Systemische Erlebnispädagogik

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Die Systemische Erlebnispädagogik ist eine erweiterte Form der Erlebnispädagogik, die sich über eine systemische Arbeitshaltung sowie ein entsprechendes Methodenrepertoire definiert. Sie räumt der Wirkung der Natur hohen Stellenwert für pädagogische und beratende Lern- und Entwicklungskontexte ein.

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1 Entstehung

Begründet wurde die systemische Erlebnispädagogik Mitte der neunziger Jahre von Astrid Habiba Kreszmeier und Hans-Peter Hufenus unter dem Namen Kreativ-rituelle Prozessgestaltung. Diese seit 2000 in Theorie und Praxis profilierte systemische Erlebnispädagogik der planoalto-Schule[1] wird in der Schweiz, in Österreich und Deutschland angeboten.[2] Sie kommt in der Arbeit mit Jugendlichen, Erwachsenen, Teams; in der Arbeit mit Gruppen wie in Einzelbegleitungen; in der Sozialpädagogik wie in der Beratung zum Einsatz.

2 Überblick

Die Hauptrichtung der erlebnispädagogischen Fachdebatte definiert Erlebnispädagogik im Kern über den Einsatz natursportlicher Medien. Daneben spielen Kooperations- oder Abenteuerspiele sowie Seilelemente eine Rolle.[3] Vorrangig wendet sie sich an Jugendliche. In der Praxis gibt es eine große Vielzahl erlebnispädagogischer Anbieter mit sehr unterschiedlichen Angeboten.[4] Systemische Erlebnispädagogik knüpft an die Erlebnispädagogik insgesamt an, indem sie auf ein Lernen über Erfahrung und Handeln setzt und die Natur als wesentliche Ressource dabei betrachtet. Sie unterscheidet sich darin, dass sie eine konsistente systemische Grundhaltung einnimmt, mit einem spezifischen Methodenrepertoire arbeitet und der Wirkung der Natur einen umfassenden Stellenwert einräumt. Den etablierten erlebnispädagogischen Modellen stellt sie ein eigenes Modell mit theoretischen Bezügen zu systemischen Ansätzen, Konstruktivismus sowie phänomenologischen und transpersonalen Ansätzen zur Seite.[5] Wesentliche Konsequenzen systemtheoretischer Annahmen sind für die systemische Erlebnispädagogik, dass Menschen und Gruppen über alle für ihr Leben notwendigen Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügen und Lösungen für Probleme immer vorhanden sind. Systemische Erlebnispädagogik arbeitet dafür, dass diese Ressourcen und Lösungen in intensiven Lernprozessen über Erfahrungen und Erlebnisse sichtbar werden. Sie begleitet Entwicklungs- und Lernprozesse von Jugendlichen und Erwachsenen, integriert also die Bereiche Erlebnispädagogik und Outdoor-Training. Sie versteht sich als eine pädagogische und beratende Disziplin, die mitunter im Grenzbereich von Erlebnispädagogik und Therapie arbeitet.[6] Das therapeutische Potential, das die systemische Erlebnispädagogik in der Praxis offenbarte, trug dazu bei, die systemische Naturtherapie[7] zu entwickeln. Im Vergleich zu anderen systemischen Fachrichtungen akzentuiert die systemische Erlebnispädagogik ihre Handlungsorientierung, den Einbezug der Natur und die ganzheitliche methodische Ansprache von Menschen.

2.1 Methodenrepertoire

Methodenfelder der systemischen Erlebnispädagogik sind: Naturerfahrung, Kreativtechniken, Szenische Arbeitsweisen, Rituelle Strukturen.[8] Das Methodenrepertoire wendet sich an die Handlungs- und Erfahrungskraft der Menschen, an schöpferische Kraft und ästhetischen Sinn. Es nutzt die Wirkkraft der Natur und die Dichte ritueller Formen. Ziel ist es, Ressourcen – auch unbewusste – sichtbar zu machen und neue Sichtweisen und Handlungsoptionen zu ermöglichen und in einem geschützten Rahmen zu erproben. Kreative, ganzheitliche und handlungsorientierte Methoden kommen auch als Mittel der Zielfindung wie der Reflexion zum Einsatz.[9] Die Umsetzung neuer Lernerfahrungen in Sprache erfolgt achtsam. Außerdem setzt die systemische Erlebnispädagogik initiatorische Strukturen[10] als Gestaltungselement von erlebnispädagogischen Programmen ein. Dazu gehören die Phasen der „Trennung vom Alten, ein prüfungsähnlicher Übergang und eine öffentlich gemachte und als neu erlebte Rückkehr“.[11] Sie sind eines der Mittel, Transfer und Nachhaltigkeit erlebnispädagogischer Unternehmungen zu bewirken. Systemische Erlebnispädagogik setzt damit auf ein Handeln und Erleben, dass „Wandel“ ermöglicht.[12]

