Six épigraphes antiques

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Die Six épigraphes antiques (L 131) aus dem Jahr 1914 sind ein aus sechs Einzelstücken bestehendes Klavierwerk von Claude Debussy aus dessen Spätphase. [1] Es wurde von Debussy ursprünglich für vier Hände gesetzt, ein Jahr darauf aber von ihm selber auch für zwei Hände arrangiert. Das Werk beruht hauptsächlich auf thematischem Material der um 1900 von Debussy komponierten Musique de scène pour les "Chansons de Bilitis" (L 96) nach Texten von Pierre Louÿs. [2] Uraufgeführt wurde das Werk vermutlich am 17. März 1917. [3]

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1 Charakteristik der Stücke

Die kurzen, "pianistisch sehr differenzierten Stücke von großer Klangschönheit und sehr delikaten Klavierreizen" [4] sind in ihrer sparsam-kargen und durchsichtigen Kompositionsweise typisch für Debussys späten, klassizistischen, und von einer "gewissen Abgeklärtheit der Diktion und endgültigen Freiheit von formalen Lösungen" [5]geprägten Stil. [6] Pianistische Spielerei bzw. gar virtuose Effekthascherei tritt hier gegenüber einer "keusch-modalen und in Abkehr von der Eleganz seiner früheren Werke", [7] fast gänzlich in den Hintergrund. Dies zeigt sich z.B. in mehrtaktigen schlicht einstimmigen oder in Terzen gesetzten Passagen der linken oder auch rechten Hand (siehe z.B. beispielhaft die ersten sechs Takte des zweiten Stückes), einer häufig sehr einfachen Begleitung in einzelnen Basstönen, Terzen oder Grundakkorden. Auch das weite Auseinanderklaffen der Register im Gegensatz von sehr hohen und sehr tiefen Tönen, oft ohne Ausfüllung der Mittellage, ist in dieser Intensität in den früheren Werken Debussys nicht so oft anzutreffen.

Andere musikalische Gestaltungselemente des Stückes waren schon immer typisch für das musikalische Schaffen Debussys. Dazu zählen u.a.:

  • Der Einsatz von antiken/mittelalterlichen Modi und von "exotischen Tonleitern" z.B. aus dem ostasiatischen Raum, der Einsatz nahöstlicher "Orientalismen", [8] von Fünftonskalen (Pentatonik), die Verwendung der Ganztonleiter [9] sowie eine sehr freie Tonalität. [10]
  • Die Verschleierung eines fundamentalen Rhythmus bzw. die Etablierung eines freieren Gefühls durch Überbindung über Taktgrenzen hinweg, und/oder einen häufigen Taktwechsel, sowie ein Wechsel zwischen binärem und ternärem Metrum.
  • Eine bei Debussy zum Teil anzutreffende Tendenz, die Gestaltung mittels thematischer oder formalen Kriterien zugunsten rein klanglicher Merkmale (Klangmalerei) in den Hintergrund treten zu lassen. [11] [12]

Das MGG sieht in den Six épigraphes antiques und anderen Spätwerken Debussys eine "Entwicklung auf letztes Gleichgewicht und Synthese von harmonischer Klanglichkeit und ausgewogener, ungebrochener, gewiß arabeskenhafter Melodielinie, auf immer größere Durchsichtigkeit, also wesentliche Konturzeichnung". [13]

2 Die einzelnen Titel

Die einzelnen Titel lauten:

  • Pour invoquer Pan, dieu du vent d'été - Eine deutsche Übersetzung wäre "Um Pan anzurufen, den Gott des Sommerwindes"
  • Pour un tombeau sans nom. - Übersetzung in das Deutsche: "Für ein namenloses Grab"
  • Pour que la nuit soit propice. - Ungefähr zu verstehen als "Dafür dass die Nacht günstig sei"
  • Pour la danseuse aux crotales. - Auf Deutsch: "Für die Tänzerin mit Kastagnetten"
  • Pour l'égyptienne. - Dies heißt "Für die Ägypterin".
  • Pour remercier la pluie au matin. - In das Deutsche übersetzbar mit "Um dem Regen am Morgen zu danken"

