Gedenkstätte Gudendorf
„Der Ehrenfriedhof in Gudendorf ist zum Gedenken an die zahlreichen sowjetischen Kriegstoten des 2. Weltkrieges errichtet worden.
Er entstand in den Jahren 1960 bis 1962 durch die Erweiterung eines im Kriege angelegten Gräberfeldes.
In diesen Massengräbern waren während des Krieges sojetische Kriegsgefangene bestattet worden, die in den nahegelegenen Kriegsgefangenenlagern und dem dazugehörigen Lazarett umgekommen waren. Die genaue Lage der alten Gräber ist nicht bekannt.“– Inschrift der Tafel an der Gedenkstätte Gudendorf
Seit 1983 engagiert sich die Initiative Blumen für Gudendorf um die Aufarbeitung der Geschichte des ehemaligen Kriegsgefangenenlazaretts in Gudendorf.
Inhaltsverzeichnis
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1 Geschichte
1941 ist in Gudendorf (Kreis Dithmarschen/ Schleswig-Holstein) ein Lager für sowjetische Kriegsgefangene eingerichtet worden, welches später, im April 1944, zum Krankenrevier des Stammlagers XA (Heidkaten) umfunktioniert wurde. Bis Kriegsende starben hier eine unbekannte Anzahl schwerkranker Kriegsgefangener.
2 Forschung/ namentlich bekannte dort beerdigte sow. Kriegsgefangene
Ulrike Puvogel, Martin Stankowski und Ursula Graf berichten in der 2. Auflage der Dokumentation "Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus":
„(...)
1962 eine Ehren-Gräberanlage geschaffen, die aus drei kreisförmigen Gräberfeldern besteht, auf denen etwa 3 000 sowjetische Kriegsgefangene bestattet sind. 1961 wurden in zwei der Gräberfelder 248 vorher an anderen Orten in Schleswig-Holstein beerdigte, meist unbekannte sowjetische Kriegsgefangene umgebettet. Das dritte Gräberfeld umschließt den zentralen Teil eines aus der Kriegszeit stammenden Gräberfeldes, dessen Grenzen bis heute nicht genau bekannt sind.
(...)
Nach Unterlagen des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge beträgt die Anzahl der Toten in Gudendorf 2 712, von denen 248 aus verschiedenen Orten des nördlichen Landesteiles nach hier umgebettet worden waren. Nur zwölf Tote sind namentlich bekannt.“– Ulrike Puvogel, Martin Stankowski und Ursula Graf: "Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus"[1]
Im Sept. 2004 erschien das Heft Nr. 3/ 2004 des "Vereins für Dithmarscher Landeskunde e.V." mit einer Arbeit des Meldorfers M. Gietzelt. Er fasste die bislang bekannten Informationsquellen zusammen. Im Gegensatz zur bpb-Veröffentlichung schreibt er von nur neun namentlich bekannten sowjetischen Gefangenen, dessen genaue Grablage jedoch nicht bekannt seinen.[2]
Die Zahl der namentlich bekannten Toten wird in einem Entwurf einer Publikation von TeilnehmerInnen der Übung "Holocaust und Erinnerungsstätten in Schleswig-Holstein – Erarbeitung einer Konzeption für die Bürgerstiftung Schleswig-Holstein“ des Historischen Seminars der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel im Wintersemester 2009/2010 mit 38 benannt.[3] In der Ausarbeitung werden zudem mehrere Vorschläge zu einer Umgestaltung der Gedenkstätte gemacht. So wird vorgechlagen, dass dort, wo das eigentliche Lager gestanden hatte, ein kleiner Gedenkstein aufgestellt werden könne.
3 Gedenken
Jährlich werden um den 8. Mai herum die Gedenkstätte Gudendorf und die bekannten Massengräber mit Blumen geschmückt und der Toten mit einer Feierstunde gedacht.