2.2 Erlebnispädagogik und Natur

Systemische Erlebnispädagogik arbeitet so weit wie möglich draußen, das heißt, Gruppen sind Tag und Nacht im Freien unterwegs, errichten Schlafplätze, kochen am offenen Feuer, ziehen weiter zu einem anderen Platz. Sie hat für ihre Arbeit ein eigenes Konzept des Naturschutzes entwickelt.[13] Wenn natursportliche Medien zum Einsatz kommen, dann sind sie immer Mittel zum Ziel. Die Auswahl der Naturräume erfolgt in Abstimmung mit den Angeboten, Themen oder Anliegen.[14] Systemische Erlebnispädagogik ermöglicht Teilnehmern, sich von Naturqualitäten und dem metaphorischen Gehalt von Landschaften oder auch elementaren Qualitäten ansprechen zu lassen. Das geschieht natürlicherweise über das Unterwegssein und die notwendigen Arbeiten. Zudem kommen gezielt Anleitungen zur unmittelbaren, metaphorischen, energetischen Naturerfahrung zum Einsatz.[15]

Die Wirkung der Natur wird in der erlebnispädagogischen Literatur als dynamischer Spiegel beschrieben, der innere Prozesse, Strukturen, Handlungsmuster, Lebensthemen vor Augen führt.[16] Eine Erklärung dafür ist, dass die Natur starke Metaphern und Bilder bietet, darunter vor allem Metaphern des Lebens, die archetypische Themen berühren. Auch Handlungen wie das Anzünden und Hüten eines Feuers, das Zubereiten des Essens am Feuer oder das Waschen in einem Fluss werden in ihrem Potential gesehen, bei entsprechender Gestaltung des Rahmens Berührungen zu archetypischen Handlungen herzustellen. Damit wird eine weitere Wirkungsebene mit impulsgebenden Bildern für Lösungsschritte erschlossen wie sie das archetypische Modell der Erlebnispädagogik ausmacht.[17]

3 Systemisches Denken in der Erlebnispädagogik

Eine knappe Formel für die Erklärung der Welt aus systemischer Sicht lautet: Alles hängt mit allem zusammen. Systemische Erlebnispädagogik bezieht auch die als-belebt-verstandene Natur im weitest möglichen bzw. erlebbaren Sinn in eine solche Perspektive ein. Leitung, Teilnehmer und Natur werden als System einer erlebnispädagogischen Unternehmung angesehen.[18] Für ihre Handlungsmaximen zieht die systemische Erlebnispädagogik zentrale systemtheoretische Annahmen heran vgl. Systemtheorie, systemische Therapie:

3.1 Selbstorganisation

Grundlegend für systemische Theorien in Philosophie, Sozialwissenschaften und Naturwissenschaften ist das Prinzip der Selbstorganisation. Im engeren Sinn bezeichnet Selbstorganisation die Entstehung von Strukturen, also von eigener Ordnung, in einem „operational geschlossenen“ System.[19] In Übertragung auf die Kontexte systemischer Arbeit mit Menschen heißt das: Selbstorganisation erfolgt autonom und von innen heraus. Gleichzeitig sind Systeme offen für das, was sie von der Umwelt wahrnehmen. Der Fachbegriff dafür lautet „dissipative“ (offene) Selbstorganisation. Sie befinden sich in einem so genannten Fließgleichgewicht.[20] Dissipative Systeme erhalten ihre Stabilität und Identität gerade dadurch, dass sie für ihre Umgebung offen und ständig im Wandel sind. Im erlebnispädagogischen Kontext wird Selbstorganisation gesehen als die Fähigkeit von Menschen oder Gruppen, sich selbst zu erneuern, zu wandeln und zu erhalten. Damit verbunden sind natürlicherweise Bewegungen zwischen Ordnung und Chaos, zwischen Stabilität und Entwicklung.[21]

