Helmold I. von Höckelheim
Helmold I. von Höckelheim (1097/1144) wird in zwei Urkunden als Zeuge erwähnt. Das Dokument aus dem Jahr 1097 ist eine Fälschung des 12. Jahrhunderts[1] und zur Urkunde vom 26. Juni 1144 wird bemerkt, dass sie möglicherweise drei Monate später, als die Sachzusammenhänge es gestatteten, ausgefertigt wurde. "Trotzdem besteht kein hinreichender Grund, die Echtheit der Urkunde zu bezweifen."[2] Anzunehmen ist, dass Helmold I. von Höckelheim der Vater oder ein naher Verwandter von Bernhard I. (1150-1190) und Gottschalk I. (1170-1190) von Höckelheim/Plesse war. Da die Herren von Höckelheim zur Gruppe der "laici liberi" gehörten, traten sie bei Beurkundungen zufolge der im Mittelalter peinlich genau beachteten diplomatischen Rangfolge innerhalb der Zeugenreihen stets nach den Angehörigen des Klerus und immer vor den Ministerialen auf.[3]
Inhaltsverzeichnis
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1 Herkunft
Mangels belastbarer Quellen in Bezug auf die Herkunft der Herren von Höckelheim/Plesse liegen phantasievolle Spekulationen und sachliche Argumente in munterem Wettbewerb miteinander. Dabei gab es im Gerangel um das öfffentliche Ansehen die Tendenz, seine Vorfahren immer dann mit blühenden Phantasien und vornehmer Herkunft auszustatten, sobald man ins nicht mehr Belegbare vorstieß. Auf diese Weise wollte man im frühen 18. Jahrhundert die Herren von Höckelheim/Plesse auf möglichst herausragende sächsische oder fränkische Geschlechter zurückführen.[4] Diesem Zeitgeist folgte auch 1797 der hessische Landeshistoriker Wenck ausgesprochen kreativ und behauptete, die Herren von Höckelheim/Plesse entstammten dem Dynastengeschlecht der Grafen von Reinhausen.[5] Der Genealoge Scherwatzky mutmaßte noch im Jahr 1913, die Höckelheim-Abstammung ließe sich auf die Immedinger zurückführen, weil die Herren von Höckelheim/Plesse speziell in Höckelheim und einigen anderen Orten Grundbesitz des Bistums Paderborn zu Lehen trugen, der über den Immedinger Bischof Meinwerk an das Bistum gekommen sei.[6] Aber speziell in Höckelheim verfügten auch die Reichsabtei Corvey, die Grafen von Northeim (nach ihnen die Welfen) und Grafen von Padberg über Grundbesitz, so dass "die Annahme einer Identität des immedingischen Hofes mit dem späteren Plesser Besitz in Höckelheim … daher äußerst hypothetisch (ist)".[7]
Plausibel klingt ein Ansatz von Reinhard Wenskus, der die Herren von Höckelheim/Plesse als eine Seitenlinie der alten Padberger Grafen ansieht.[8] Sie verfügten im mittelalterlichen, nordhessischen Ittergau über größeren Besitz. Als ihr Ahnherr gilt – obwohl nicht belegbar – ein unehelich geborener Graf Bernhard von Padberg aus der Grafenfamilie der Haholde, dessen predium (Besitz) Padberg im Jahr 1030 von Kaiser Konrad II. an Bischof Meinwerk von Paderborn geschenkt wurde. Die Nachkommen jenes spurius Bernhard von Padberg, "die weiterhin eine enge Beziehung zu Paderborn unterhielten, wurden auf Besitzungen des Geschlechts östlich der Weser und auf das Erbe eines Großvaters mütterlicherseits, des Billings Graf Bernhard, abgedrängt. Im Besitzkomplex von Lengden wird dann 1070 der erste schon als Plesser anzusprechende liber Godescalc de Lengede genannt. Er besaß auch beträchtlichen Besitz in Höckelheim, wonach sich seine Nachfahren, die Herren von Höckelheim, seit der Mitte des 12. Jahrhunderts zeitweise nannten."[7] Die Herkunft der Herren Höckelheim/Plesse aus dem Stift Paderborn ist deshalb wohl kaum zu widerlegen.
