Neutrophil extracellular traps

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Neutrophil extracellular traps (blau) binden Staphylococcus aureus (grün)
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Neutrophil extracellular traps und Leishmanien SEM
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1 Kurzorientierung

NETs sind aus Neutrophilen Granulozyten hervorgebrachte DNA-Knäuel, welche, mit Immunabwehrstoffen besetzt, Bakterien und andere Strukturen wie ein Spinnennetz das Insekt festhalten, an ihrer Wanderung oder Gewebsinvasivität hindern und extrazellulär inaktivieren. Sie tragen etwa zur Hälfte zur "innaten" Keimelimination bei.

2 Struktur

Zellkern DNA des Neutrophilen Granulozyten noch auf Histonen aufgespult, aber mit abgelösten Linkerhistonen, somit strukturell teilentfaltet. Anhaftend folgende, meist aus den azurophilen Granulen des PMN entstammende Substanzen: NOX2-NADPH Oxidase, Myeloperoxidase, Proteinase PR3, Neutrophil-Elastase, LL-37, Cathelicidin, Lactoferrin, BPI, Pentraxin 3, Cathepsin G, MMP9, Peptidoglycan Recognition Proteins und weitere.

3 Entstehung

Ein in den Grundzügen verstandener zellbiologischer Vorgang führt dazu, daß der aktivierte (IL8, C5a, LPS, H2O2, PMA, Mikroben) Neutrophile Granulozyt seine auf mehreren Strukturebenen komprimierte DNA "entfaltet" (z.B. wird durch eine PAD4-vermittelte biochemische Reaktion aus der Strukturaminosäure Arginin Citrullin gemacht, dieses geschieht z.B. an mehreeren Histon Komponenten, wodurch eine DNA Kompressionsebene aufgelöst wird. Neutrophilic Elastase zersetzt im Zellkern die Histone). Gleichzeitig wird die Hülle des Zellkerns durchlässig bzw. aufgelöst. Außerdem gelangen innere Bestandteile der sog. azurophilen Granulen (Vorläufer der Phagolysosomen) an diese strukturaufgelockerte DNA und binden daran. Wenn sich die Zelle aufgelöst hat, wird diese modifizierte DNA als "Netz" freigesetzt und entfaltet ihre Immunabwehraufgabe. Ein Neutrophiler Granulozyt führt folgendes Funktionskontinuum aus: Er bindet über Komplement- und Fc Rezeptoren opsonierte Keime, phagozytiert sie und verdaut sie in einer speziellen Organelle, dem Phagolysosom, bis er sich selbst verdaut und samt Inhalt verschwindet. Erst seit 2004 wissen wir, daß dieses die Hälfte der Geschichte ist. Denn zwei Stunden nach "Aktivierung" beginnt ein Vorgang der Selbstzersetzung, in welchem sich in regulierter Weise der geasamte Neutrophile Granulozyt einem Phagolysosom zu ähneln beginnt, bis von ihm nur noch das mit Abwehrstoffen besetzte DNA-Netzwerk übrigbleibt. Als absolut notwendige Komponenten in diesem Zelluntergangsweg, der "NETose" identifiziert sind das Produkt der NADPH Oxidase NOX2: das Wasserstoffperoxid H2O2, die Myeloperoxidase (das Protein als solches, seine eigentliche Funktion wird nicht benötigt), das Enzym PAD4 und der über PI3K regulierte zellbiologische Mechanismus der Autophagozytose. Ein anderer Weg führt über einen Chemokinrezeptor CXCR2 und kleine Tyrosinkinasen. In klinischen Extremsituationen einer Sepsis sammeln sich die Neutrophilen Granulozyten in den kleinen Blutgefäßen der Lunge und der Leber (Sinusoide); in diesem Sonderfall werden Blutplättchen über ihren Tlr4 Rezeptor durch LPS und andere Erregerprodukte stimuliert und aktivieren die Neutrophilen Granulozyten über Mac1/Cytohesin1 zur sofortigen NETose. Schließlich besteht der Sonderfall eines Panton Valentine Leukozidins des S.aureus, welches zur sofortigen NETose führt. Andere myeloische Zellen sind ebenfalls ET fähig, Mastzellen bilden MCETs, Basophile und Eosinophile ebenfalls ETs (wobei die DNA hier meistens mitochondrial ist).

4 Wirkungen

Rein mechanischer Natur halten die Netze die Bakterien fest, die anhängenden Wirkstoffe schädigen die Keime.

5 Nebenwirkungen

Die gebundenen Wirkstoffe können, z.B. durch die Bildung chemisch reaktiver freier Radikale, benachbarte Zellen, z.B. die Gefäßinnenwandzellen (Endothel), arg schädigen. Die sehr basischen Bestandteile führen zur Aktivierung der Blutgerinnung und zur Bildung von Mikro- und Makrothrombosen. Die Blutversorgung der Gewebe wird reduziert, schließlich kann ein "Multiorganversagen" eintreten.