Eine weitere wesentliche Erkenntnis naturwissenschaftlicher Forschung war, dass lebende Organismen spontan eine neue Ordnung bilden können. Dabei ist nicht vorhersagbar, wie sie sich vermittels eigener Anziehungspunkte, so genannter „Attraktoren“, entwickeln. Besonders einflussreich für das heutige Verständnis der Selbstorganisation war das Konzept der Autopoiesis, wonach lebende Systeme die Elemente, aus denen sie bestehen, selbst produzieren und reproduzieren.[22] Niklas Luhmann knüpft hier seine Theorie sozialer Systeme an, die sich wesentlich über Kommunikation herstellen.[23] Systemische Erlebnispädagogik geht davon aus, dass Teilnehmerinnen wie auch Gruppen über alle notwendigen Ressourcen verfügen, um Krisen zu überstehen oder Aufgaben zu meistern. Und sie folgt der Annahme, dass Selbstorganisation in einer Weise gefördert werden kann, dass sie den Anliegen von Menschen hilfreich ist.[24] Attraktoren pädagogischer Prozesse sind die persönlichen Ziele der Teilnehmer bzw. die Auftragsziele. Die erlebnispädagogische Leitung macht auch Themen und Anliegen transparent, die daneben Aufmerksamkeit auf sich ziehen und bezieht sie ggf. mit ein.[25]

3.2 Konstruktivismus – Erkennen und Wahrnehmen

Mit der Theorie der Selbstorganisation von lebenden Organismen verknüpfte sich ein neues Verständnis der Wahrnehmungs- und Erkenntnisfähigkeit von Menschen, wurde die Erkenntnistheorie des Konstruktivismus populär. Bis dahin herrschte die Vorstellung, der Mensch nehme äußere Informationen auf und bilde sie in seinem Inneren getreu ab. Von der Systemtheorie wurde eine solche Repräsentation der äußeren Welt ersetzt durch die Vorstellung, dass der Mensch Informationen über die Umwelt erst erzeugt, und zwar durch Interaktion mit ihr. Diese Produktion von Informationen geschieht zirkulär und rekursiv. Das heißt, die Erkenntnisse bestimmen die Aktionen des Organismus und die Aktionen des Organismus wiederum bestimmen die Herstellung neuer Einsichten. Menschen handeln immer rückbezüglich, beziehen sich auf das, was sie wissen, wahrnehmen usw. Sie reflektieren ihren eigenen Zustand, stellen sich Fragen, suchen im Gedächtnis nach Anknüpfungspunkten oder „Anschlussfähigkeit“, kurz: sie drehen „selbstreferentielle“ Schleifen, bevor sie handeln.[26] Wahrnehmen und Erkennen werden somit verstanden als ein Vorgang der Erzeugung der Welt durch den wahrnehmenden Menschen. Realität ergibt sich durch erkennendes Tun, sie ist nicht als solche gegeben.[27]

Aus systemisch-konstruktivistischer Sicht macht sich der Organismus mithilfe von Informationserzeugungsprozessen Vorstellungen von sich selbst und der ihn umgebenden Welt. Da in dieser Sicht die Wirklichkeit in hohem Maße von Vorstellungen geprägt ist, liegt hier ein Ansatzpunkt systemischer Erlebnispädagogik für Veränderungen.

