Augsburg (Historisch)

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Frauentorstraße gegen Norden

Augsburg ist ein Bezirksamt im bayr. Reg.-Bez. Schwaben und hatte 1890 rund 54.000 (20238 männl., 27762 weibl.) Einwohner, 72 Gemeinden mit 130 Ortschaften.

Die Stadt Augsburg (Augusta Vindelicorum der Römer) ist unmittelbare Stadt und Hauptstadt des bayr. Reg.-Bez. Schwaben und Neuburg, liegt 48°21' nördl.Br. und 10°54' östl. L. von Greenwich, in 499 m Höhe, an der Mündung der Wertach in den Lech, teils auf dem Rücken, teils am Abhange und Fuße der das Lech- und Wertachthal trennenden Anhöhe, hat ein Weichbild von 21,929 qkm und eine mittlere Jahrestemperatur von 6,63° C.

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1 Bevölkerung

Die Bevölkerung betrug 1885: 65905, 1890: 75629 (36522 männl., 39107 weibl.) E., d. i. eine Zunahme (1885-90) von 9724 oder 11,76 Proz., oder jährlich 1945 Personen, die Zahl der Geburten (1893) 2583, der Sterbefälle 2193, der Eheschließungen 665. In 4396 bewohnten Gebäuden waren 16676 Haushaltungen und 297 Anstalten. Dem Religionsbekenntnis nach waren 52186 Katholiken, 22178 Evangelische, 1128 Israeliten und 137 andere. In Garnison liegen das 1., 2. und 4. Bataillon des 3. Infanterieregiments Prinz Karl von Bayern, die 1., 2., 3., 5. Eskadron des 4. Chevaulegerregiments König und die 1. und 2. Abteilung des 4. Feldartillerieregiments König.


2 Anlage, Straßen, Plätze, Denkmäler

Die Stadt zerfällt in die innere Stadt und die sechs neuen Stadtteile (West-, Ost-, Süd-, Nord-End- und die beiden Wertach-Vorstädte). Nachdem die Entfestigung der innern Stadt (obere, untere Stadt und Jakober Vorstadt) durch königl. Signat vom 3. Okt. 1858 genehmigt war, erweiterte sich dieselbe über die Festungswerke hinaus, an deren Stelle öffentliche Anlagen traten am Königs- und Klinkerthorplatze, an der Kaiser- und Eserwallstraße, am Gesundbrunnen, Judenwall, Pfannstiel und Siebentisch. Die bemerkenswertesten Straßen der Stadt sind die Karolinen- und Maximiliansstraße, die vom Karolinenplatz im Norden bis zum Maximiliansplatz im Süden die Stadt durchschneiden und durch viele interessante alte Gebäude und die drei herrlichen Brunnen mit bronzenen Figuren (Augustus-, Merkur- und Herculesbrunnen), die beiden letztern von Adrian de Vries aus dem Haag 1599 und 1602, der erste von Hubert Gerhard von Herzogenbusch 1594 errichtet, einen großartigen Eindruck machen. Westlich davon die Volkhart-, Fugger- und Kaiserstraße auf der Stelle der frühern Festungswerke, östlich die Straße am Graben und endlich von Westen nach Osten gehend die Bahnhofs-, St. Anna- und Philippine-Welser-Straße mit der 1857 von König Ludwig der Stadt geschenkten, von Fr. Brugger modellierten Statue Joh. Jakob Fuggers, und ihre östl. Fortsetzung, die Jakoberstraße. Auf dem Fronhofe steht das 1877 errichtete Siegesdenkmal (1870-71) von Kaspar Zumbusch, mit bronzenen Figuren.

3 Kirchen

Von den 6 evang. Kirchen bemerkenswert:

