Austauschpfändung
Eine Austauschpfändung ermöglicht die Pfändung eines an sich unpfändbaren Gegenstandes, indem im Austausch ein geringwertiger Gegenstand dem Schuldner überlassen wird.
Beispiel: Der Schuldner benötigt ein KFZ, um seinen Beruf auszuüben und besitzt einen neuwertigen, vollständig bezahlten Sportwagen. Der Gerichtsvollzieher pfändet den Sportwagen und überlässt dem Schuldner einen Kleinwagen.
Die Idee, man könne den neuwertigen Sportwagen durch einen gewöhnlichen Gebrauchtwagen ersetzen, entspricht jedoch nicht der aktuellen Rechtsprechung. So „ist dem Schutzzweck des § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nur dann genüge getan, wenn die Fortsetzung der Erwerbstätigkeit auch zukünftig und für einen nicht nur kurzfristigen Zeitraum gewährleistet ist. Der Schutz des Schuldners nach § 811 ZPO wäre unvollkommen, wenn das Ersatzstück nicht die annähernd gleiche Haltbarkeit und Lebensdauer wie der gepfändete Gegenstand aufweisen würde.“[1]
Bei einem KFZ ist nach dem Urteil auch auf die technischen Merkmale abzustellen. Das im Austausch zur Verfügung gestellte KFZ könnte, falls es sich nicht um ein Neufahrzeug handelt, umgehend technisch untersucht werden. (Hauptuntersuchung, Abgastest und Durchsicht weiterer sicherheitsrelevanter Teile wie Lenkung).
Weitere Hürden sind: Eigentumsvorbehalte von Dritten, wenn der gepfändete Gegenstand noch nicht vollständig bezahlt ist. Transport und Lagerungskosten. Beschaffung eines angemessenen Austauschobjektes. Genehmigung des Vollstreckungsgerichtes. Gerichtsvollziehergebühren.
Bei einem Fernseher wurde 2008 die Austauschpfändung eines LCD-Farbfernsehers im Wert von 1.400 € im Austausch gegen einen funktionstüchtigen Farbfernseher im Wert von 50 € und einen Bildschirm für den Internetzugang durch das Landgericht[2] für zulässig erklärt. Der Schuldner hatte vergeblich gerügt, der Wert des Fernsehers sei zu niedrig angesetzt gewesen, es würden für ihn seelische Beeinträchtigungen drohen und er könne sich nicht tagsüber ohne den gepfändeten Flachbildfernseher beschäftigen.
Zu berücksichtigen sind die Inflation seit dem Urteil, das allgemeine Ende der Röhrentechnik, das Zusammenwachsen von Fernsehen und Internetnutzung, der allgemeine technische Fortschritt und die unterschiedlichen Empfangstechniken.[3] Der Streit um die Pfändung technischer Geräte fing bereits mit dem der nationalsozialistischen Propaganda dienenden Volksempfänger an.[4]
Nach aktueller Rechtsprechung sind Haltbarkeit und Lebensdauer zu berücksichtigen.
Ungeklärt ist die Frage, ob ein Röhrenfernseher wegen der damit verbundenen Implosions- und Brandgefahr noch zumutbar ist. Röhrenfernseher waren zeitweise ein klassischer Verursacher von Wohnungsbränden.[5] Bestimmte Röhrenfernseher neigten aufgrund eines Konstruktionsfehlers zum Brand, z.B. Geräte von Grundig.[6] Bei manchen Geräten bestand die Gefahr aufgrund mangelhafter Verarbeitung, so bei Loewe und AHB.[7] Brennende Fernseher haben bereits zu Todesfällen geführt.[8] Pro Jahr gingen 50.000 Wohnungsbrände auf Elektrogeräte zurück, dabei war der Röhrenfernseher nach dem Wäschetrocker die nächsthäufigere Ursache.[9] Aufgrund der Bauart des Fernsehers folgt in kürzester Zeit ein erheblicher Brand mit erheblichen Schäden.[10]
Zulässig dürfte als Austauschpfändung beispielsweise sein:
Austausch des 30 Zoll LCD Fernseher (Versteigerung ca. 500 €) oder 50 Zoll Plasma Fernseher (Versteigerung ca. 700 €) gegen einen neuwertigen 21 Zoll Fernseher. (ca. 150 €).
Austausch eines hochwertigen KFZ jüngeren Datums (Versteigerung ca. 12.000 bis 50.000 €) gegen einen neuen Kleinwagen mit Herstellergarantie. (ca. 7.000 €).
Austausch der Luxusuhr (Versteigerung ca. 1.000 bis 10.000) gegen eine neuwertige Markenarmbanduhr (ca. 150 €).
Nach Abzug der Kosten bleibt ein Überschuss für den Gläubiger, der den Austausch rechtfertigt. Zugleich erhält der Schuldner ein Objekt gleicher Lebensdauer und Haltbarkeit.
Für Schuldner empfiehlt es sich, sich genau zu informieren und aktuellen Wert und technische Eigenschaften in Bezug auf Haltbarkeit und Lebensdauer für den Gerichtsvollzieher bereitzuhalten.
Lässt sich keine Einigung mit dem Gerichtsvollzieher erzielen, so ist gegen die Pfändung das Rechtsmittel der Erinnerung möglich. Außerdem kommen Beratungshilfe und Verfahrenskostenhilfe in Betracht, wenn der Rechtsstreit nicht mutwillig erscheint und Aussicht auf Erfolg bietet.
1 Vergleich zu Wikipedia
2 Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ Bundesgerichtshof (BGH) · Beschluss vom 16. Juni 2011 · Az. VII ZB 114/09 - online
- ↑ LG Wuppertal · Beschluss vom 17. September 2008 · Az. 6 T 599/08 - online
- ↑ daher sind die folgenden Ausführungen z.T. veraltet
- ↑ http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/37655/Haende-weg
- ↑ http://www.shz.de/lokales/flensburger-tageblatt/meldungen/fernseher-implodiert-wohnung-brennt-aus-id7217746.html
- ↑ http://ifs-ev.org/brandgefahr-durch-fernseher
- ↑ http://ifs-ev.org/bis-zur-ueberpruefung-nicht-mehr-einschalten
- ↑ http://www.tz.de/welt/geschwister-sterben-bei-feuer---fernseher-als-brandursache-66495.html
- ↑ http://www.schadenprisma.de/pdf/sp_2009_3_1.pdf
- ↑ Bild eines Zimmerbrandes
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