Der Kanton Solothurn in der Nazi-Zeit

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Der Kanton Solothurn steuerte in der Nazi-Zeit politisch wie die gesamte Schweiz einen zwiespältigen Kurs zwischen Anpassung und Widerstand gegen die Gefahren des übermächtigen Hitler-Regimes und seiner „Fünften Kolonne“ vor Ort im Kanton.

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1 Politik

Hier ist zu unterscheiden zwischen ideologischen Affinitäten unterschiedlichen Grades sowie reiner Anpassungspolitik. Wenn der Solothurner Rechtsstudent Ubald von Roll in Bern Anführer einer der vielen Fronten-Organisationen der 1930er Jahre ist, muss von zweifelsfreier ideologischer Affinität eines allerdings relativ unreifen Jugendlichen gesprochen werden. In den vom Frontenfrühling geprägten mittleren 1930er Jahren gab es aber auch bei etablierten Politikern zumindest Grenzfälle von ideologischen Überschneidungen, etwa wenn der amtierende, ansonsten gut beleumundete Regierungsrat Oskar Stampfli, Bruder des nachmaligen Bundesrates Walther Stampfli, im Vorwort zu einem Buch von 1935[1] in sozialdarwinistischer Terminologie formuliert: "Die Geschichte ist der Beweis dafür, dass das Naturgesetz, gemäß dem das Schwache und Unzweckmäßige ausgemerzt wird, für Völker genau so gilt".

Ansonsten galt bei der kantonalen Politik tendenziell der Grundsatz einer sehr vorsichtigen Distanzierung, wobei minutiös darauf geachtet wurde, die Exponenten des nördlichen Nachbarn nicht zu provozieren. Das galt etwa beim Fall der Waffenfabrik Solothurn in Zuchwil, wo der Schweizer Werkmeister Werner Schaad, ein überzeugter Hitler-Sympathisant, eine aggressive NS-Propaganda innerhalb des Betriebes in Szene gesetzt hatte. Weder Bundes- noch Kantonsbehörden unternahmen dagegen entscheidend etwas. Es bedurfte einer Volksversammlung der Zuchwiler Bevölkerung, die einen Aufruf "gegen die nationalsozialistischen Umtriebe in Zuchwil" erließ, damit die Kantonsregierung adäquaten Druck auf die Geschäftsleitung der Waffenfabrik aufbaute, Schaad fristlos zu entlassen. In der Papierfabrik Biberist zudem war sogar der deutschstämmige Geschäftsführer zumindest unterschwelliger NS-Sympathisant; Polizeiberichte besagen, seine Haltung sei alles in allem "nicht ganz abklärbar".

Ein entspanntes Verhältnis bestand offensichtlich auch zwischen dem Führer der deutschen Kolonie in Solothurn, Osthoff, und Stadtpräsident und FDP-Ständerat Paul Haefelin. Im Schriftverkehr dankt Osthoff Haefelin für die zuvorkommende Zurverfügung-Stellung von Versammlungs-Räumlichkeiten für die Kolonie, die dort (v.a. auch im Konzertsaal) ihre NS-Rituale veranstaltete. Haefelin lobt postwendend die guten Beziehungen und schwärmt von seiner in Deutschland verbrachten "herrlichen Studienzeit". In Olten wurde offenbar an einem Wochenende ganzen 1500 gesamtschweizerischen Frontisten von den bürgerlichen Behörden eine Demonstration bewilligt, während gleichzeitig eine sozialdemokratische Gegendemonstration dazu in Grenchen verboten wurde. Die FDP-nahe Solothurner Zeitung ihrerseits schrieb nach der Besetzung Frankreichs durch Hitler im Juni 1940, man solle sich doch im Kanton und in der Schweiz "über die Parteigrenzen hinweg die Hand reichen zu einer mächtigen Einheitspartei".[2]

Anderseits, so berichtet der damalige SP-Regierungsrat Jacques Schmid, habe die Kantonsregierung als Widerstandsmassnahme gegen einen allfälligen Einmarsch veranlasst, die Beamtenschaft zur Verteidigung des Rathauses zu bewaffnen.

2 Wirtschaft

Die alliierten Kriegsgegner Hitlers erstellten schwarze Listen von Schweizer Industriefirmen, die gegen ihren resoluten Willen massiv Waffen und anderes Kriegsmaterial an Deutschland und seine Verbündeten lieferten. Da übersichtlicher, soll aber an dieser Stelle die Exportstatistik des eidg. Volkswirtschafts-Departementes zitiert werden. Die Waffenfabrik Solothurn, übrigens in deutschem Eigentum, belieferte dabei vor allem Benito Mussolinis Italien, quantitativ an 3. Stelle aller Kriegsmaterial-Lieferungen an Hitlers Verbündete.

Auch bei den Lieferungen an das deutsche Reich selber lag die Solothurner Industrie in prominenter Position. Rang 5 für die Pignons-Werke Grenchen, mit Bestandteilen wie Zahnrädern für diverses Kriegsmaterial. Rang 8 für die Auophon AG, Vorläufer-Firma der heutigen Ascom, mit vorab Übermittlungs-Elektronik, Rang 11 für die vormals regional sehr bekannten Sphinx-Werke Müller AG. Weiter hinten in der Rangliste, dafür brisant, liegen etwa die nach wie vor existierende Zuchwiler Scintilla AG, die Zündgeräte geliefert hat oder die Uhrenfabrik Langendorf, deren Zeitzünder nach Deutschland gingen. Alles für damalige Verhältnisse hochwertige Qualitätsprodukte. Im übrigen haben mehrere Solothurner Firmen den gewichtigsten Schweizer Waffenlieferanten Hitlers, die Zürcher Oerlikon-Bührle, mit Einzel-Bestandteilen zur Verbauung in dessen Waffen versorgt.

3 Quelle

Sonderbeilage der Solothurner Zeitung zum Kanton Solothurn während der NS-Zeit vom 16. Dezember 1997 (8 Seiten); Autoren: Stefan Frech und Christian Hilzinger (mit Vorwort von Urs Altermatt)

4 Einzelnachweise

  1. A. Bracher: Solothurn und die Grenzbesetzung 14 bis 18, 1935
  2. Solothurner Zeitung vom 27. Juni 1940

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