  • St. Anna-Kirche, 1472-1510 in got. Stile erbaut, 1748 von Andreas Schneidmann in Barock umgestaltet, nachdem 1602 der obere Teil des Turmes von Elias Holl in Renaissance erneuert war, mit großartigem, 1512 von Jakob Fugger gestiftetem Grabmal der Fugger, dessen Skulpturen nach Zeichnungen Albrecht Dürers vielleicht von dem Augsburger Bildhauer Sebastian Loscher ausgeführt sind; ferner mit Gemälden (Jesus als Kinderfreund am Altar, Bildnisse Luthers und des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen von Lucas Cranach, Speisung der 4000 von Rottenhammer, die klugen und törichten Jungfrauen von Amberger), Bildhauerarbeiten, schöner Kanzel (1682 von Heinrich Eichler) und der von Konrad Hirn und dessen Ehefrau Afra 1425 gestifteten, neu restaurierten Goldschmiedskapelle im Osten (Wandgemälde aus der ersten Hälfte des 15. Jahrh.)
  • Barfüßerkirche (13. Jahrh.), im 14. und 15. Jahrh. umgestaltet, 1723 in Barock erneuert, mit Bildern oberdeutscher Meister des 17. und 18. Jahrh, und trefflicher Orgel
  • Jakoberkirche, 1440-60 erbaut, 1726 erneuert, mit Mauer (15. Jahrh.) und spätern Tafelgemälden; die Heiligekreuzkirche, nach Entwürfen von Krauß, 1653 in Barock erbaut, und
  • St. Ulrichskirche, 1458 erbaut, Anfang des 18. Jahrh, in Barock umgestaltet, mit wertvollen Gemälden und Goldschmiedearbeiten. Kath. Kirchen (16) und Kapellen sind der Dom, 995 -1065 als dreischiffige Pfeilerbasilika mit zwei Türmen in roman. Stile erbaut, im 14. Jahrh, um zwei Schiffe und den östl. Chor erweitert und gotisiert, kürzlich erneuert, mit alten (aus dem 11. Jahrh.) und neuen Glasfenstern, bronzenen Thürflügeln (um 1050 gefertigt, enthalten 35 Felder mit Figuren: Adam und Eva, die Schlange, Centauren u. s. w.), Altarbildern von Holbein dem ältern (1493) u. a., Bildnissen sämtlicher Bischöfe von 596 bis heute, kunstvollen Eisengittern, Kreuzgang mit zum Teil sehr alten Grabsteinen und dem an wertvollen Goldschmiedearbeiten reichen Schatze; die St. Ulrichskirche (1496-1500 von Burkhard Engelberger in spätgot. Stil, der Turm 1594 in Renaissance erbaut) mit drei Renaissancealtären (s. Tafel: Altäre II, Fig. 4), dem Grabmal des Hans Fugger aus carrarischem Marmor (von Alexander Colin aus Mecheln), 1877 von Schloß Kirchheim hierher versetzt in die durch ein schönes Eisengitter (1568) abgeschlossene Fuggerkapelle, einer großen bronzenen Kreuzigungsgruppe von Johann Reichel von Schongau (17. Jahrh.), Stuhlwerk und zahlreichen Reliquien (roman. Ulrichskelch in Goldschmiedearbeit); die St. Moritzkirche (1314 vollendet, Ende des 15.Jahrh, erweitert, später mehrfach umgestaltet) mit Grabmal des Apothekers Hofmair († 1427) und schönen Goldschmiedearbeiten
  • Heiligekreuzkirche (12. Jahrh, in roman. Stil erbaut, 1502 gotisiert, 1716 in Barock verkleidet) mit Deckenmalereien, silbernem Reliquienkästchen (13. Jahrh., von Conrad de Lindowe verfertigt und 1494 von Goldschmied Georg Seld mit gotischem monstranzartigen Aufbau versehen): die St. Georgskirche (1501 in got. Stil erbaut, später stark verändert, neuerdings renoviert)
  • St. Peterskirche mit dem Perlachturm (1066 erbaut, im 18. Jahrh, in Barock verkleidet; der Turm 1614 durch Elias Holl verändert); die
  • St. Maxkirche (1609 von den Fuggern gestiftet, später umgestaltet);
  • St. Stephanskirche (1458 erbaut, 1619 und 1755 verändert) dient jetzt dem 1835 von Ludwig I. gestifteten Benediktinerkloster; die Kirchen der Frauenklöster
  • St. Maria Stern mit Kloster der Franziskanerinnen, 1575 von Hans Holl, dem Vater des Elias Holl, in got. Stil erbaut, später bis auf den Turm verändert, und
  • St. Ursula mit Kloster der Dominikanerinnen, 16. Jahrh. u. a. Aufgehoben sind die Dominikanerkirche (16. Jahrh.; jetzt Lagerraum) und
  • St. Leonhardskapelle (zu dem alten von Bartholomäus Welser 1539 erbauten Welserbaus mit schönem Renaissanceerker gehörend).

4 Weltliche Bauten

Das 51 m hohe Rathaus, 1615-20 von Elias Holl in Renaissance erbaut, mit dem sog. Goldenen Saal (36 m lang, 19 m breit, 17 m hoch) in Barock; die ehemalige fürstbischöfl. Residenz am Fronhofe (1743 neu gebaut) mit schönem Treppenaufgang, jetzt Sitz der königl. Kreisregierung, wo «in der untern großen Stube» rechts vom Turme 25. Juni 1530 die prot. Fürsten dem Kaiser die Augsburgische Konfession überreichten; das Fuggerhaus (im 16. Jahrh. erbaut, später mehrfach verändert und erweitert) mit Resten von Wandmalereien (Renaissance 1515, wahrscheinlich von Hans Burgkmair), zwei ehemaligen Badezimmern (s. Tafel: Bäder I, Fig. 4), jetzt als Ausstellungszimmer des Kunstvereins dienend (Fresken von Antonio Ponzano, 1571) und einer mit 5 großen Gemälden von Ferdinand Wagner 1861-63 geschmückten Ostseite; das neue Theater, 1876-77 in modernem Renaissancestil von den Wiener Architekten Fellner und Hellmer erbaut; die neue Bibliothek, 1892-93 von Steinhäußer erbaut; das Maximiliansmuseum (16. Jahrh.) mit den Sammlungen des Historischen und Naturhistorischen Vereins, zwei prachtvollen Erkern, im Stil der Hochrenaissance; das Zeughaus (1602 im Übergangsstil von Renaissance zu Barock), über dessen Portal seit 1607 eine Bronzegruppe, St. Michael im Kampf mit dem Satan, von Reichel; der Wertachbruckerthorturm (1605), St. Anna-Gymnasium (1613), der Rote-Thorturm (1622), letztere vier Bauten von Elias Holl u. a.