Friedrich Berteau kommt zu einem fast deckungsgleichen Ergebnis in diesem Puzzle, denn nach seiner Darstellung hat ein Teil des Dorfes Höckelheim den Welfen gehört, deren Lehnsmänner sich zwar auch von Höckelheim nannten, die aber nicht verwechselt werden dürften mit den Herren von Höckelheim/Plesse, die dort als Lehsmänner des Paderborner Bistums ansässig waren.[9]. Dass es sich bei beiden Höckelheim-Sippen um verschieden Familien mit unterschiedlichem sozialen Rang handelte, wird z. B. in der Urkunde vom 27. Februar 1241 deutlich.[10]
Das Argument, wonach Gottschalk von Lengede (1070), Helmold I. von Höckelheim (1144) sowie Bernhard I. (1150-1190) und Gottschalk I. von Höckelheim/Plesse (1170-1190) in männlicher Linie miteinander verwandt sind, kann sich auf die traditionelle, erbrechtliche Praxis des Adels stützen, der seinen Allodial- und insbesondere Lehnsbesitz im Mannesstamm vererbte - feudum paternum. Weibliche Erbfolgen – speziell im Lehnsrecht – wären "eine verfassungsrechtliche Sensation"[11] gewesen und von einem solchen Vorrecht zugunsten der Herren von Höckelheim/Plesse ist damals und auch später nichts bekannt geworden. Es ist deshalb grundsätzlich - und auch hier - von einer Vater-Sohn-Besitzfolge auszugehen. Besitzfolgen zur gesamten Hand für den Fall, dass keine direkten männlichen Nachkommen vorhanden waren und folglich das Prinzip nur über weiter entfernte Agnaten gewahrt werden konnte, bedurften einer ausdrücklichen Bewilligung. Solche Privilegien seitens ihrer Lehnsgeber – beispielsweise der Reichsabtei Corvey, der Diözese Paderborn oder des Erzbistums Mainz – besaßen die Herren von Höckelheim/Plesse nach bisherigem Kenntnisstand nicht.
Es verbleibt eine Zeitlücke von vierundsiebzig Jahren zwischen Gottschalk von Lengede (1070) und Helmold I. von Höckelheim (1144), in die drei weitere genealogische Puzzlesteine passen.
- Da ist zunächst die gefälschte bzw. verfälschte Urkunde vom 26. Juli 1097, in der Kaiser Heinrich der IV. eine Bestätigung zugunsten des Klosters Helmarshausen (Bad Karlshafen) abgibt und in der ein Helmold von Höckelheim als Zeuge auftritt. "Diese Urkunde geht auf eine echte Vorlage zurück; gegenüber der Zeugenreihe, die den Namen Helmoldus de Huckelem enthält, ist allzu großes Misstrauen nicht angebracht.[12]
- Auf einen besser geeigneten Baustein stößt man über den Umweg, den eine Urkunde vom 12. Mai 1285[13] eröffnet und in der "Gottschalk von Plesse bekundet, dass das Kloster Corvey ein ihm verpfändetes Gut in Hullersen (OT Einbeck) wieder eingelöst hat." Da für Hullersen das Prinzip der Besitzkontinuität unter Höckelheim/Plesse-Agnaten anzunehmen ist, haben die dort für 1107 bis 1128 nachweisbaren Vorbesitzer namens Erp, Dietrich und Gottschalk dem Geschlecht der Herren von Höckelheim/Plesse höchstwahrscheinlich angehört.
- Zudem tritt Erp "unter der Kurzform Eppo bereits im Jahre 1103 als vir potens, als mächtige Person, hervor: Er hatte Lehen vom Kloster Corvey in Höckelheim und Hullersen, ist also in doppelter Weise mit den … Besitztiteln verbunden".[14] Auferdem waren Erp oder Eppo die Leitnamen der Grafen von Padberg, was in diesem Zusammenhang unbedingt erwähnt werden muss.
