Variationen und Fuge über ein Thema von Händel (Brahms)

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Variationen und Fuge über ein Thema von Händel, op. 24 sind ein im Jahr 1861 entstandener [1] und im Juli 1862 publizierter Variationen-Zyklus von Johannes Brahms über die Aria con Variazioni der ersten Suite in B-Dur (HWV 434) aus der zweiten Gruppe von Georg Friedrich Händels Werk Suites de Pièces pour le Clavecin (HWV 434 bis 442). Er besteht aus 25 Variationen und einer abschließenden Fuge.

In kaum einem anderen Werk von Brahms stehen künstlerische Aussage und formale sowie pianistische Gestaltung gleichermaßen vollendet nebeneinander. Das höchste Virtuosität erfordende Werk [2] steht dabei in der Variationentechnik auf dem Boden der Klassik und führt die Art der Charaktervariation, wie sie Beethoven in den Eroica- und Diabelli-Variationen vorgezeichnet hat, meisterhaft weiter. [3] Richard Wagner lobte es mit folgenden Worten:

"Man sieht, was sich in den alten Formen noch leisten läßt, wenn einer kommt, der es versteht, sie zu behandeln." [4] [5]
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1 Vorgeschichte

Brahms beschäftigte sich - was für jene Zeit durchaus nicht üblich war - intensiv mit Musik von Komponisten der Renaissance und des Barock (von denen Notenmaterial damals viel schwerer als heute aufzutreiben war), [6] wie z.B. Praetorius, Senfl, Gabrieli, Palestrina, Schütz, Bach [7] und auch Händel. [8] Ferner betätigte er sich auch selber im Komponieren barocker Formen wie Präludien, Fugen, Kanons, Chorälen und damals verbreiteten Tanzsätzen. Brahms besaß schon lange vor Chrysanders Händel-Ausgaben eine Kopie der ersten Ausgabe der Suite aus dem Jahr 1733. [9] Brahms komponierte schon einige Jahre vor op. 24 Variatonenwerke. Den Anfang machten die Variationen über ein Thema von Robert Schumann, op. 9 aus dem Jahr 1854. Zwei Jahre später folgen die Variationen über ein ungarisches Lied, op. 21, Nr. 2. Brahms betonte ursprünglich, dass es ihm beim Komponieren von Variationen primär auf den Bassverlauf ankomme:

"... bei einem Thema zu Variationen bedeutet mir eigentlich, fast beinahe nur der Baß etwas. Aber dieser ist mir heilig, er ist der feste Grund, auf dem ich dann meine Geschichten baue (...) Variiere ich die Melodie, so kann ich nicht leicht mehr als geistreich oder anmutig sein oder, zwar stimmungsvoll, einen schönen Gedanken vertiefen. Über den gegebenen Baß erfinde ich wirklich neu, ich erfinde ihm neue Melodien, ich schaffe ..." [10]

Noch im Jahr 1856 gelangte er aber verstärkt zur Überzeugung, es komme bei der Variationenkomposition darauf an, aus der Melodie des Themas etwas neues zu schaffen. Als Beispiel hierfür können die im Jahr 1857 entstandenen Variationen über ein eigenes Thema, op. 21, Nr.1 und dann die Händel-Variationen gelten. [11]

Brahms bezeichnete die Händel-Variationen als sein persönliches Lieblingswerk, und wollte es bei Bedarf auch für einen relativ geringen Betrag seinem Verleger überlassen: [12]

2 Das Werk

Kennzeichen der Variationen: Die Variationen sind, im Gegensatz zu Händels Figuralvariationen, eher Charaktervariationen. [13] Während die Figuralvariation sich eher auf die Veränderung rhythmischer Muster und Erweiterungen durch Verzierungen/Umspielungen des Themas und/oder Simmenvertauschung beschränkt, versucht die Charaktervariation durch wesentliche Änderungen (z.B. in Tempo, Dur- oder Moll-Tonart und dem allgemeinen Gestus) jeder Variation einen gänzlich eigenen Charakter zu geben. Eine strenge Unterscheidung zwischen beiden Formen der Variation ist allerdings in Praxis in einzelnen Werken schon bei Mozart oder Beethoven manchmal nur schwer möglich. [14]

Aria: Diese (also die ersten, jeweils wiederholten vier Takte) sind bei Händel und Brahms identisch. Eine Ausnahme ist, dass Brahms die Pralltriller bei Händel fast ausnahmslos durch ausgeschriebene Triller ersetzt. Das Ende von Takt vier ist gegenüber dem Original von Händel mit drei 32-teln, einem 16-tel-Pralltriller und wiederum drei 32-teln rhythmisch auf eine 32-tel-Pause und sieben 32-tel-Noten vereinfacht. Angesichts des sehr schnellen Tempos der Stelle macht dies kaum einen hörbaren Unterschied. Ein weiterer kleiner Unterschied besteht im letzten Takt (zweite Voltenklammer), in dem die Verzierung aus Händels Original rhythmisch leicht abgewandelt und um eine Terz (von a auf f) erniedrigt ist. [15] [16]

