Murti-Bing-Pillen

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Murti-Bing-Pillen sind ein literarisches Bild für die Wirkung der Ideologie auf das Innere des Menschen.

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1 Ursprung des Bildes

1932 erwähnte Stanisław Ignacy Witkiewicz erstmals das Konzept der Murti-Bing-Pillen. Zu Beginn des in der Moderne spielenden Romans „Unersättlichkeit“ herrschen in der beschriebenen westlichen Gesellschaft Zersetzung und Chaos: verrückte, dissonanzreiche Musik, erotische Perversion, Narkotika, entwurzeltes Denken. Gleichzeitig wird die Zivilisation von einer chinesisch-mongolischen Armee bedroht. Die Protagonisten des Romans sind unglücklich, „weil ihnen ein Glauben fehlt und das Gefühl, irgendetwas Sinnvolles zu tun.“ Murti-Bing ist im Roman ein mongolischer Philosoph, dem es gelungen war, für seine Weltanschauung ein organisches Bindemittel herzustellen und sie damit übertragbar zu machen. Hausierer tauchen auf, die in den Städten sogenannte Murti-Bing-Pillen verteilen.

Die Einnahme dieser Pillen verändert die Menschen vollständig – sie werden heitere und glückliche Menschen, die Probleme, mit denen sie sich konfrontiert waren, können durch die Einnahme von Murti-Bing-Pillen gelöst werden. „Wer Murti-Bing-Pillen zu sich nahm, war gegen jede Form metapysischer Bedenken befreit.“ Am Ende des Romans besetzt die Ost-Armee das Land und es beginnt die Verwirklichung von Murti-Bings Weltanschauung. Die Menschen schreiben nicht mehr wir früher atonale Musik, sie komponieren Hymnen und Märsche, sie malen nicht mehr abstrakt, sondern statt dessen „gesellschaftlich wertvolle Bilder“. Mit diesem Roman wollte Witkiewicz auf die bevorstehende Ausbreitung der Sowjetunion und ihrer Weltanschauung, den dialektischen Materialismus sowie deren Effekte auf die Menschen aufmerksam machen. Als Witkiewicz am 17. September 1939 erfuhr, dass die Rote Armee die Grenzen Polens überschritten hatte, nahm er sich das Leben.

2 Murti-Bing-Pillen bei Czesław Miłosz

In seinem Buch "Verführtes Denken", in dem er die Einbindung der Intellektuellen in die sowjetisch kontrollierten Staaten beschrieb, verwendete Miłosz das Bild von Murti-Bing-Pillen äquivalent zur Beschreibung der Verführung, die von einem geschlossenen Denksystem ausgeht.

Er betonte dabei besonders den Effekt, dass auf diese Weise auch Geistes- und Kulturschaffende einen relevanten Platz zur Gestaltung der Gesellschaft und einen Sinn für ihre Arbeit erhalten können, wenn sie sich einfügen. Miłosz meinte dazu, die Menschen im Westen seien geneigt, die Verwirklichung von Murti-Bings Weltanschauung „nur unter dem Gesichtspunkt von Macht und Zwang“ zu sehen. Unter Bezug auf das „tiefinnerliche Verlangen des Menschen nach Harmonie und Glück“ beschrieb er Murti-Bing-Pillen als besonders für Intellektuelle attraktives Angebot der Sinngebung und –stiftung, da der „neue Glaube große Möglichkeiten eines aktiven und produktiven Lebens“ biete. Daher umkreisten die Intellektuellen ihn „wie die Nachtfalter das Licht, um sich schließlich in ihre Flamme zu stürzen.“

Das Besondere an der Einbindung der Intellektuellen in die realsozialistische Ordnung sah Miłosz darin, dass im dialektischen Materialismus Geist und Philosophie der Ausgangspunkt der politischen Macht ist und Geistesschaffende angehalten werden, sich mit ihren Fähigkeiten am Aufbau der Gesellschaft zu beteiligen. War der Begriff des Intellektuellen, Schriftstellers usw. vorher keineswegs ausschließlich positiv konnotiert, konnte nun auch aus gesellschaftlicher Sicht deren Werk an Bedeutung gewinnen, weil es in dem gesellschaftlichen Rahmen, in dem es stattfindet, Relevanz hat. Dies stellte aber eine Verkehrung des ursprünglichen Selbstverständnisses und der Funktion von Intellektuellen in der Gesellschaft dar, die als kritische Masse eine "Wächterfunktion" einnehmen wollen.

3 Literatur

  • Czesław Miłosz, Verführtes Denken, Köln 1974.



4 Init-Quelle

Entnommen aus der:

Erster Autor: 87.188.156.191 , Alle Autoren: Catfisheye, Tröte, YMS , Framhein, Pittimann, Humanist Liberaler Humanist, Emdee, 87.188.156.191

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