3.3 Phänomenologische Grundannahmen

In der systemischen Erlebnispädagogik werden konstruktivistische im Verbund mit phänomenologischen Annahmen herangezogen.[28] Phänomenologische Sichtweisen und die Vereinbarkeit beider Ansätze sind im Zusammenhang mit szenischer Arbeit, vor allem Aufstellungen oder Mythenspiel, thematisiert worden.[29] In systemisch-phänomenologischer Sicht liegt der pädagogische Ansatzpunkt nicht in den Konstrukten, sondern in der Wahrnehmung selbst.[30] „Phänomen“ meint im wörtlichen und ursprünglichen Sinne: Das was erscheint, das was klar vor uns liegt. In der Phänomenologie geht es darum, „zu den Sachen selbst“ zu gelangen. Sehr allgemein werden die Begriffe Phänomenologie und phänomenologisch für vorurteilsfreies Sehen und Beschreiben benutzt.[31] Es ist eine Grundüberlegung systemischer Erlebnispädagogik bei der Wahrnehmung anzusetzen, damit Klienten anders und anderes wahrnehmen und damit andere (förderliche) Wirklichkeiten konstruieren können.[32] Wahrnehmung wird dabei von zielgerichteter Beobachtung unterschieden. Sie versteht unter Wahrnehmung eine „unfokussierte, absichtsloses Kontaktaufnahme“ mit der Umgebung unter Aktivierung aller Sinne.[33] Ein Phänomen ist im Kontext erlebnispädagogischen Arbeitens etwas, das die Aufmerksamkeit eines Menschen auf sich zieht und vom Betrachter mit Bedeutung versehen wird. Eine solche Bedeutsamkeit wird durch Wiederholungen oder durch die Erfahrung, dass ein Kreis sich schließt, hergestellt. Eine Offenheit in der Wahrnehmung lässt zu, dass Phänomene als solche wahrgenommen werden. Wenn etwas die persönliche Aufmerksamkeit fesselt, dann ist dies pädagogisch gesehen ein guter Ausgangspunkt für einen Lern- oder Entwicklungsschritt.[34]

3.4 Konsequenzen und Anknüpfungspunkte

In systemischer Therapie, Pädagogik und speziell auch der Erlebnispädagogik besteht Einigkeit darüber, dass das Selbstorganisationskonzept im Bund mit konstruktivistischen Annahmen therapeutische und pädagogische Konzepte grundlegend ändert, mitunter wird sogar von einem Paradigmenwechsel gesprochen. Selbstorganisation entzieht sich direkter Einflussnahme und Lenkung. Die Pädagogik wandelte sich damit zu einer „Beratungswissenschaft“. Erzieherisches Handeln ist demnach Rat gebendes, die Selbstorganisation förderndes, unterstützendes Handeln. Neben solchen Impulsen zur Selbststeuerung rückte die Gestaltung des Kontexts mit seinem Anregungspotential in Blickfeld.[35] Auch Therapeutinnen und Berater richteten das Augenmerk immer mehr auf die Selbstorganisationslogik der Klienten und damit auf die Begrenztheit ihrer Einflussnahme. Therapeuten sahen sich nunmehr als Experten für das Anstoßen hilfreicher Prozesse, in denen Klienten andere, für sie heilsame Wirklichkeiten konstruieren und ausprobieren können. Interventionen gelten als hilfreich, wenn sie bisherige Bilder eher verstören als verfestigen.[36]

Wichtige Entwicklungslinien der systemischen Therapie und Beratung, die die systemische Erlebnispädagogik rezipiert und für ihren Arbeitsbereich adaptiert hat, sind die Familientherapie (Virginia Satir) mit ihren szenischen Methoden, die Mehrgenerationenperspektive, wie sie vor allem die Aufstellungsarbeit umgesetzt, die Lösungsorientierte Kurztherapie (Steve de Shazer) sowie die narrative Richtung systemischer Therapie.

Narrative Ansätze (vgl. Narrative Psychologie), die davon ausgehen, dass die Wirklichkeit aus Geschichten besteht, treffen sich mit Luhmanns Annahme, dass Sprache und die damit verknüpften Bedeutungszusammenhänge Realität in einem sozialen System herstellen. In dieser Sichtweise konstruiert jeder Mensch seine eigene Geschichte, Gruppen kreieren kollektive Geschichten. Auch die systemische Erlebnispädagogik konzentriert sich hier auf Ausnahmen, auf Ansätze für andere Geschichten. Diese Geschichten entstehen in der systemischen Erlebnispädagogik über Handlung, Erleben und Wahrnehmung.[37].