1. Variation: Diese hält sich vom harmonischen Ablauf und der Melodie noch am stärksten von allen Variationen an das Thema der Aria. Allerdings hat sie schon einen gänzlich anderen Ausdruckscharakter. Die rechte Hand bringt Gruppen von zwei 32-teln und einer 16-tel im Staccato. Auf das 16-tel der rechten Hand spielt die linke Hand zwei 32-tel, so dass sich ein kontinuierlicher, schneller 32-tel-Fluss ergibt. Die synkopierten Akzente geben der Variation einen nicht barocken Charakter. [17]

2. Variation:

...

3 Audio

4 Einzelnachweise

  1. Carl Dahlhaus und Hans Heinz Eggebrecht: Brockhaus Riemann Musiklexikon, Band I, A-K, F. A. Brockhaus und B. Schott`s Söhne, Wiesbaden/Mainz, 1978, S. 169
  2. Ulrich Michaels: dtv-Atlas zur Musik, Band II, Deutscher Taschenbuch Verlag und Bärenreiter, München, 1985, S. 474
  3. Klaus Wolters: Handbuch der Klavierliteratur zu zwei Händen, Atlantis Musikbuch-Verlag, Freiburg i. Br. und Zürich, 1977, S. 382
  4. Zitiert nach Max Kalkbeck: Johannes Brahms, Berlin, 1904-1914, Band II, (Nachdruck aus dem Jahre 1976), S. 117
  5. Online nachzulesen in Max Kalkbeck: Johannes Brahms, Band II, 1. Halbband, Kapitel III, 118, auf www.zeno.org
  6. Anm.: So besaß Brahms beispielsweise eine bedeutende Manuskriptensammlung von an die hundert Scarlatti-Sonaten, und veranstaltete eine Ausgabe von Werken Francois Couperins für Tasteninstrumente. (nach Die Musik - 1000 Jahre illustrierte Musikgeschichte (mit einem Vorwort von Karl Böhm), Unipart Verlag, Stuttgart, München, 1983, S. 131)
  7. Anm.: Zu einem der Leblingswerke von Brahms gehörten z.B. die sehr polyphonen Goldberg-Variationen von Bach. (nach Hans A. Neunzig: Johannes Brahms, Rowohlt Taschenbuch, Reinbek bei Hamburg, 17. Aufl., 1997, S. 62)
  8. Virginia Hancock: Brahms` Studium alter Musik und ihr Einfluß auf seine Chorwerke, (übersetzt von Monika Lichtenfeld); in Christiane Jacobsen (Hrsg.): Johannes Brahms - Leben und Werk, Breikopf & Härtel, Wiesbaden, 1983, S. 163
  9. Julian Littlewood: The Variations of Johannes Brahms, Plumbago Books, London, 2004, S. 92; Online hier nachzulesen
  10. Zitiert nach Constantin Floros: Die Werke für Klavier; in Christiane Jacobsen (Hrsg.): Johannes Brahms - Leben und Werk, Breikopf & Härtel, Wiesbaden, 1983, S. 122
  11. Constantin Floros: Die Werke für Klavier; in Christiane Jacobsen (Hrsg.): Johannes Brahms - Leben und Werk, Breikopf & Härtel, Wiesbaden, 1983, S. 122
  12. Hans A. Neunzig: Johannes Brahms, Rowohlt Taschenbuch, Reinbek bei Hamburg, 17. Aufl., 1997, S. 62 und 63
  13. Deutsche Orchestervereinigung: Das Orchester, Band 56, Ausgaben 1-5, Verlag Deutsche Orchestervereinigung, 2008, S. 57
  14. Clemens Kühn: Formenlehre der Musik, dtv/Bärenreiter, 4. Aufl., 1994, Kassel, S. 183 und 184
  15. Siehe die Noten in: Händel: Klavierwerke/Keyboard Works II - Zweite Sammlung von 1733 - Urtext der Halleschen Händel-Ausgabe, Bärenreiter-Verlag, BA 4221, Kassel, 1995, S. 5
  16. Siehe die Noten von Brahms im International Music Score Library Project.
  17. Julian Littlewood: The Variations of Johannes Brahms, Plumbago Books, London, 2004, S. 93 und 94

5 Andere Lexika

Wikipedia kennt dieses Lemma (Variationen und Fuge über ein Thema von Händel (Brahms)) vermutlich nicht.




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