Aus allem ergibt sich, dass hoher Wahscheinlichkeit Lengede und Höckelheim die Namen verwandter Personen sein dürften. Dies sind die Gründe, warum man Gottschalk von Lengede (1070) durchaus an den Anfang der Familie stellen sollte und zwar nicht primär wegen seines Nachlasses in Lengede (cum quatuor mansis in Lenghede), über den die Herren von Plesse noch im Jahr 1288 verfügen konnten, sondern wegen seines auf sie überkommenen Besitzes in Höckelheim selbst. Nach derzeitigem Forschungsstand beginnt folglich mit Gottschalk von Lengede (1070) die Genealogie des Geschlechtes im Mannesstamm, ohne dass mit letzter Gewissheit gesagt werden kann, in welchem Verwandtschaftsverhältnis er und seine Nachkommen zueinander stehen – eine Vater-Sohn-Verwandtschaft zwischen diesen Personen liegt jedoch nahe.
2 Wappen
Helmold I. von Höckelheim besaß kein Wappen, denn Wappen gab es bis zu seiner Zeit noch nicht. Nach Josef Fleckenstein schuf man die erste heraldische Gestaltung eines Schildes in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts zur Grabausgestaltung des Grafen von Plantagenet († 1151). Er ist der Stammvater des englischen Königshauses und der Urgroßvater von Kaiser Otto IV.. Der Gebrauch von Wappen setzte sich aber erst in der Zeit nach Kaiser Friedrich I. († 1190) durch. "Die Ursache für die Wappenentwicklung hat man lange Zeit darin gesehen, dass der durch die Rüstung fast unkenntliche Kämpfer in der Schlacht durch ein individuelles Zeichen identifiziert werden sollte. … Es kam für den Ritter in der Schlacht …(aber) gar nicht darauf an, dass man ihn erkannte – dies konnte sogar gefährlich sein -, sondern dass man ihn durch ein kollektives Zeichen einer der beiden kämpfenden Parteien zuordnen konnte. Derartige Erkennungszeichen sind gut bezeugt."[15] Die Forschung führt deshalb heute die seit der Mitte des 12. Jahrhunderts einsetzende heraldische Wappenführung einzelner Adliger oder ganzer Geschlechter auf die Verfestigung der Struktur adliger Familien, deren Benennung nach einem Ort, vorzugsweise nach einer Burg, zurück. "Das Wappen wurde zum Ausweis und Erkennungszeichen der Familie und ihrer Mitglieder in der Öffentlichkeit der mittelalterlichen Adelsgesellschaft." Das Wappen konnte für seinen Träger in Gerichtsverhandlungen, als zerbrochener Schild über seinem Grab und nicht zuletzt als Erkennungsmerkmal bei Turnieren stehen. Der Schild wurde zum Inbegriff und Symbol des Rittertums - Schild, Helm und Helmzier (das Ziemer) sind seitdem die konstitutiven Bestandteile des adeligen Wappens.