4 Handlungsmaximen

Leitmaximen der systemischen Erlebnispädagogik sind:

4.1 Erweiterung der Möglichkeiten

Eine wesentliche Maxime systemischer Therapie und Pädagogik für die Begleiter ist es, so zu handeln, dass sich der Möglichkeitsraum erweitert. Sobald Menschen neue Möglichkeiten zu denken, zu fühlen, wahrzunehmen haben, vergrößert sich die Möglichkeit, eine Lösung oder einen nächsten guten Schritt im Leben zu finden. Ihre Methoden lassen Menschen zu einer Frage eine neue Ansicht entwickeln, Lösungen ausprobieren, neue Aspekte wahrnehmen. Sie unterstützen so das Entstehen von förderlichen Informationen.

4.2 Wagnis des Lernens

Den Grundsatz, den Möglichkeitsraum zu erweitern, verfolgt die systemische Erlebnispädagogik in der gesamten Anlage ihrer Arbeit. Damit neue Erfahrungen gemacht werden, regt sie Teilnehmer dazu an, ihre Komfortzone zu verlassen. Sie folgt hier zugleich einem in Erlebnispädagogik und Projektmanagement etablierten Modell, wonach Lernen und Entwicklung immer außerhalb des vertrauten Bereichs stattfindet, in einer (geschützten) Wachstumszone, die wiederum Grenzen hat. Aus pädagogischen Gründen wird die Leitung Teilnehmerinnen animieren, ihre Komfortzone vorübergehend zu verlassen. Sie animiert dazu, ein Wagnis einzugehen, Neues auszuprobieren. Mit einer größeren Handlungs- und Denkvielfalt vergrößert sich der Komfortbereich, eine größere Beweglichkeit entsteht.[38] (vgl. auch Wagnis (Pädagogik))

4.3 Lösungs- und Ressourcenorientierung

Eine systemische Erlebnispädagogik richtet ihr Augenmerk auf die bei Menschen oder in einer Gruppe vorhandenen Ressourcen, also Fähigkeiten, Kräfte, Kenntnisse. Sie geht davon aus, dass das Potential und die Kompetenz für Lösungen bei Menschen und in Gruppen immer vorhanden sind. Die Leitung lenkt die Aufmerksamkeit also auf Ressourcen und Lösungen, unterstützt Lösungsimpulse. Problemen wendet sie sich dann mit ganzer Kraft zu, wenn sie Lösungen deutlich im Wege stehen. Die Leitung gestaltet den Rahmen so, dass Lösungen gefunden werden können.

4.4 Prozessorientierung

Die Leitung orientiert sich an den vereinbarten Zielen sowie an den Themen, die jeweils aktuell in einer erlebnispädagogischen Veranstaltung bedeutsam sind. Prozessorientierung beschreibt ein gleichzeitiges Einbeziehen von gegenwärtiger Situation und Ziel. Das Ziel wirkt wie ein Anziehungspunkt für das erlebnispädagogische Geschehen, es motiviert Lernschritte. Eine prozessorientierte Leitung folgt jedoch mitunter auch Umwegen, behält das Ziel im Seitenblick, wissend, dass es Umwege sein können, die zu einem sinnvollen Ergebnis für einen Menschen oder eine Gruppe führen.

4.5 Neugier

Menschen sind Experten ihrer selbst. Dies ist eine wesentliche Schlussfolgerung der Selbstorganisationstheorien. Die Leitung nimmt sich entsprechend zurück, interpretiert nicht und gibt keine Lösungen vor. Eine Haltung, die mit Fragen Interesse und Neugier zum Ausdruck bringt, unterstützt darin, dass Teilnehmer neue Aspekte entdecken, Lösungen finden. Diese Form der Begleitung folgt dem Prinzip: so viel Intervention wie nötig, so wenig wie möglich.

4.6 Sprachbegleitung

Adäquate Sprachbegleitung hat in der systemischen Erlebnispädagogik einen hohen Stellenwert. Eine systemische Haltung zeigt sich in einer Sprachbegleitung, die über auftauchende Ressourcen und Lösungen so spricht, dass sie verstärkt werden. Sie eröffnet neue Möglichkeiten, über etwas zu sprechen und erweitert über Techniken der Gesprächsführung (z.B. zirkuläres Fragen) Denkvarianten und Bedeutungsgebungen. Dabei knüpft sie an die Sprachwelt ihres Gegenübers an.[39]