3.1 "Blumen für Gudendorf", 7. Mai 2011
Die Initiative "Blumen für Gudendorf" schreibt in ihrem Flyer für das Jahr 2011:
„66 Jahre nach der Befreiung sind die Wunden des vom Hitlerfaschismus verursachten Zweiten Weltkriegs immer noch nicht vernarbt. Auch die Akte Gudendorf ist nicht geschlossen. Zigtausende Menschen, zum beispiel in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, deren Väter und Großväter in den Kriegsgefangenenlagern den Tod fanden und wie in Gudendorf, Stukenbrock und vielen anderen Orten in Massengräbern bestattet wurden, wissen bis heute nicht, wo ihre Angehörigen zu finden sind.
(...)
Die Forschungen müssen weitergehen, auch wenn nur noch wenige Zeitzeugen vorhanden sind, die Krieg und Faschismus erlebt haben.
(...)
Zwar hat nach 1945 kein krieg mehr auf deutschem Boden stattgefunden, aber Deutschland ist wieder an Kriegen beteiligt, in Afghanistan und neuerdings in Libyen. Deutschland ist der drittgrößte Truppensteller und auch der drittgrößte Waffenexporteur der Welt. Wir unterstützen die Forderungen der Friedensbewegung, alle Kriegseinsätze zu beenden und die Militärausgaben ddrastisch zu senken.
Zugleich verurteilen wir alle Bestrebungen, geschichte zu verfälschen oder umzuschreiben. Die Verbrechen des NS-Regimes dürfen nicht relativiert werden, neonazistische Parteien und Organisationen sind zu verbieten.
(...)“– Einladungsflugblatt "Blumen für Gudendorf, 7. Mai 2011, Gedenkstätte Gudendorf"
Grußworte bei der im Mai 2011 stattgefunden Feierstunde sprachen:
- Carsten Peters (Kreistagspräsident des Kreises Dithmarschen)
- Jens Thomsen (Bürgermeister Gudendorf)
- Hubert Kniesburges (Arbeitskreis Stuckenbrock)
- Uta Körby (Vorsitzende des Trägerkreises KZ Kaltenkirchen)
- Vizekonsulin Marina Wasiliewa (Russisches Konsulat in Hamburg)
Die Leitung und Organisation lag bei Benno Stahn, dem Sprecher der Initiative "Blumen für Gudendorf"
Zu einer christlichen Andacht wurde von Superintendent a. D. Klaus Looft auf einem der drei Gräberfelder eingeladen:
Er überschrieb seine Gedanken mit zwei Versen aus dem alttestamentlichen Buch Joel:
„Hört dies, ihr Ältesten, und nehmt es zu Ohren, alle Bewohner des Landes! Ist solches in euren Tagen geschehen oder in den Tagen eurer Väter?
Erzählt euren Kindern davon und eure Kinder ihren Kindern und ihre Kinder der folgenden Generation:
(...)“– Die Bibel, Joel Kap. 1, V. 2-3 (n. Rev. "Elberfelder" Übers.)
Er werde, so fuhr er fort, in einigen Jahren, mit seinem Enkel das Grab von Nocotor Tschechelen besuchen und ihm von dem Lager erzählen. Dann werde er zu dem nahegelegenen Wodansberg fahren und dort das Grab des nur wenige Tage vor Nocotor Tschechelen verstorbenen Schriftstellers Gustav Frenssen besuchen und seinem Enkel auch die Geschichte erzählen.
Musikalisch wurde die Feierstunde von der Hamburger Musikgruppe Rotdorn umrahmt.
3.2 "Blumen für Gudendorf", 17. Okt. 2015: 310 Namen von sow. Kriegsgefangenen der Öffentlichkeit übergeben
"Trauer braucht einen Ort und einen Namen"
stand auf der Gesteckschleife der kleinen Gemeinde Gudendorf im Kreis Dithmarschen.
