Zwölf-Schritte-Programm

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Das Zwölf-Schritte-Programm ist ein Programm, das ursprünglich von den Anonymen Alkoholikern (AA) entwickelt wurde und im Falle einer Alkoholkrankheit zur Abstinenz vom Alkohol und zu einem neuen Lebensstil verhelfen soll. Nach dem Vorbild der Anonymen Alkoholiker haben sich auch Selbsthilfegruppen zu anderen Problemen gebildet und das Programm inhaltlich entsprechend angepasst. Die überwiegende Mehrzahl der Zwölf-Schritte-Gruppen beschäftigt sich mit Drogenabhängigkeit. Der Wortlaut unterscheidet sich häufig bei den einzelnen Gruppen. Einige Gruppen verwenden die Zwölf Schritte, ergänzen und verändern sie aber im christlichen Sinne; organisatorisch sind sie oft an christliche Kirchengemeinden angebunden.

Die Zwölf Schritte sind im Originalwortlaut urheberrechtlich geschützt. Die Schritte eins bis neun sind in der Vergangenheitsform, die Schritte zehn bis zwölf in der Gegenwartsform geschrieben. Sinngemäß befassen sich die einzelnen Schritte mit folgenden Aussagen:

  1. Anerkennen, dass man seinem eigenen Problem gegenüber machtlos ist. Das können beispielsweise Substanzabhängigkeit oder, je nach Thematik der Gruppe, auch andere Problematiken sein. Zugeben, dass man sein „tägliches Leben“ nicht mehr bewältigen kann.
  2. Zu der Überzeugung kommen, dass nur eine Person oder Institution, die stärker als man selbst ist, die eigene Gesundheit wiederherstellen kann. Ursprünglich wurde hier das Wort „Gott“ verwendet. Um die Gruppen auch nichtreligiösen Personen zu öffnen, wählte man die neue Formulierung „eine Macht, größer als man selbst“.
  3. Den Entschluss fassen, seinen Willen und sein Leben der Sorge Gottes, wie ihn jeder für sich versteht, anzuvertrauen.
  4. Eine gründliche und furchtlose Bestandsaufnahme seiner persönlichen Verhältnisse und Verhaltensweisen machen („innere Inventur“).
  5. Vor sich selbst und gegenüber einem anderen Menschen sein begangenes Fehlverhalten eingestehen.
  6. Die Bereitschaft, Verhaltensweisen, die das Leben behindern, von Gott entfernen zu lassen.
  7. Demütig darum bitten, dass Gott sämtliche persönliche „chronische das Leben behindernde Verhaltensweisen“ beseitigt.
  8. Auflistung aller Personen, denen man Unrecht getan und Schaden zugefügt hat, und die Bereitschaft und den Willen zur Wiedergutmachung entwickeln.
  9. Wo immer möglich, diese Personen um Entschuldigung bitten und entschädigen, außer wenn sie oder andere dadurch verletzt würden.
  10. Die „innere Inventur“ fortsetzen und immer wieder zugeben, wenn man im Unrecht ist.
  11. Durch „Gebet und Besinnung“ versuchen (bzw. die Verbindung suchen), eine tiefe bewusste Beziehung zu Gott, wie ihn jeder für sich selbst versteht, zu verbessern und um die Erkenntnis beten, seinen Willen zu sehen und die Kraft, ihn umzusetzen.
  12. Nach der nun erfahrenen „spirituellen Erweckung“ versuchen, die Botschaft (wie der Einzelne die Schritte für sich genutzt hat und weiter danach lebt) an andere Betroffene weiterzugeben und seinen Alltag nach den Grundsätzen der jeweiligen Zwölf-Schritte-Gruppe auszurichten.

Neben den Zwölf Schritten wurden auch Zwölf Traditionen und Zwölf Konzepte entwickelt.