5 Literatur

  • Konstanze Thomas, A. Habiba Kreszmeier: Systemische Erlebnispädagogik. Kreativ-rituelle Prozessgestaltung in Theorie und Praxis. Ziel Verlag, Augsburg 2007, ISBN 978-3937210964.
  • A. Habiba Kreszmeier, Hans-Peter Hufenus: Wagnisse des Lernens. Aus der Praxis der kreativ-rituellen Prozessgestaltung. Haupt, Bern 2000, ISBN 978-3258062167.
  • Andrea Zuffellato, A. Habiba Krezmeier: Lexikon Erlebnispädagogik. Theorie und Praxis der Erlebnispädagogik aus systemischer Perspektive. Ziel Verlag, Augsburg 2007,
    ISBN 978-3937210971.
  • Hans-Peter Hufenus: Handbuch für Outdoor-Guides. Theorie und Praxis der Outdoorleitung. 2. überarb. Aufl., Ziel Verlag, Augsburg 2003, ISBN 978-3934214934

6 Einzelnachweise

  1. Thomas/Zuffellato: planoalto In: Rückblick auf die letzten 10 Jahre Erlebnispädagogik. Internationale Zeitschrift für handlungsorientiertes Lernen Nr. 1&2, 2010, ISSN 0942-4857, S. 27-28.
  2. Heckmeier/Michl: Erleben und Lernen: Einführung in die Erlebnispädagogik, Reinhard Verlag, München 2004 (6. Aufl. 2008), ISBN 978-3497019632, S. 139f; Kreszmeier/Hufenus: Wagnisse des Lernens: Aus der Praxis der kreativ-rituellen Prozessgestaltung, Haupt, 2000, ISBN 978-3258062167, S.9-31
  3. Heckmeier/Michl: Erleben und Lernen: Einführung in die Erlebnispädagogik, Reinhard Verlag, München 2004 (6. Aufl. 2008), ISBN 978-3497019632, passim; Kreszmeier/Hufenus: Wagnisse des Lernens: Aus der Praxis der kreativ-rituellen Prozessgestaltung, Haupt, 2000, ISBN 978-3258062167, S.27f.
  4. Vgl. Weblinks Informationsdienst Erlebnispädagogik
  5. Zuffellato/Kreszmeier: Lexikon Erlebnispädagogik, 2007, Art. Modelle der Erlebnispädagogik, S. 238ff
  6. Zum fachlichen Selbstverständnis siehe Kreszmeier/Hufenus: Wagnisse des Lernens, 2000, S.146-153
  7. Kreszmeier: Systemische Naturtherapie, Carl-Auer-Verlag, 2008, ISBN 978-3896706232
  8. Methodenübersicht in: Kreszmeier/Hufenus: Wagnisse des Lernens, 2000, S.59ff; Thomas/Kreszmeier (Hrsg.) Systemische Erlebnispädagogik, 2007, S.7 – beide enthalten zudem zahlreiche Fallbeispiele aus unterschiedlichen Anwendungsfeldern und zehn Jahren Praxis; Zuffellato/Kreszmeier: Lexikon Erlebnispädagogik, 2007
  9. Zuffellato/Kreszmeier: Lexikon Erlebnispädagogik, 2007, Art. Reflexion
  10. Kreszmeier/Hufenus: Wagnisse des Lernens, 2000, S.178-183
  11. Kreszmeier/Pfirter: Erlebnis und Wandlung sind zweierlei In: Ferstl/Schettgen/Scholz (Hrsg.): Vom Nutzen des Nachklangs. Neue Wege der Transfersicherung bei handlungs- und erfahrungsorientierten Lernprojekten. Ziel Verlag, Augsburg 2004, ISBN 978-3937210131, S. 86-94, hier S. 91
  12. Kreszmeier/Hufenus: Wagnisse des Lernens, 2000, S.173-183
  13. Zuffellato/Kreszmeier: Lexikon Erlebnispädagogik, 2007, Art. Naturschutz
  14. Kreszmeier: Eine differenzierte Beschreibung von Naturräumen und ihrer Wirkung findet sich bei Kreszmeier: Systemische Naturtherapie, Carl-Auer-Systeme, Heidelberg 2008, ISBN 978-3896706232. Vgl. die Beiträge in: Der Wald als Lernraum Internationale Zeitschrift für handlungsorientiertes Lernen, Nr. 6, Augsburg 2004, ISSN 0942-4857.
