dennoch ist es mit kontrapunktischen Finessen wie bsp. Umkehrungen, Krebs sowie Spiegelungen musikalisch äußerst komplex gebaut. Berg selber bezeichnete die Partitur bsp. als "die komplizierteste aller je geschriebenen" Werke von ihm. Willi Reich merkte an, wie unzulänglich jede kürzere Analyse des Werkes bleiben müsse.
  • Die Themen des Werkes werden nicht fertig vorgestellt und dann bearbeitet/variiert, sondern entstehen erst im musikalischen Verlauf aus kleinen Keimzellen.
  • Auch Bergs Art der Instrumentation ist ungewöhnlich. Ein Thema wird selten gänzlich einem Instrument oder einer Instrumentengruppe anvertraut, sondern wird meist in kleineren Teilen, dem wechselnden Farbspiel zuliebe, immer wieder anderen Instrumenten bzw. Instrumentengruppen anvertraut. [12] [13] So entsteht ein Klangmosaik, wie es später von anderen Komponisten in der Technik der sogenannten "punktuellen Instrumentation", in der manchmal sogar jeder Ton eines Themas von einem wechselnden Instrument gespielt wird, auf die Spitze getrieben wurde. [14]
  • Das Stück weist auch Parallelen zum Werk des von Berg sehr verehrten Gustav Mahler auf. Der Beginn des ersten Satzes hat Ähnlichkeiten mit dem Beginn von Mahlers 9. Sinfonie. Gegen Ende des dritten Satzes zitiert Berg den Hauptrhythmus aus Mahlers 6. Sinfonie. [15] [16]
  • Nach Alban Bergs eigener Analyse (s.o.) konzentriere sich in den drei Sätzen ein symphonischer Vorgang, der sich durch die Art des Formgebungsprozesses an die Form der viersätzigen Symphonie annähere. [17]
  • Wesentliches Kennzeichen des Werkes ist auch eine grundsätzliche Zweiteiligkeit und Symmetrie innerhalb der Sätze. So entsprechen sich im ersten Satz bsp. mehrere Taktgruppen aus dem ersten und zweiten Teil fast spiegelbildlich. [18] Fritz Uhlenbruch (s. Abschnitt 1 des Artikels) schreib in seiner Analyse dazu u.a.:
"Bei Betrachtung der einzelnen Stücke erkennt man jedesmal eine gewisse Zweiteiligkeit und Symmetrie. In dem ersten Stück entsprechen sich spiegelbildmäßig mehrere Taktgruppen aus dem ersten und zweiten Teil, so zum Beispiel die ersten und letzten Takte im Schlagzeug. - Im "Reigen" ist die Zweiteiligkeit durch die schon erwähnte Folge von Scherzo und langsamer Satz gegeben; rein äußerlich wird dies durch die Ablösung des Walzertempos durch den geraden Takt (4/2 und 4/4) markiert." [19]
  • Die drei Sätze dauern nach Angabe in der Notenausgabe 17 bis 18 Minuten, und sind folgendermaßen bezeichnet:

4.1 Präludium

Nacheinander in Klarinette und Oboe erklingendes Motiv im 1. Satz
  • Der erste Satz beginnt mit einer nicht definierbaren Geräuschmasse, aus der sich erst allmählich Motive bzw. Motivkerne ausformen.
  • Großes Tamtam, Becken sowie kleine und große Trommel setzen mit gepämpften Schlägen im pp ein. Ab Takt 4 treten dann die Pauken hinzu (mit ihren beiden Tönen deuten sie einen ersten Motivkern an), und danach die Bratschen, Celli, Hörner und Flöten mit tiefen Tönen hinzu.
  • Ein erster raushörbarer Motivkern taucht dann ab Takt 6 im Fagott auf. Trompete und Posaune führen diesen fort.
  • In Takt 11 wird der Hörer dann durch einen aprupten Einwurf im ff aufgeschreckt.
  • Ab Takt 15 werden die Motive dann in rasch wechselnder Instrumentation von verschiedenen Instrumenten bzw. Instrumentengruppen frei durchgeführt. David John Headlam unterscheidet in dem Satz fünf Motive, die sich teilweise aufeinander und auf Motive in den beiden anderen Sätzen beziehen.
  • Der 56-taktige Satz hat eine, durch Tempo, Instrumentation und musikalisches Material ausgeformte, dreiteilige Form ABA`. Der Teil A geht von Takt 1 bis Takt 14, der Teil B von Takt 15 bis 41 und A` von Takt 42 bis Takt 56.
  • Der Höhepunkt ist in Takt 36 erreicht. Danach nimmt die Intensität wieder ab, bis der Satz wie der Anfang mit Schlagwerkklängen endet. [20]