Ca. 60 Teilnehmer fanden sich am 17. Oktober 2015 auf dem kleinen Platz vor dem Denkmal der Gedenkstätte ein.
Neben Anke Sporendonk, Ministerin für Justiz, Kultur und Europa im Landeskabinet des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Torsten Albig waren Andrey Rumyantsev, Konsul der Russischen Föderation sowie Prof. Dr. phil. Dr. h. c. Gerhard Fouquet, Vorsitzender der Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten anwesend.
Benno Stahn, Sprecher der Initiative Blumen für Gudendorf, sagte, dass auch durch die Namensfindung von jetzt insgesamt 310 hier in der Gedenkstätte beerdigten Kriegsgefangenen der ehemaligen Sowjetunion den Toten ihre Würde zurückgegeben wurde. Die meisten waren zum Zeitpunkt ihres Todes noch nicht einmal 30 Jahre alt.
"Es gibt nun auch für die Angehörigen einen Ort der Trauer", bemerkte Gudendorfs Bürgermeister W. Höfs.
Konsul Andrey Rumyantsev mahnte, trotz der gespannten politischen Lage, dass man aus der Vergangenheit Lehren ziehen müsse: "Wir müssen an den Frieden glauben."
Ministerin Sporendonk sagte u.a.: "Gudendorf gehört zum kollektiven Gedächtniss Schleswig-Holsteins. Das Grauen fand nicht nur in Auschwitz, Dachau oder Buchenwald statt, sondern auch direkt hier in Gudendorf vor unserer Haustür."
In einem Kurzvortrag machte Georg Gerchen deutlich, mit welchen Schwierigkeiten die Namenssuche verbunden gewesen sei. Allein die unterschiedlichen Schreibweisen eines Namens machen dieses deutlich. "Insgesamt", so äußerte Gerchen sich, "vermuten wird etwa 3000 noch namenlose Tote, die hier in unmittelbarer Nähe irgendwo in den Wäldern begraben wurden. Die Zahl 3000 sei aber nur spekulativ genannt und ist nicht historisch belegt. Wir wissen von eingen noch namenlosen Opfern. Wir werden daher noch weiter forschen nüssen." Auch über das Lager selbst, dessen Gelände heute überbaut ist, muss noch viel geforscht werden.
4 Quellen
4.1 Einzelnachweise
- ↑ Ulrike Puvogel, Martin Stankowski und Ursula Graf: "Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus" , Bundeszentrale für politische Bildung(bpb); 1995/96; ISBN 3-89331-208-0; ebd.: S. 735
- ↑ "Verein für Dithmarscher Landeskunde e.V."; Heft 3/2004: "M. Gietzelt: Die Gedenkstätte Gudendorf - Neue Forschungsergebnisse"; ebd.: S. 64; Fußnote dort:
„Anzeige des Internationalen Suchdienstes vom 30.6.1950. Ich habe diese Information vom ehemaligen Bürgermeister der Gemeinde Gudendorf, Ferdinand Kollhorst, erhalten.“
– M. Gietzelt: "Verein für Dithmarscher Landeskunde e.V."; Heft 3/2004: "M. Gietzelt: Die Gedenkstätte Gudendorf - Neue Forschungsergebnisse"; Fußnote 52
- ↑ Entwurf einer Publikation von TeilnehmerInnen der Übung "Holocaust und Erinnerungsstätten in Schleswig-Holstein – Erarbeitung einer Konzeption für die Bürgerstiftung Schleswig-Holstein“ des Historischen Seminars der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel im Wintersemester 2009/2010, ebd.: S. 20/ 5. Abs.
4.2 Weblinks
- [1] "Verein für Dithmarscher Landeskunde e.V.: Kriegsgefangenenlager und Gedenkstätte Gudendorf"
4.3 Andere Lexika
- [2] "Dithmarschen Wiki: Gedenkstätte Gudendorf"
5 Weblinks
6 Andere Lexika
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