Clavis

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clavis (lateinisch Holzstück, Riegel, Schlüssel - Plural claves) ist seit dem 12. Jahrhundert in der Musik/Musiktheorie die Bezeichnung für eine Taste bzw. einen Hebel oder andere Vorrichtungen mit ähnlicher Funktion zur Übertragung von Kraft auf meist Saiten zur Tonerzeugung. Der Begriff repräsentierte bald darauf in gleicher Weise auch eine höhenmäßig fixierte Tonhöhe (vox)[1] wie den diese Tonhöhe repräsentierenden Buchstaben (littera).[2] Ein Beispiel für die Verwendung des Begriffs clavis in der Bedeutung von Ton ist der Traktat Compendium Musices von Lampadius aus dem Jahr 1537:

De Clavibus Musicis: / Über die Töne der Musik:
Quid est clavis? Est vocis formandae index, adhaerens lineae aut linearum intervallis. / Was ist ein Ton? Das ist ein Anzeiger zur Gestaltung der Stimme, der an die Linien oder Zwischenräume der Linien gebunden ist.
Quot sunt claves? viginti, Recita? / Wie viele Töne gibt es? Zwanzig. Zähle sie auf! [3]

Ab dem späten 13. Jahrhundert wurde der Begriff zunehmend auch in Funktion eines Tonschlüssels in zu Beginn eines Stückes gesetzten Buchstaben verwandt.[4] Im Spätmittelalter wurden die Tonbuchstaben auch auf die Tasten gemalt.[5] Bei einigen Musiktheoretikern im Übergang zur Rennaissance wurden clavis auch als Kombination von Tonbuchstaben und Silben verwandt.[6] Als claves wurden auch ein Hebel am Blasebalg einer Orgel und die Klappen an Blasinstrumenten bezeichnet.[7] Diese Bedeutung von clavis gleichzeitig als Taste und Klappe kommmt heute noch in der sprachlichen Verwandtschaft der englischen Wörter keyboard für Tastatur und keywork für Klappensysteme bei Blasinstrumenten zum Ausdruck.[8] Bei Tasteninstrumente wie z.B. Orgel, Clavichord, Clavicembalo, Virginal, usw. wurden später daraus folgend die einzelne Taste, genauer genommen der ganze die Taste fortsetzende mechanische Teil, als clavis, und die Gesamtheit der Tasten als claves und später als Klaviatur benannt. Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts bezog sich der Ausdruck vermehrt auf das Hammerklavier und später unser modernes Klavier bzw. den Flügel.[9] Der Ausdruck clavis ist in Instrumentennamen wie Clavecin, Clavichord, Clavicembalo oder Clavicytherium noch deutlicher zu hören als im Wort Klavier. Heutzutage ist der Begriff clavis, außer unter Spezialisten für Alte Musik, eher unüblich und nahezu unbekannt.

1 Einzelnachweise

  1. Harald Skorepa: Ultimus (Musiklexikon auf CD) unter Mitarbeit von Clemens Kuhn, Papendorf GmbH, 2006, Eintrag zum Begriff "clavis"
  2. Carl Dahlhaus und Hans Heinz Eggebrecht: Brockhaus Riemann Musiklexikon, Band I, A-K, F. A. Brockhaus und B. Schott`s Söhne, Wiesbaden/Mainz, 1978, S. 257
  3. Lampadius: Compendium Musices, Bern, 1537; auf der Internetseite der Universitätsbibliothek Bern
  4. Carl Dahlhaus und Hans Heinz Eggebrecht: Brockhaus Riemann Musiklexikon, Band I, A-K, F. A. Brockhaus und B. Schott`s Söhne, Wiesbaden/Mainz, 1978, S. 257
  5. Ulrich Michels: dtv-Atlas zur Musik, Band I, dtv und Bärenreiter, München, 11. Aufl., 1977, S. 37
  6. Stefano Mengozi: The Rennaissance Reform of Medieval Music Theory, Cambridge University Press, 2010, S. 7; Online auf Google Book Search
  7. Real-Encyclopädie oder Conversations-Lexicon, Band II, 6. Aufl., 1900, S. 682; Online auf Google Book Search
  8. Alexander Friedrich: Der Begriff Klavier; auf www.piano-friedrich.de
  9. Günther Batel: Das Handbuch der Tasteninstrumente, Orbis Verlag, Braunschweig, 1986, S. 15

2 Andere Lexika

Wikipedia kennt dieses Lemma (Clavis) vermutlich nicht.




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