2.1 Pour invoquer Pan, dieu du vent d'été

  • Der mit der Vortragsbezeichnung Modéré - dans Le Style d'une pastorale versehene Titel in d-Moll umfasst 36 Takte und dauert um die zweieinhalb Minuten.
  • Es beruht auf dem zweiten Gedicht aus Les chansons de bilitis von Louÿs dass folgendermaßen beginnt:
"Chant Pastoral: Il faut chanter un chant pastoral, invoquer Pan, dieu du vent d’été." [14]
  • Das Stück kann man, zumindest nach den gesetzten Doppeltaktstrichen, als dreiteilig deuten.
  • Teil A beginnt mit einer zum Teil im antiken/mittelalterlichen dorischen Modus gehaltenen [15] einstimmigen Melodie der rechten Hand (Takt 1-3). Die Takte drei bis sechs wiederholen diese Melodie mit einer zurückhaltenden Begleitung aus diatonisch an- und absteigenden Terzen in der linken Hand. [16] Nach einem C-Dur-Arpeggio mit dynamischem Höhepunkt auf einem mezzoforte in Takt sieben folgt ein dritter Durchgang des Melodiemodells, dies mal allerdings mit einer Begleitung aus schrittweise diatonisch hochversetzten Dreiklängen. Die folgenden sieben Takte setzen sich durch schnelle, wellenförmige 16-tel-Läufe über dem Septnonakkord von g-moll, aber auch einem Aufgreifen der Anfangstakte, von den ersten neun Takten ab.
  • Teil B beginnt eigentlich schon damit dass Debussy in Takt 16 mit Terzfiguren in der rechten Hand beginnt und das Tempo mit der Anweisung En retenant zurückfährt, sowie die Dynamik auf pp begrenzt. Ab Takt 17 beginnt dann mit einer Temposteigerung (Un peu pius mouvemente) eine 16-tel-Bewegung in Terzen der rechten Hand, die von einstimmigen Linien der linken Hand weitergeführt/ergänzt bzw. beantwortet wird. Im vierten Takt dieses Abschnitts (real Takt 20) erfolgt ein Ruhepunkt auf langgehaltenen C-Dur-Akkorden. Danach wird die anfängliche Terzbewegung - nun intensiviert und durch Oktavbässen und später Akkorde der linken Hand verstärkt - weitergeführt.
  • Die letzten sechs Takte können - zumindest nach der Doppelstrichunterteilung und der auf den Anfang zurückverweisenden dynamischen Bezeichnung Io Tempo als eigener Abschnitt C begriffen werden. Takt 31 und 32 bestehen aus parallel verschobenen Viertel-Akkorden in beiden Händen. Die letzten vier Takte greifen dann noch ein mal das melodische Anfangsmodell des Stückes auf. [17]

2.2 Pour un tombeau sans nom

  • Der mit der Vortragsbezeichnung Triste et lent bezeichnete Titel umfasst 35 Takte und dauert ungefähr dreieinhalb Minuten.
  • Zugrunde liegt das Gedicht Nummer 59 von Louÿs mit der Anfangszeile "Mnasidika m’ayant prise par la main me mena hors des portes de la ville, ..." [18]
  • Er beruht im wesentlichen auf der Ganztonleiter (as - b - c - d - e - fis). Eine wichtige Rolle in diesem Stück spielt ferner das Intervall der Sekunde.
  • Man kann das Stück zur Analyse in zwei bzw. drei Abschnitte unterteilen. [19]
  • Die ersten sechs Takte sind einstimmig gehalten. Das später weiter verwendete Thema in der rechten Hand wird von der zweimaligen Tonfolge d, b, as und d in der linken Hand in tiefer Basslage abgelöst. Darauf hin folgt wieder die rechte Hand mit einer abwärts sequenzierten Figur. Von Takt sieben bis Takt zwölf werden die obig erwähnten Themen der rechten Hand mit dem abwärts geführten Bass aus den Takten drei und vier kombiniert. Zu den Basstönen treten über diesen liegende, gleichbleibende Sekundintervalle (ges und as) in der linken Hand, sowie eine - registermäßig unterhalb des Themas liegende- ebenfalls gleichbleibende Figur (d und c) in der rechten Hand. Vom Klangbild ergibt sich dadurch eine relativ dichte Textur und ein starker Kontrast zur kargen Einstimmigkeit der ersten sechs Takte.
  • Takt 12 bis 24 (Teil B) bestehen aus eher klanglichen Reizen ohne den Einsatz bzw. die Verarbeitung von Themen. Lang ausgehaltene Okaven in hoher Lage erinnern an Glocken und kontrastieren mit wenigen, ebenfalls lang ausgehaltenen Basstönen. Dynamischer Höhepunkt ist hier Takt 16 und 17 mit chromatisch auf- und abwärts geführten Sekundintervallen bzw. Dreiklängen mit Sekundvorhalt in der linken Hand.

2.3 Pour que la nuit soit propice

Hier ist die Vortragsbezeichnung Lent et expressif vermerkt.

