Byers-Insel

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Die Byers-Insel wurde angeblich von der spanischen Kriegsfregatte Nuestra Señora del Pilar unter dem Kommando des Schiffskapitäns Don Miguel Zapiaín y Valladares auf der Überfahrt von Manila nach Acapulco am 10. November 1799 um 5 Uhr nachmittags entdeckt. Sie lag unter 28° 09’ nördlicher Breite und 177° 55’ westlicher Länge von Cádiz (= 175° 47’ E von Greenwich) und ihre Ausdehnung betrug von NNE nach SSW 3,5 millas (ca. 6,5 km).[1] Der Name Byers lässt auf den New Yorker Kaufmann und Schiffseigners James Byers schließen, in dessen Auftrag der US-amerikanische Kapitän Benjamin Morrell fuhr. Morrell beschreibt diese Insel ausführlich.[2] Diese Beschreibung wurde später als Fiktion enthüllt.

James Burney, José Espinosa y Tello und Louis Vivien de Saint-Martin setzten die Insel Patrocionio später mit der Byers-Insel gleich. Der Name der Insel Patrocionio geht auf den Tag des Patroziniums[3] des Schiffes zurück, nämlich den 12. Oktober. Auf der Grundlage der an diesem Tag durch die Methode der Monddistanzen bestimmten geographischen Länge wurde (mittels Gissung)[4] die Länge der einen knappen Monat später gesichteten Insel festgesetzt.

Deswegen muß es hier um eine andere Sichtung gehen, wahrscheinlich - aufgrund der im Vergleich zu Kure besseren Breitenübereinstimmung sowie größeren Landfläche - das Midway-Atoll:

  • Insel Patrocinio: 28°09’N; 175°47’E v. Gr.
  • Midway Atoll: 28°12’N; 177°24’W (bezogen auf Sand Island im Süden)

Dies ergäbe eine sehr gute Breitenübereinstimmung (eine Abweichung von nur drei Minuten), die Längenabweichung betrüge 6°49’; läge aber durchaus im Rahmen dessen, was von den damaligen Möglichkeiten der Längenbestimmung (ohne Chronometer) erwartet werden kann. Wie von Zapiaín angegeben, wurde die letzte Längenbestimmung mittels der Methode der Monddistanzen am 12. Oktober 1799 – also 29 Tage (das ist fast ein ganzer Monat) vor der am 10. November 1799 erfolgten Entdeckung – durchgeführt. Da die Methode der Monddistanzen zwar wesentlich genauer ist als die der Gissung, aber selbst bereits eine Abweichung von 2 – 3 Grad aufweist,[5] ist nach dem Verlauf eines knappen Monats ein weiteres Anwachsen des bereits zuvor bestehenden Längenfehlers zu erwarten.

Allerdings ist zuzugeben, dass die Längsachse von Sand Island, des größten zusammenhängenden Stück Landes auf dem Midway-Atoll (in ENE-WSW-Richtung) nicht mit Zapiaíns Beschreibung (NNW-SSW) übereinstimmt und dass dessen Angaben über die räumliche Ausdehnung der Insel (3,5 millas i.e ca. 6,5 km) mit den entsprechenden Daten von Midway nur schwer in Einklang zu bringen sind. Denn die Längsachse von Sand Island umfasste – vor Beginn der baulichen Aktivitäten im Jahre 1935, welche die Topographie der Insel vor allem an ihrem NE-Ende vergrößerten – nur 2,9 km.[6]

Laut William Alanson Bryan, dessen Beschreibung der Midway-Insel den Zustand vor ihrer Nutzung als Kabelstation (ab 1903) liefert, ist Sand Island immer die Insel die man zuerst sichtet, egal aus welcher Richtung kommend. Er gibt die Abmessungen Sand Islands mit 43 feet (ca. 1,30 m) Höhe, 1,25 miles (über 2,3 km) Länge und gegen 0,75 miles (knapp 1,4 km) Breite an.[7]

Damit ergeben sich drei Erklärungsmöglichkeiten:

  • die beiden heute existierenden Landstücke Midways (Sand und Eastern Island) waren 1799 noch in einer Insel vereint, die in der Folgezeit durch einen schweren Taifun auseinandergerissen, verkleinert und so sowohl der Anzahl, der Längsachse als auch der Grösse nach verändert wurde
  • aus einer bestimmten Position der Nuestra Señora del Pilar ergab sich eine perspektivische Verzerrung, in der die beiden Inseln als eine erschienen (denn die Inseln selbst wurde von Zapiaín ja nicht besucht, sondern nur – von See aus – gesichtet) oder
  • die Ausdehnung des Landes wurde überschätzt, da sie nicht auf Messungen vor Ort zurückgeht, sondern von einem vorbeifahrenden Schiff aus veranschlagt werden mußte. Dies ist ein Phänomen, das auch von anderen Inseln bekannt ist.

Für den Fall einer Vigia[8] findet sich jedoch durchaus kein Anlass.

Damit handelt es sich bei der Patrocinio-Insel um eine frühe spanische Sichtung des Midway-Atolls, dessen Entdeckung in den gängigen Nachschlagewerken immer noch mit dem 9. Juli 1859 durch den US-amerikanischen Kapitän N. C. Brooks von der Gambia angegeben wird.[9]

1 Einzelnachweise

  1. José Espinosa y Tello: Memorias sobre las observaciones astronómicas, hechas por los navegantes españoles en distintos lugares del globo, Tomo 2, Mem. 3; Madrid 1809 (S. 10)
  2. Zum Originalbericht siehe: Benjamin Morrell: A narrative of four voyages, to the South Sea, North and South Pacific Ocean, Chinese Sea, Ethiopic and Southern Atlantic Ocean, Indian and Antarctic Ocean, from the year 1822 to 1831; New York 1832 (S. 218)
  3. Patronsfest: der Festtag des Schutzheiligen eines Landes, einer Diözese, Pfarrei oder Kirche, im vorliegenden Falle einer bekannten Wallfahrtskirche in Saragossa, wo sich ein viel verehrtes Marienbild befindet.
  4. Schätzung der Position eines Schiffes mittels Überschlagen der zurückgelegten Entfernung sowie des gesteuerten Kurses; ist zwangsläufig – besonders die Länge betreffend – recht unpräzise.
  5. Edmond Chassigneux: Rica de Oro et Rica de Plata; in: T’oung pao ou Archives concernant l’histoire, les langues, la géographie, l’ethnographie et les arts de l’Asie Orientale, Sér. 2, Vol. 30; Leide 1933 (S. 57)
  6. Steven I. Apfelbaum, James P. Ludwig & Catherine E. Ludwig: Ecological problems associated with disruption of dune vegetation dynamics by Casuarina equisetifolia L. at Sand Island, Midway Atoll; in: Atoll research bulletin, No. 261; Washington, DC 1983 (S. 2)
  7. William A. Bryan: Report of a visit to Midway Island; in: Occasional papers of the Bernice Pauahi Bishop Museum, Vol. 2, No. 4; Honolulu, Haw. 1906 (S. S. 38/[292]-39/[293])
  8. Schiffahrtshindernis (Untiefe, Klippe, Atoll oder kleine Insel) über das zwar berichtet wurde, das jedoch noch nicht verifiziert bzw. mittels Vermessung identifiziert werden konnte und deswegen mit dem Zusatz 'P.D.' (Position zweifelhaft) oder 'E.D.' (Existenz zweifelhaft) auf den Seekarten verzeichnet ist.
  9. so z.B.: Andrew Sharp: The discovery of the Pacific Islands; Oxford : Oxford Univ. Press, 1960 (S. 223)

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