Bar-Kochba-Aufstand

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Von 132 bis 135 fand der 2. jüdische Aufstand, Bar-Kochba-Aufstand genannt, statt. Benannt nach Simon bar Kochba [Kokhba], „Sohn des Sterns“), dem Anführer des Aufstands.

Der Aufstand wurde von Rabbi Akiwa unterstützt, der bedeutendsten geistlichen Autorität unter den Juden jener Zeit. Die Römer unter Kaiser Hadrian schlagen den jüdischen Aufstand – unter großen eigenen Verlusten – nieder (Auslöser für den Aufstand war das Beschneidungsverbot, die Beschneidung war im ganzen Römischen Reich bei Todesstrafe verboten).

1/2 Million Juden kamen um (vgl. Berichte bei Cassius Dio). Judäa wird endgültig zerschlagen. Jerusalem wird römische Garnisonsstadt, auf Jerusalems Trümmern errichtete Hadrian eine „neue“ Stadt, die er "Aelia Capitolina" nannte nach dem Herrschergeschlecht der Aelier, dem Hadrian selbst entstammte.

Der Name „Aelia Capitolina“ huldigte dem Kaiser, aber auch dem kapitolinischen Jupiter, dem man ein Heiligtum auf dem Tempelberg erbaute. Juden dürfen die Stadt seither nicht mehr betreten (Wiederansiedlungsverbot), ausser am 9. Ab, an dem nach der Überlieferung sowohl der Erste als auch der Zweite Tempel zerstört wurde. Sogar der Name Judäa wurde ausgetilgt; die Provinz wurde Syrien zugeschlagen und war damit nur mehr ein Teil der neuen politischen Einheit Syro-Palästina.

Der Kaiser befahl ausserdem, dass an Orten, die den Christen wegen ihrer engen Verbindung mit der Person Jesu heilig waren, heidnische Tempel errichtet werden sollten. Palästina wurde direkter römischer Verwaltung unterstellt, seine Bewohner waren grossenteils ermordet, vertrieben oder verhungert.

Die restlichen Juden wurden in der ganzen damals bekannten Welt zerstreut. Sie hatten keinen Staat mehr, in dem sie ihrer Kultur und Religion ungestört nachgehen konnten. Die Römer wollten die Aufständischen vernichten und künftige Aufstände verhindern, hatten damit aber nicht vor, alle Juden auszurotten. Es ging ihnen um Machtsicherung und Unterdrückung jüdischer Glaubenstraditionen, aus denen die Rebellion hervorgegangen war.

Die rabbinischen Quellen berichten einiges über den Aufstand und besonders über dessen Anführer, Bar Kochba. Viele dieser Informationen haben freilich legendären Charakter, und sie vermitteln nicht immer ein positives Bild dieses Mannes. So wird ihm beispielsweise nachgesagt, er habe im Jähzorn einen alten Mann erschlagen, und angeblich soll er als Mutprobe jedem seiner Soldaten einen Finger abgehackt haben. Sogar sein Name ist zweifelhaft. Manchmal wird er Bar Kochba, „Sternensohn“, genannt, ein Name mit unüberhörbar messianischem Anspruch. Andere nennen ihn Bar Kosiwa, „Sohn eines Lügners“. Schriftstücke in aramäischer, hebräischer und griechischer Sprache, die in einer Höhle (der so genannten „Briefhöhle“) gefunden wurden, deuten darauf hin, dass der Rebellenführer, der in den Augen der Römer nichts als ein Bandit war, von seinen Anhängern als legitimer Herrscher eines unabhängigen Staatswesens in Juda betrachtet wurde.

Auch die Zustimmung, die er bei Rabbi Akiwa fand, blieb nicht unwidersprochen (Midrasch Rabba zu den Klageliedern: „Als Rabbi Akiwa den Bar Kosiwa sah, rief er aus: „Das ist der Messias-König!“ Rabbi Jochanan ben Tortha aber sprach: „Akiwa, in deinen Wangenknochen wird Gras wachsen, und er wird immer noch nicht dasein!“).

Der Zweite Jüdische Aufstand war so erfolglos wie der Erste. Die Römer hielten das Land fest im Griff. Bar Kochba und seine Soldaten stellten sich in Bethar, 11 km südwestlich von Jerusalem, zum letzten Gefecht, hatten aber bei all ihrem Heldenmut keine Chance (135; nach der Tradition am 9. Aw).

Offenbar wurde mit aller Erbitterung gekämpft, und auch hier zogen die Aufständischen den Tod der Gefangenschaft vor. Bar Kochba fiel in dieser letzten Schlacht. Es sollte fast 2 000 Jahre dauern, bis Juden wieder begründete Hoffnung hegen konnten, in diesem Land als freies und unabhängiges Volk zu leben. Im Kontext des Bar-Kochba-Aufstands wurden Christen, die den Wehrdienst verweigerten, von Juden im Bereich Israels verfolgt.