  15. Kreszmeier/Hufenus: Wagnisse des Lernens, 2000; Zuffellato/Kreszmeier: Lexikon Erlebnispädagogik, 2007, Art. Metaphern
  16. Exemplarisch Kreszmeier: Systemische Naturtherapie, Carl-Auer-Systeme, Heidelberg 2008, ISBN 978-3896706232, S. 43-52
  17. Vgl.http://www.systemische-prozessgestaltung.de/a_bis_z_natur.html Stand 17. März 2010; Grundlagenliteratur dazu: Kreszmeier: Systemische Naturtherapie Kap. „Topographische Inspirationen“, Carl-Auer-Systeme, Heidelberg 2008, ISBN 978-3896706232, S. 118-145; Kreszmeier/Hufenus Wagnisse des Lernens, 2000; siehe auch Hufenus: Kochen im Outdoor: Feuer, Bucher Verlag, Hohenems 2008, ISBN 978-3902612632; Zur Arbeit mit Archetypen Zuffellato/Kreszmeier: Lexikon Erlebnispädagogik, 2007, Art. Modelle der Erlebnispädagogik, Art. Archetypen.
  18. Vgl. dazu Bettina Grote: Was ist systemische Erlebnispädagogik? Ein Arbeitspapier, 2006, verfügbar unter http://www.systemische-prozessgestaltung.de/fachliteratur.html verfügbar am 17. März 2010; Kreszmeier/Hufenus: Wagnisse des Lernens, 2000; Zuffellato/Kreszmeier: Lexikon Erlebnispädagogik, 2007.
  19. Heidelberger, Michael: Art. Selbstorganisation. In: Ritter/Gründer/Gabriel (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie. Schwabe, Basel 1971ff, Bd. 9, 1995, ISBN 978-3796507021, Sp. 509-514; Zuffellato/Kreszmeier: Lexikon Erlebnispädagogik, 2007, Art. Selbstorganisation.
  20. Heidelberger, Michael: Art. Selbstorganisation. In: Ritter/Gründer/Gabriel (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie. Schwabe, Basel 1971ff, Bd. 9, 1995, ISBN 978-3796507021, Sp. 509-514;
  21. Zuffellato/Kreszmeier: Lexikon Erlebnispädagogik, 2007, Art. Selbstorganisation.
  22. Paslack/Knost: Zur Geschichte der Selbstorganisationsforschung. Ideengeschichtliche Einführung und Biographie (1940-1990)(Reihe Report Wirtschaftsforschung; 37), Kleine Verlag, Bielefeld 1990, ISBN 3-89370-141-9; Paslack: Urgeschichte der Selbstorganisation. Zur Archäologie eines wissenschaftlichen Paradigmas(Reihe Wirtschaftstheorie, Wissenschaft und Philosophie; 32), Viehweg, Braunschweid 1991, ISBN 3-528-06423-4; Maturana/Varela: Der Baum der Erkenntnis. Die biologischen Wurzeln des menschlichen Erkennens., Goldmann, München 1990, ISBN 978-3442114603
  23. Luhmann: Einführung in die Systemtheorie, Carl-Auer-Systeme, Heidelberg 2002, ISBN 978-3896704597
  24. Zuffellato/Kreszmeier: Lexikon Erlebnispädagogik, 2007, Art. Autopoiese.
  25. Zuffellato/Kreszmeier: Lexikon Erlebnispädagogik, 2007, Art. Attraktor.
  26. Luhmann: Einführung in die Systemtheorie, Carl-Auer-Systeme, Heidelberg 2002, ISBN 978-3896704597, S. 98f.
  27. Heidelberger: Art. Selbstorganisation. In: Ritter/Gründer/Gabriel (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie. Schwabe, Basel 1971ff, Bd. 9, 1995, ISBN 978-3796507021
  28. Kreszmeier/Hufenus: Wagnisse des Lernens, 2000
