Jarotschiner Kreisbahn

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Die Jarotschiner Kreisbahn (polnisch Jarocińska Kolej Dojazdowawar) war eine Kleinbahn mit einer Schmalspur von 600 mm im Landkreis Jarotschin - in der heutigen polnischen Woiwodschaft Großpolen - mit der Spurweite 600 mm.

Die Streckenlänge betrug 82,4 km, die der Anschlußbahnen 20 km. Die Betriebseröffnung fand am 1.11.1902 statt, die Stillegung erfolgte 1992.

Der Personenverkehr Sucha - Komorze wurde vor 1970 aufgegeben, 1976 folgte die Stillegung der Zuckerrübenanschlußbahnen wegen zu hoher neuer Dieselloks, die nicht unter der Unterführung der Hauptbahn (Anschlußgleis zur Zuckerfabrik) hindurchpassten, 1991 der restliche Güterverkehr, September 1992 Personenverkehr. Der Abbau wurde 1992 gestoppt wegen Filmaufnahmen. Bis Juni 1993 trotz Denkmalschutzes ist die Gesamtstrecke dann doch abgebaut worden, nachdem die Gemeinde Gizalki die Schienen als Schrott verwerten wollte.(Die Brücke über die Nationalstraße in Witaszyce war für den Lkw-Verkehr zu niedrig).

Durch den damals niedrigen Schrottpreis blieb der Gemeinde allerdings vom Abbau nicht viel.

Eine niveaugleiche Kreuzung mit der Ziegeleifeldbahn gleicher Spurweite befand sich in Witaszyce mit einem eigenen kleinen Stellwerk. 1969 kamen von Bromberg die drei Triebwagen nach Witascyce und übernahmen den gesamten Personenverkehr - nur an Markttagen verkehrte zunächst sein dampf-, später ein diesellokbespannter Personenzug. Zum Drehen der Fahrzeuge, die nur mit einem Führerstand ausgestattet waren, sind Drehscheiben in Witaszyce, Grabina und Zagowow eingebaut worden. Betriebsergebnisse: Personenverkehr 1983 80.000, 1986 58.000; Güterverkehr 1965 140.000 t, 1986 41.000 t.

Hier ein Augenzeugenbericht von 1973 und 1974: 1973 hatte ich das erste Mal Gelegenheit, die Bahn zu besuchen. Bei meiner Ankunft am Kleinbahnhof Witascyce meldete ich mich ordnungsgemäß an, zeigte meine Fotoerlaubnis vor und erwartete eigentlich, daß man mich freundliche gewähren ließ - doch es kam anders. Einer der Eisenbahner konnte deutsch und so versuchte er zu dolmetschen. Der Bahnhofsvorsteher befragte mich und zeigte sich interessiert, dann ließ er mich in den Triebwagen einsteigen. Kurz vor Abfahrt des Triebwagens nach Zagorow erschienen dann plötzlich zwei gut gekleidete Herren der "Geheimpolizei" und baten mich, auszusteigen und meinen Aufenthaltsort preiszugeben. Nach mehreren Telefonaten ließ man mich dann doch gehen. Der freundliche Eisenbahner kam mit - er hatte gerade Feierabend - damit mir das nicht noch einmal passierte. Ans Fotografieren dachte ich gar nicht mehr, das war mir danach komplett vergangen. Den Triebwagen hatte man warten lassen und als ich einstieg machten die Fahrgäste Platz und zogen mich förmlich mit zu sich auf die Längsbank. Mein Dolmetscher erzählte offenbar von meinem Mischgeschick und mir wurde Kaffee aus der Thermosflasche angeboten und auf die Schulter geklopft, als wären wir seit langem eine eingeschworene Gemeinschaft. Über drei Stunden Fahrt lag vor mir, 46 km hin- und zurück. Die Prosnabrücke wurde gemeinsam mit dem Straßenverkehr überquert und ab Grabina waren nach dem Krieg 6 km Neubaustrecke in Betrieb genommen worden, um den größeren Ort, Zagorow, zu erreichen. Mein Begleiter schlief bei der Rückfahrt auf der Längsbank ein und ich mußte ihn bei der Ankunft wecken. Leider habe ich ihn nie wieder gesehen, obwohl ich im folgenden Jahr mit einer Reisegruppe zurückkehrte. Am nächsten Tag suchte ich mir einen einsamen Feldweg abseits des Bahnhofes in der Hoffnung, dort heimlich Fotos machen zu können. Im Gras neben dem Bahnübergang schlief ein polnischer Landarbeiter im Gras, sein Fahrrad nebst Milchkanne an das Andreaskreuz gelehnt. Es dauerte nicht lange und eine zarte Rauchfahne stieg in einiger Entfernung gen Himmel. Der tägliche Güterzug - von einer kleinen dreiachsigen Dampflok gezogen (sie befindet sich jetzt in der Schweiz bei der Schinznacher Baumschulbahn) - rollte langsam an den Bahnübergang heran und der Schläfer schwang sich auf und hielt den Zug an. Milchkannen wurden ausgetauscht und der kurze Zug machte sich wieder auf die Reise. Immerhin hatte ich ein paar Fotos, um Interessenten in Deutschland auf die Reise neugierig machen zu können.