2.4 Pour la danseuse aux crotales

2.5 Pour l'égyptienne

2.6 Pour remercier la pluie au matin

3 Bearbeitungen für Orchester

Der schweizer Dirigent und Musikwissenschaftler Ernest Ansermet fertigte im Jahr 1932 eine Orchsterbearbeitung der Six Épigraphes antiques an. [20]

4 Weblinks

4.1 Noten

4.2 Audio


5 Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Christoph Rueger (Hrsg.): Harenberg Klaviermusikführer - 600 Werke vom Barock bis zur Gegenwart, Band I, Verlag Harenberg, 1998, S. 304
  2. Theo Hirsbrunner: Claude Debussy und seine Zeit, Laaber-Verlag, 2002, S. 33 und 119
  3. Theo Hirsbrunner: Claude Debussy und seine Zeit, Laaber-Verlag, 2002, S. 239
  4. Klaus Wolters: Handbuch der Klavierliteratur zu zwei Händen, Atlantis Musikbuchverlag, 2. Aufl., Zürich und Freibug i. Br., 1977, S. 423
  5. Thomas Kahlcke: Der Weg zum klanglichen Universalismus - Claude Debussy: Das Klavierwerk II; aus dem Booklet der Doppel-CD von Werner Haas und Noel Lee: Debussy - Das Klavierwerk, Philips Classics Productions 438 721-2 aus dem Jahr 1993
  6. Thomas Lefeldt: artmusic; auf www.lefeldt.de
  7. William Mann (mit einem Vorwort von James Galway): Geschichte der Musik - Von der Antike bis zur Gegenwart, Schuler Verlagsgesellschaft, Herrsching am Ammersee, 1982, 273
  8. Siehe dazu z.B. das Kapitel Der Orient und die Antike (S. 111 - 124) in Theo Hirsbrunner: Claude Debussy und seine Zeit, Laaber-Verlag, 2002
  9. Selbst der dem Nationalsozialismus nahestehende Musikwissenschatler Hans Schnoor schreibt z.B. in Geschichte der Musik, C. Bertelsmann Verlag, 9. - 13. Tausend, 1954 auf Seite 563 hier zu in Anerkennung der Wirkung von Debussy: "Als Erfinder oder, besser gesagt, als erster Systematiker der "Ganztonleiter" hat er die Welle einer kompositorischen Praxis, nachher sogar einer tonsetzerischen Routine in Bewegung gesetzt, die nach Deutschland hinüberflutete."
  10. Thomas Kahlcke: Der Weg zum klanglichen Universalismus - Claude Debussy: Das Klavierwerk II; aus dem Booklet der Doppel-CD von Werner Haas und Noel Lee: Debussy - Das Klavierwerk, Philips Classics Productions 438 721-2 aus dem Jahr 1993
  11. MGG, Band III (Daquin-Fechner), Bärenreiter, München, 1989, S. 72 und 73
  12. Zur Verselbständigung des Elements des Klanges bzw. der Klangfarbe bei Debussy und anderen Zeitgenossen siehe die ausführliche und detaillierte Darstellung im Kapitel Auflösung der Orchesterstruktur im Imperssionismus in Hermann Erpf: Handbuch der Instrumentation und Instrumentenkunde, B. Schott`s Söhne, Mainz, 1959, S. 264 bis 275
  13. MGG, Band III (Daquin-Fechner), Bärenreiter, München, 1989, S. 73
  14. Pierre Louÿs: Les chansons de bilitis - Traduites du grec; auf http://fr.wikisource.org
  15. Thomas Lefeldt: artmusic; auf www.lefeldt.de
  16. Anm.: Die Zuordnung von linker und rechter Hand bezieht sich hier auf die zweihändige Version von Debussy.
  17. Die Analysen zu den Teilen A, B und C beruhen auf den Erkenntnissen des Pluspedia-Autors Pfitzners Hansi und nicht auf referenzierbarer musikwissenschaftlicher Literatur.
  18. Pierre Louÿs: Les chansons de bilitis - Traduites du grec; auf http://fr.wikisource.org
  19. Anm.: Der reine Notentext legt keine klare Gliederung fest. Dynamikbezeichnungen und Doppeltaktstrich legen eher eine Zweiteiligkeit nahe.
  20. Werner Oehlmann (Hrsg.): Reclams Klaviermusikführer - Von Franz Schubert bis zur Gegenwart, Band II aus Reclams Klaviermusikführer, 7. Aufl. , Verlag Reclam, 1994, S. 629

6 Andere Lexika

Wikipedia kennt dieses Lemma (Wolfhound) vermutlich nicht.




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