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5 Vergnügungsorte und Umgebung

Unter den vielen dem Vergnügen und der Erholung dienenden Anlagen sind zu erwähnen in der Stadt: der Stadtgarten mit Anlagen und Konzerthalle, die Gärten der Gesellschaften Schießgraben und Frohsinn und eine Anzahl öffentlicher; außerhalb der Ablaß mit dem städtischen Wasserwerke (Aussicht auf Lechfluß und Alpen), Siebentisch (Anlagen und Wald), Jägerhaus bei Haunstetten, Palmenhaus und Sommertheater in Göggingen (s. d.), Leitershofen mit der Waldkuralpe Nervenheil, Fuggersches Schloß in Wöllenburg u. a.

6 Geschichte

Grundlage des heutigen A. ist die vermutlich von Kaiser Augustus nach Besiegung der Vindelicier 15 v. Chr. gegründete Kolonie Augusta Vindelicorum, von Tacitus infolge ihres schnellen Emporblühens splendidissima Rhaetiae colonia genannt; die zahlreich gefundenen röm. Denkmäler bestätigen diese Ansicht. Nach den Verwüstungen der Völkerwanderung wurde die Kolonie im 6. Jahrh. Bischofssitz und 924-973 von Bischof Ulrich regiert. Die Hunnen belagerten es 955, wurden aber auf dem Lechfeld geschlagen; 1084-88 von Herzog Welf IV. von Bayern zerstört, gelangte A. wieder zur Blüte und wurde 1276 Freie Reichsstadt (vgl. Stadtbuch von Chr. Meyer, Augsb. 1872); 1368 mußte das aristokratische Stadtregiment einem gemischten weichen, 1478 wurde der gewaltthätige Bürgermeister Ulrich Schwarz gehenkt; 1488-1534 gehörte A. dem Schwäbischen Bunde an. Durch die Thätigkeit seiner Bürger, besonders der Fugger und Welser, gelangte A. zu großem Glanz und polit. Bedeutung und wurde neben Nürnberg Hauptstapelplatz für den Handel des nördl. mit dem südl. Deutschland, zugleich aber Mittelpunkt der deutschen Kunst, die durch die Maler Holbein den Ältern, Burgkmair, Altdorfer, Amberger, Dienecker, Hopfer, die Bildhauer Beirlin, Erhart, Muschgat, Loscher, von Gießern, Zotmann, Löffler, die Goldschmiede Georg und Nik. Seld u. a. vertreten wurde, denen namentlich Kaiser Maximilian I. viele Aufträge gab. In A. sind viele Reichstage gehalten worden: 1518 verweigerte Luther dem päpstl. Legaten den verlangten Widerruf, am 25. Juni 1530 wurde die Augsburgische Konfession (s. d.) überreicht. Obwohl die Augsburger im Schmalkaldischen Kriege unter Führung ihres Bürgermeisters Jak. Hörbrot und des Feldhauptmanns Schertlin von Burtenbach den Feind arg bedrängten, mußten sie doch 1547 unter schweren Geldopfern Frieden mit Karl V. machen, der das Stadtregiment 1548 durch eine neue Verfassung ganz in die Hände des Adels brachte. Am 26. Sept. 1555 wurde der Religionsfriede (s. d.) zu A. geschlossen. Die Periode 1570-1620 ist die der höchsten Blüte und des Wohlstandes der Freien Reichsstadt, welcher der Dreißigjährige Krieg verderblich wurde. Das Restitutionsedikt wurde 1629 zuerst in A. vollzogen; 1632 hielt Gustav Adolf, 1635 die Kaiserlichen nach längerer Belagerung Einzug in die Stadt, deren Bevölkerung (1620: 45000 E.) 1645 auf 21018 gesunken war. 1703 wurde die Stadt vom bayr.-franz. Heere eingenommen und geplündert. Durch den Preßburger Frieden 1805 ging die Reichsfreiheit verloren, und 4. März 1806 erfolgte die Besitznahme durch Bayern. Der Bischof regierte seit dem 15. Jahrh, in Dillingen; sein Bistum (220 qkm) wurde 1803 durch den Reichsdeputationshauptschluß säkularisiert und fiel an Bayern.


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