Im Jahr darauf verzichteten wir auf eine Hin- und Rückfahrt, indem wir ab Hotel "Weißer Adler" in Bydgoszcz (Bromberg) mit zwei Taxis den Weg nach Zagorow antraten. In rasantem Tempo über Sandpisten - das nachfolgende Taxi war nicht mehr zu sehen vor Staub - und quer durch Ortschaften, Hühner stobten auseinander, eines landete auf der Motorhaube, erreichten wir den kleinen Bahnhof Zagorow gerade, als der kleine Triebwagen seine Fahrt antreten wollte. Ein kurzer Plausch und mit viertelsündiger Verspätung ging es dann los. Niemand hinderte uns am fotografieren und der Chef im Bahnhof war nicht mehr da. Dafür konnten wir dieses Mal dem Triebwagenführer über die Schulter sehen - ein unvergessliches Erlebnis. Mit diesen kleinen Triebwagen hatte man in den 40er Jahren einen "Schnelltriebwagenverkehr" zwischen Bromberg und Crone an der Brahe eingerichtet mit einer Höchstgeschwindigkeit von 35 km/h. Berauschend für die kleine Spurweite. Allerdings hatten wir den Eindruck, daß ständig an den Fahrzeugen gebastelt wurde, um sie weiterhin in Betrieb zu halten. Mal mußte das Kühlwasser am Kühler aus einem Bach ergänzt werden, mal halfen ein paar Hammerschläge und der Motor lief wieder. Trotzdem kamen wir einigermaßen Pünktlich in Witascyce an. Einen dieser Triebwagen kann man heute noch in Poznan auf der Parkbahn zum Zoo bewundern und auch mit ihm reisen.

Nach der Stillegung 1991 kam ein Triebwagen gemeinsam mit einem Personen- und einigen Güterwagen zur Parkbahn nach Poznan. Ein Triebwagen tauchte auf dem Bromberger Hauptbahnhof auf, ist aber inzwischen verschwunden. Etliche Güterwagen wurden nach Deutschland verkauft. Der einzige vorhandene Packwagen mit Post- und Personenabteil gelangte zu einem Sammler nach Deutschland. Zwei Güterwagen sind in Bad Malente abgestellt.

Der heutige Zustand ist recht trostlos. Lokschuppen und Werkstatt, in denen nach der Stillegung noch gearbeitet wurde, stehen leer und verfallen, das Gelände ist verunkrautet. Auch die benachbarte Ziegelei arbeitet nicht mehr und hat die Feldbahn aufgegeben. Selbst die Rampen vor der Nationalstraße sind abgetragen worden - nicht nur die Brücke.

1 Literatur

  • Carsten Recht: Die Kleinbahnen in 600 mm Spurweite, 1991

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