6 Krankheiten

Es ist ein Kontinuum von Krankheitszuständen bekannt, und es sind massenweise Krankheiten zu postulieren, deren Ausprägung durch NETose beeinflußt wird. Nachvollziehbar sind zunächst die lokalisierten Infektionen wie Appendizitis, Lungenentzündung und die nekrotisierende Fasziitis (Weichteilinfektion durch Streptokokken). Es folgt ein Formenkreis von Erkrankungen, welche als gemeinsames Element das gereizte Gefäßendothel aufweisen: Nachgewiesen ist eine Plazentaschädigung bei der Präeklampsie; noch nicht bekannt ist, ob die Erkrankungen HELLP, HUS oder TTP durch NETose unterstützt werden (was aber aus allg. biologischem Grundverständnis heraus der Fall sein sollte). In den Bereich des Gefäßendothels gehören Sepsis und SIRS, bei welchen die NETose nachgewiesen ist. Relative Kolibrientitäten sind die Kleingefäßvaskulitiden, z.B. die Wegener-Granulomatose oder die mikroskopische Polyarteriitis, hier konnte gezeigt werden, daß die pathogenen Autoantikörper (c-ANCA/p-ANCA) die Neutrophilen Granulozyten zur NETose stimulieren. Sehr kompliziert wird es beim systemischen Lupus Erythematosus (SLE). Bei dieser rheumatischen Systemerkrankung werden die Nieren durch neutrophile Entzündung mit NETose geschädigt mit der Besonderheit, daß die NETs nicht durch ein körpereigenes System rasch aufgelöst werden können. Da wir nunmehr wissen, daß NETs thrombogen sind, müssen wir alle mit Thrombosen einhergehenden Erkrankungen als über dieses System modifizierbar ansehen, und wir gelangen zu den Volkskrankheiten Thrombose, Lungenembolie, Herzinfarkt, Schlaganfall und Vorhofflimmern mit allen erdenklichen pathogenetisch ähnlichen Nebenerkrankungen. Eine ganz besondere Erkrankung mit eigenständiger Biologie ist die zystische Fibrose, eine Erkrankung, bei welcher ein Dauerzustand zwischen Atemwegsbesiedelung mit Pseudomonas aeruginosa und einer durch Neutrophile Granulozyten vermittelten Gewebsreaktion besteht. Seit Jahrzehnten weiß man, daß der "Biofilm" teilweise aus DNA besteht, seit kurzem, daß es sich dabei um NETs handelt.

7 Therapieoptionen

Das körpereigene System, welches NETs auflöst, heißt DNase I, ein Enzym (-ase), welches DNA kleinschneidet. Diese bzw. funktionsähnliche bakterielle Enzyme (Virulenzfaktoren), werden seit langem zur Verflüssigung des Lungenschleims der zystischen Fibrose in inhalativer Galenik eingesetzt.(Historisch gab es einmal die Varidase(TM), eine Kombination bakterieller Streptokinase und Streptodornase). Bezüglich einer NET spezifischen Indikationsstellung ist die wissenschaftliche Literatur noch recht unzureichend; der Einsatz beim systemischen Lupus Erythematosus scheiterte wegen gleichzeitig vorhandener mehr (ds-DNA) oder weniger (div. ANCA-Antigene usw.) bekannter Antikörper, die die NETs vor dem Zugriff der DNase schützten. Andere Möglichkeiten bestehen darin, proximalere Aktivierungsstufen zu modifizieren (z.B. Hemmung der NADPH Oxidase - hierzu werden derzeit verschiedene Substanzen entwickelt, der Myeloperoxidase, der PDA4 (Z.B. Cl-Aminidine; Tetrazykline, Taxane als Pharmakophore), der Neutrophilic Elastase oder von src-ähnlichen kleinen Tyrosinkinasen myeloischer Zellen, z.B. syk). Darüber hinaus CXCR2 Antagonisten, TLR4 Antagonisten für die besonderen Aktivierungswege.

8 Ausblick

In den Massen-Indikationen bildet die DNase Therapie das "Heparin der Zukunft", in den Kolibriindikationen eine ernstzunehmende Therapieoption, im aktuell grassierenden Hämolytisch Urämischen Syndrom durch EHEC Bakterien ist eine add-on Therapie "durch nichts zu rechtfertigen" - durch keine sicher wirksame alternative Behandlungsoption (über Eculizumab C5 Antkörper) hinaus, durch eine pathophysiologische Sequenz in welche die NETs mit Sicherheit hineinpassen würden - was noch niemand bewiesen hat.

9 Synonyme/Suchterme

CF-DNA /circulating free DNA/ cell free DNA : Bevor es das NET Konzept gab, Beobachtungen freier DNA in Körperflüssigkeiten. NET/ETosis/NETosis usw. Extracellular trap alleine findet viele Papers über Redox aktive Substanzen, welche mittels Spin Traps gemessen wurden. PAD4 Protein/Peptide/Peptidyl Arginine Deiminase : Artikel in Vorbereitung. DNASE*/Deoxyribonuclease.

10 Weblinks

11 Bibliographie

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