Es gibt psychosomatische Fachkliniken, deren Therapie das Zwölf-Schritte-Programm als heilenden Prozess für Süchtige akzeptiert und respektiert. Im Bad Herrenalber Modell von Walther H. Lechler bildet es die geistige und spirituelle Grundlage des therapeutischen Prozesses. Viele Patienten nennen diese Kliniken vereinfachend „Zwölf-Schritte-Kliniken“, zur Abgrenzung von anderen Therapiekonzepten. Da Zwölf-Schritte-Gruppen außenstehende Einrichtungen weder gutheißen (6. Tradition), noch von ihnen finanzielle Unterstützung annehmen (7. Tradition) können, sind Kliniken und Gruppen organisatorisch getrennt. In der Praxis stellen solche Kliniken Räume für Gruppen bereit und empfehlen zusätzlich die längerfristige Teilnahme an Zwölf-Schritte-Gruppen im Rahmen der Nachsorge.

Aufenthalte in den sogenannten Zwölf-Schritte-Kliniken werden auf Antrag und fachärztlicher Krankenhauseinweisung bei medizinischer Notwendigkeit von den gesetzlichen Krankenkassen oder Rentenversicherungsträgern bezahlt. Alle Zwölf-Schritte-Kliniken befinden sich in privater Trägerschaft. Der Begriff Zwölf-Schritte-Klinik wird aber auch von den Kliniken selbst heutzutage nicht mehr verwendet. Sie fordern ihre Patienten zur Teilnahme an den Selbsthilfegruppen auf. Neben diesen Kliniken (etwa 5 bundesweit) empfehlen fast alle Kliniken, die Suchtkranke behandeln, den Besuch von Selbsthilfegruppen.

In den USA und zunehmend seit Anfang des 21. Jahrhunderts wird auch in Deutschland das Zwölf-Schritte-Programm als wichtigste, oft einzige, Methode für Abhängige und ihre Angehörige empfohlen. Dieser Umstand ist vor allem auf individuelle Entscheidungen derjenigen zurückzuführen, die die Empfehlung aussprechen (z. B. Ärzte und Psychologen).

Nach Praschniker zeigt die empirische Untersuchung, dass depressive Stimmungen mit Zunahme der Verweildauer in einer Zwölf-Schritte-Gruppe abnehmen.[1]

1 Kritik

Gegen den Grundgedanken der freiwilligen Teilnahme an den Sitzungen steht, wenn jemand aufgrund externen Drucks gegen seinen Willen daran teilnimmt, z. B. als gerichtliche Auflage. Viele Gefängnisinsassen bekommen Freigang für die Teilnahme an Zwölf-Schritte-Sitzungen. Es gibt Sitzungen, die Zwangsteilnehmern die geforderten Teilnahmenachweise ausstellen.

Das New Yorker Berufungsgericht hat 1996 im Fall „Griffin v. Coughlin“ letztinstanzlich festgestellt, dass „Angehörigkeit bei der Gemeinschaft der AA eine Beteiligung an religiösen Handlungen und religiöser Missionierung mit sich bringt.“[2]

Die Wirksamkeit des Zwölf-Schritte-Programms bei der Genesung von Suchtkrankheiten ist schwer zu belegen. Das liegt auch an der Anonymität, die bewirkt, dass keine Mitgliederlisten geführt werden und so langfristige, wissenschaftliche Untersuchungen erschwert werden. Unabhängige, wissenschaftlich tragfähige Untersuchungen sind rar.[3]

2 Vergleich zu Wikipedia




3 Einzelnachweise

  1. Hans Praschniker: Soziodemografischer Hintergrund, Alkoholismuskarriere, Abstinenzdauer, Selbstbild und Persönlichkeit von genesenden Alkoholikern: Eine Erkundungsstudie an Anonymen Alkoholikern. Dissertation, Universität Graz, 1984.
  2. adherence to the AA fellowship entails engagement in religious activity and religious proselytization“ – Urteil „Griffin vs. Coughlin“, New York Court of Appeals, 11. Juni 1996 (law.cornell.edu)
  3. Beate Robertz-Grossmann, Sigrid Droste: Die Anonymen Alkoholiker – Eine Literaturanalyse des Programms einer Selbsthilfegruppe für alkoholkranke Menschen. 2003, Bundesvereinigung für Gesundheit e. V., bvgesundheit.de (Archivversion vom 27. September 2007) (PDF)

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