Die um 150 entstandene Epistula apostolorum berichtet, dass aufständische Juden einige Christen als Märtyrer hinrichteten. Beginn der Arbeiten am Talmud Jeruschalmi. Die Römer gebrauchten erstmals die Bezeichnung „Palästina“ für (das heutige) Judäa (den südlichen Teil der heutigen Westbank) in dem Bestreben, die Identifikation der Juden mit dem Land Israel abzuschwächen. Das arabische Wort Falastin ist von diesem lateinischen Namen abgeleitet. Das Christentum war nun eine eigene Religion, die sich im römischen Reich rasch weiter verbreitete. In ihr hatten Christen heidnischer Herkunft gegenüber Judenchristen die grosse Mehrheit. Das begünstigte die Umdeutung und Abtrennung von israelitischen Heilserwartungen, die für die Urchristen massgebend waren. Einige Motive im NT, mit denen sich deren innerjüdische Minderheit im Raum Palästinas vom sadduzäisch und pharisäisch dominierten Judentum abgegrenzt hatte, wurden nun antijudaistisch gedeutet und zu einer gesamtkirchlichen Theorie verknüpft.

Eine Auswirkung der Politik Hadrians war auch, dass sich der Mittelpunkt der christlichen Urkirche nach Rom verlagerte – im Geburtsland Jesu war das Christentum in den folgenden drei Jahrhunderten praktisch ausgerottet. Einige Zeit nach dem zweiten jüdischen Aufstand wurde Hebräisch mehr oder weniger zu einer toten Sprache. Jüdische Gelehrte, die so genannten Masoreten (masora = Überlieferung), retteten das vom Aussterben bedrohte Wissen, indem sie ein System von Vokal- und Betonungszeichen erfanden, ja sogar eine musikalische Notation, um die Kantoren anzuleiten, die beim jüdischen Gottesdienst Abschnitte der Tora vorzutragen hatten. Diese Zusätze wurden allerdings nicht in die Torarollen selbst eingetragen – die als zu heilig galten, um sie in irgendeiner Weise zu verändern –, wohl aber in Manuskripte, die für das private Bibelstudium gedacht waren.

Das Scheitern von Bar Kochba hat die rabbinische Linie bestärkt. Sie teilte prinzipiell die negative Einschätzung Roms als des vierten und letzten Weltreiches Daniels und deutete zahlreiche biblische Passagen auf die Vierreiche-Vorstellung, relativierte aber das Terminproblem, und sah in der Torafrömmigkeit das wirksamste Mittel zur Erreichung des Heilsziels der Gottesherrschaft. Der Fall Roms wurde erhofft, aber für eine nicht näher bestimmte Zeit, weil Gott dieser Weltmacht eine nur ihm bekannte Frist gesetzt habe. In diesem Sinne wurden vor allem die Jakob-Esau-Geschichten der Bibel durchweg auf das Verhältnis Israel-Rom ausgedeutet. In der Bibel erwartete man eine Restauration der davidischen Herrschaft, aber unter Kontrolle der rabbinischen Gelehrten.

Nach dem Zweiten Jüdischen Aufstand verlagerte sich das Zentrum jüdischen Lebens aus den verwüsteten Gebieten Judäas nach Galiläa im Norden, und dort blieb es auch über die nächsten 800 Jahre. In diese Zeit fällt das Wirken einer der bedeutendsten Gestalten des Judentums, des Jehuda ha-Nasi (der Name bedeutet „Fürst“ oder „Patriarch“, er wurde auch kurz: Rabbi genannt [selten auch Rebbi]), der im späten 1. und im frühen 2. Jhdt. in Sepphoris lebte. Sein Name verbindet sich mit dem Werk der Kodifizierung des jüdischen Gesetzes, der Mischna, was wörtlich „Wiederholung“ bedeutet (Wiederholung des Gesetzes oder besser: der Prinzipien, die der Thora zugrunde liegen). Später wurde dann Tiberias am Westufer des Sees Genezareth das Zentrum jüdischer Gelehrsamkeit in Palästina. Dort arbeiteten Rabbinen an der weiteren Verfeinerung der Mischna. Aus den Bemühungen jener Jahrhunderte ging schliesslich der Talmud hervor, der bis heute die Basis jüdischer Lebenspraxis bildet.

Mischnastudien wurden auch in den Gelehrtenschulen Babyloniens betrieben, wo es bereits seit den Jahren des ersten Exils grosse und blühende Gemeinden gab. Die Juden dort sprachen Aramäisch und Hebräisch und unterhielten enge Beziehungen mit den Rabbis in Palästina.

Nach dem katastrophalen Ende des Bar-Kochba-Aufstands wanderten viele jüdische Gelehrte nach Babylonien aus. In diesen Schulen entstand eine Fassung des Talmud, die für massgeblicher angesehen wird als die palästinische Version. Das Judentum Palästinas war nach dem Bar-Kochba-Aufstand und in den Jahrhunderten der christlichen Herrschaft mehr und mehr im Niedergang begriffen. Im selben Mass gewann das babylonische Judentum an Stärke und entwickelte sich zu einer Macht, die in Dingen der Religion den Ton angab.

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