In Gestalt einer Wappenrolle bzw. Liste der Banner - "Baniers pur lémpereur Otton" - ist eine Teilnehmerliste der Gäste anlässlich der (ersten) Krönung König Ottos IV. aus dem Jahr 1198 erhalten geblieben. Diese Liste hat den Rang der ältesten erhaltenen Wappenrolle überhaupt. Wegen seiner normannisch-englischen Herkunft und Erziehung verwundert es nicht, dass Otto IV. die Tradition seiner Vorfahren anlässlich der eigenen Inauguration nicht nur für sich zelebrierte, sondern sie auch seinem nächsten Umfeld näher brachte bzw. dass es dort bereitwillig kopiert wurde. Es ist naheliegend, dass der (mutmaßliche) Enkel Helmolds I. von Höckelheim - der Ritter Helmold II. von Plesse zu Beginn des 13. Jahrhunderts am welfischen Hof in Braunschweig die Anregung aufnahm, um sich und seiner Familie ein Wappen zu geben. Das Wappen befindet sich im Schatz der Stiftskirche zu Quedlinburg, dem Quedlinburger Wappenkästchen
3 Einzelnachweise
- ↑ PlesseUB Nr. 4, Fußnote 1); Urkundenbuch zur Geschichte der Herrschaft Plesse, 1998, Hrsg. J. Dolle
- ↑ PlesseUB Nr. 13, Fußnorte 1)
- ↑ "PlesseUB>PlesseUB z.B. Nrn. 13, 21
- ↑ Meier, Joachim: Origines et Antiqvitates Plessenses. Das ist Plessischer Ursprung und Denkwürdigkeiten. Verlag Joh. Christoph König, Leipzig 1713
- ↑ Wenck, Helfrich Bernhard: Hessische Landesgeschichte, Band 2, Teil 1, Frankfurt und Leipzig 1789
- ↑ Scherwatzky, Robert: Geschichte der Herrschaft Plesse. In: Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen 78 (1913), Seite 299-342.
- ↑ 7,0 7,1 Rösener, Werner: Die Herrschaft der Herren von Plesse: Aspekte einer mittelalterlichen Adelsherrschaft. In: Ein feste Burg – die Plesse, Interdisziplinäre Burgenforschung. Herausgeber: Thomas Moritz, Verlag Erich Goltze, Göttingen 2000, Seite 318 Referenzfehler: Ungültiges
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-Tag. Der Name „R.C3.B6sener“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert. - ↑ Wenskus, Reinhard: Sächsischer Stammesadel und fränkischer Reichsadel. Göttingen 1976, Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, 3. Folge, Seite 93
- ↑ Bertheau, Friedrich: Die Wanderungen des niedersächsischen Adels nach Mecklenburg und Vorpommern. In: Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen, 50. Jahrgang, 1915; Heft 1, Seite 1-37; Heft 4, Seite 366, Fußnote 50
- ↑ PlesseUB Nr. 126
- ↑ Petke, Wolfgang: Stiftung und Reform von Reinhausen und die Burgenpolitik der Grafen von Winzenburg im hochmittelalterlichen Sachsen. In: Burgenforschung in Südniedersachsen, herausgegeben von Peter Aufgebauer im Auftrag des Vereins "Freunde der Burg Plesse e.V.", Buchverlag Göttinger Tageblatt, Göttingen 2001, Seite 65-96
- ↑ Last, Martin: Die Burg Plesse. In: Plesse-Archiv 10 (1975), Seite 44
- ↑ PlesseUB Nr. 304
- ↑ Last, Martin: Die Burg Plesse. In: Plesse-Archiv 10 (1975), Seite 46
- ↑ Felckenstein, Josef: Rittertum und Ritterliche Welt. Siedlerverlag, Berlin 2002
4 Literatur
- Josef Dolle [Hrsg.]: Urkundenbuch zur Geschichte der Herrschaft Plesse (bis 1300). Hahnsche Buchhandlung Hannover, 1998 [Zitiert als PlesseUB]
- Plesse Archiv. Hrsg.: Flecken Bovenden. Schriftenreihe in jährlicher Folge (1966-1998). Gesamtherstellung Goltze-Druck Göttingen.
- Thomas Moritz [Hrsg.:]: Ein feste Burg - die Plesse. Interdisziplinäre Burgenforschung. Verlag Erich Goltze, Göttingen, 2000. ISBN 3-88452-350-3
- Felckenstein, Josef: Rittertum und Ritterliche Welt. Siedlerverlag, Berlin 2002.
5 Weblinks
6 Init-Quelle
Entnommen aus der:
Erster Autor: Plessen angelegt am 04.09.2010 um 23:48,
Alle Autoren: Plessen, Machahn, Am Altenberg, Wo st 01
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