4.2 Reigen

4.3 Marsch

5 Links und Quellen

5.1 Siehe auch

5.2 Weblinks

5.2.1 Bilder / Fotos

5.2.2 Videos auf Youtube

5.3 Quellen

5.4 Literatur

  • Melchior von Borries: Alban Bergs „Drei Orchesterstücke op. 6“ als ein Meisterwerk atonaler Symphonik, Dissertation, Bonn, 1996
  • Willi Reich: Alban Berg - Leben und Werk, R. Piper GmbH & Co. KG, München, 1985 (Originalausgabe von 1963 beim Atlantis Verlag in Zürich)
  • H. F. Redlich: Alban Berg - The Man and his Music, Verlag John Calder, London, 1957

5.5 Naviblock

5.6 Einzelnachweise

  1. Willi Reich: Alban Berg - Leben und Werk, R. Piper GmbH & Co. KG, München, 1985 (Originalausgabe von 1963 beim Atlantis Verlag in Zürich), S. 39 und 40
  2. Mark deVoto: Alban Bergs Drei Orchesterstücke op. 6: Struktur, Thematik und ihr Verhältnis zu Wozzeck
  3. Willi Reich: Alban Berg - Leben und Werk, R. Piper GmbH & Co. KG, München, 1985 (Originalausgabe von 1963 beim Atlantis Verlag in Zürich), S. 106
  4. Douglas Jarman: The Music of Alban Berg, University of California Press, 1985, S. 7
  5. Willi Reich: Alban Berg - Leben und Werk, R. Piper GmbH & Co. KG, München, 1985 (Originalausgabe von 1963 beim Atlantis Verlag in Zürich), S. 53
  6. Zitiert nach Willi Reich: Alban Berg - Leben und Werk, R. Piper GmbH & Co. KG, München, 1985 (Originalausgabe von 1963 beim Atlantis Verlag in Zürich), S. 106
  7. Dieter Senghaas: Frieden und Klassische Musik; in Hans J. Gießmann und Bernhard Rinke: Handbuch Frieden, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, 2011, S. 427
  8. Biographisches zu Alban Berg auf www.theater.ulm.de
  9. Anm.: Berg machte sich seit Kriegsausbruch vermehrt Sorgen um seine materielle Situation und eine mögliche Einziehung zum Militär. Mitte Augiúst 1915 musste er zum Landwehrinfantrieregiment Nr. 1 nach Wien einrücken. Seine Militärzeit empfand er, obwohl er nicht an die Front musste, dennoch als äußerst quälend und bedrücken. Nach einem körperlichen Zusammenbruch durfte er zuerst in den Wachdienst und im Jahr 1916 in den Kanzleidienst der Armee. (nach Willi Reich: Alban Berg - Leben und Werk, R. Piper GmbH & Co. KG, München, 1985 (Originalausgabe von 1963 beim Atlantis Verlag in Zürich), S. 40 bis 43
  10. Nach der Partitur auf www.imslp.org
  11. Rudolf Bauer: Das Konzert - Lebendige Orchestermusik bis zur Gegenwart, Safari-Verlag, Berlin, 1955, S. 601 und 602
  12. Rudolf Bauer: Das Konzert - Lebendige Orchestermusik bis zur Gegenwart, Safari-Verlag, Berlin, 1955, S. 601 und 602
  13. Willi Reich: Alban Berg - Leben und Werk, R. Piper GmbH & Co. KG, München, 1985 (Originalausgabe von 1963 beim Atlantis Verlag in Zürich), S. 107
  14. Hermann Erpf: Handbuch der Instrumentation und Instrumentenkunde, B. Schott`s Söhne, Mainz, 1959, S. 296 ff.
  15. Bernhard Uske: Fliessende Klänge - Schillernde Farben; im Booklet der CD "Alban Berg - Lulu-Suite, Altenberg-Lieder drei Orchesterstücke, Fünf Orchesterlieder" mit dem London Symphony Orchestra unter Claudio Abbado, Deutsche Grammophon GmbH, Hamburg, 1997, 449 714-2
  16. Constantin Floros: Alban Berg und die Wiener Moderne; in Jürgen Nautz und Richard Vahrenkam (Hrsg.): Die Wiener Jahrhundertwende - Einflüsse, Umwelt, Wirkungen, Böhlau Verlag, 1993, S. 608 und 609
  17. Willi Reich: Alban Berg - Leben und Werk, R. Piper GmbH & Co. KG, München, 1985 (Originalausgabe von 1963 beim Atlantis Verlag in Zürich), S. 107
  18. Martin Demmler: Zu neuen Ufern
  19. Zitiert nach Willi Reich: Alban Berg - Leben und Werk, R. Piper GmbH & Co. KG, München, 1985 (Originalausgabe von 1963 beim Atlantis Verlag in Zürich), S. 107
  20. David John Headlam: The Music of Alban Berg, Yale University Press, 2011, 136 ff. und 187 ff.

6 Andere Lexika

Wikipedia kennt dieses Lemma (Drei Orchesterstücke, Op. 6 (Komposition von Alban Berg)) vermutlich nicht.




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