  29. Kreszmeier: Systemische Naturtherapie, Carl-Auer-Systeme, Heidelberg 2008, ISBN 978-3896706232, S. 45f; Zur Vereinbarkeit beider Ansätze im therapeutischen Kontext siehe die Beiträge von Siegfried Essen und Insa Sparrer in: Weber (Hrsg.): Derselbe Wind lässt viele Drachen steigen. Systemische Lösungen im Einklang. Carl-Auer-Systeme, Heidelberg 2001, ISBN 978-3896701244; vgl. zur Aufstellungsarbeit das Verständnis von Hellinger: Ordnungen der Liebe. Ein Kursbuch., Carl-Auer-Systeme, Heidelberg 2002, ISBN 3-89670-277-7, S. 20-28, hier 24f; Baxa/Essen/Kreszmeier (Hrsg.): Verkörperungen. Systemische Aufstellungen, Körperarbeit und Ritual. 2. erw. Aufl., Carl-Auer-Systeme, Heidelberg 2004, ISBN 978-3896704436;
  30. Kreszmeier/Hufenus: Wagnisse des Lernens, 2000.
  31. Janssen, Paul: Art. Phänomenologie. In: Ritter/Gründer/Gabriel (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie. Schwabe, Basel 1971ff, Bd. 9, 1995, ISBN 978-3796507021, Sp. 486-505, hier 503.
  32. Kreszmeier/Hufenus: Wagnisse des Lernens, 2000, S.34
  33. Zuffellato/Kreszmeier: Lexikon Erlebnispädagogik, 2007, Art. Wahrnehmung; Zum Wahrnehmungsbegriff in szenisch therapeutischen Arbeitsformen vgl. Essen: Systemische Weltsicht und Bibliodrama. Szenisches Spiel und die Wirkung leiblichen Verstehens., 2. überarb. Auflage, (Bibliodrama-Kontexte; 32), EB Verlag, Schenefeld 2005, ISBN 3-930826-93-3; Kreszmeier: Systemische Naturtherapie, Carl-Auer-Systeme, Heidelberg 2008, ISBN 978-3896706232, passim
  34. Kreszmeier: Im Spiel der Phänomene. In: Thomas/Kreszmeier: Im Systemische Erlebnispädagogik, 2007, S. 10
  35. Vgl. Huschke-Rhein: Systemische Erziehungswissenschaft. Pädagogik als Beratungswissenschaft. Beltz, Weinheim 1998, ISBN 978-3892717874
  36. v. Schlippe/Schweitzer: Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung. 9. Aufl., Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2003, ISBN 978-3525456590, S. 51f., S. 64f.
  37. v. Schlippe/Schweitzer: Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung. 9. Aufl., Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2003, ISBN 978-3525456590; Zuffellato/Kreszmeier: Lexikon Erlebnispädagogik, 2007, Art. Narrative Ansätze; Eine Form der praktischen Umsetzung narrativer Ansätze in der Pädagogik und Beratung ist das Konzept „roadmovie“, vgl. dazu: Thomas, Konstanze: Das grösste Abenteuer ist das Leben selbst. Roadmovie – ein erlebnispädagogisches Konzept systemisch-narrativer Pädagogik. In: Ferstl/Scholz/Thiesen (Hrsg.):Wirksam lernen, weiter bilden, weiser werden. Erlebnispädagogik zwischen Pragmatismus und Persönlichkeitsbildung. Ziel Verlag, Augsburg 2006, ISBN 978-3937210865, S. 347-355
  38. Zuffellato/Kreszmeier: Lexikon Erlebnispädagogik, 2007, Art. Komfortzonenmodell.
  39. Thomas,K: Perspektiven systemischer Sprachführung. In: Thomas/Kreszmeier: Im Systemische Erlebnispädagogik, 2007, S. 74; Vgl. Beiträge in: Sprache und Erlebnis. Zwischen Frontloading und Feedback Internationale Zeitschrift für handlungsorientiertes Lernen, Nr. 1, 2006, ISSN 0942-4857, S. 18-21.; Zuffellato/Kreszmeier: Lexikon Erlebnispädagogik, 2007, Art. Sprachbegleitung und Zirkuläre Fragen.



7 Init-Quelle

Entnommen aus der:

Erster Autor: Thoko2010 angelegt am 17.03.2010 um 18:50,
Alle Autoren: Regi51, Thoko2010, Knoerz, KliSo, Aka, Drahreg01, Müdigkeit, A1000

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