Kindergrundsicherung

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Die Kindergrundsicherung bezeichnet eine in der Bundesrepublik Deutschland geplante Transferleistung, bei der Kindergeld und weitere Sozialleistungen zusammengefasst werden sollen. Dies stellt eine neue Form des Familienlastenausgleichs dar. Politischer Hintergrund sind eine Zunahme der Kinderarmut und die im Zusammenhang mit der Antragstellung kritisierte Bürokratie.

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1 Hintergrund

Dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 folgend muss der Gesetzgeber seit Januar 2000 den Betreuungsbedarf und seit Januar 2002 den Erziehungsbedarf steuerlich berücksichtigen.[1] Die in Deutschland seit 1989 bis heute realisierte Kombination von Kindergeld und Kinderfreibetrag bewirkt, dass Steuerzahler, die eine hohe Einkommensteuer zahlen, gegebenenfalls eine höhere Vergünstigung erhalten als dies allein durch das Kindergeld der Fall wäre, was als Netto-Effekt bezeichnet und kritisiert wird.

2 Entwicklung

Bereits im Jahre 2001 stellte die Partei Bündnis 90/Die Grünen die Forderung nach einer Kindergrundsicherung auf. Gemäß ihrem damaligen Konzept sollte die Kindergrundsicherung das Existenzminimum von Kindern sichern. Das Modell der Linken sah 2006 drei zeitlich aufeinander folgende Schritte vor: (1.) eine Erhöhung des Kindergeldes und einen Ausbau des Kindergeldzuschlags für Geringverdiener und Bedürftige, (2.) die Ermittlung eines Warenkorbs für die Berechnung des soziokulturellen Existenzminimums von Kindern zwecks Anpassung von Kindergeld und -zuschlag und (3.) die Verankerung einer bedarfsabhängigen, den Kinderzuschlag ersetzenden Kindergrundsicherung als Individualanspruch.[2]

In Bayern wurde 2018 von der CSU ein Familiengeld eingeführt.[3] Das Bündnis Kindergrundsicherung, ein Zusammenschluss von insgesamt 15 Verbänden und Organisationen und wissenschaftlichen Unterstützern, fordert seit April 2009 eine einkommensabhängige Kindergrundsicherung in Höhe von 637 Euro (2020) monatlich bis zum 18. Lebensjahr.[4] Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) setzt sich für eine Kindergrundsicherung. Dabei sollen einkommensschwache Familien finanziell bessergestellt werden, während Bezieher höherer Einkommen mehr belastet werden. Der Betrag der Kindergrundsicherung soll nach Alter des Kindes stärker differenziert werden als bisher nach dem Hartz IV-Modell.[5]

Die nach der Bundestagswahl 2021 gebildete Ampelkoalition mit SPD und FDP nahm das Konzept der Grünen in ihr Programm auf. Die wirtschaftsliberale FDP stand der bereits in den Koalitionsverhandlungen 2017 vorgeschlagenen Kindergrundsicherung bisher kritisch gegenüber, konnte sich aber im August 2023 auf ein gemeinsames Vorgehen mit den Grünen verständigen.

Der Sozialforscher Christoph Butterwegge hielt im Sommer 2023 – angesichts der Inflation bei gleichzeitig schwacher Lohnentwicklung – 20 Milliarden Mehrausgaben für nötig, um Kinderarmut wirksam zu bekämpfen.[6] Die Koalition plante zunächst 2,4 Milliarden Euro an Mehrausgaben ein, bei steigender Inanspruchnahme in den Folgejahren könnten aber Mehraufwände von bis zu 6 Milliarden entstehen.[7][8][9]

Finanzminister Christian Lindner (FDP) wollte nur 400 Millionen Euro zusätzlich für die Kindergrundsicherung freigeben. Am 28. August 2023 fand gegen 11 Uhr eine Pressekonferenz zur Kindergrundsicherung statt, die live im deutschen Fernsehen übertragen wurde. An ihr nahmen die Minister Lisa Paus (Grüne), Christian Lindner und Hubertus Heil (SPD) teil. Es gab inbesondere Diskussionen zwischen Finanzminister Lindner und Familienministerin Paus über das finanzielle Volumen. Paus hatte einen Betrag von zwölf Milliarden genannt.[10][11]

3 Kritik

Bezweifelt wird, ob das Geld tatsächlich den Kindern zugute kommt, da diese in der Regel kein eigenes Konto haben. Auch bei der zeitlichen Umsetzung, die bis 2025 geplant ist, gibt es Zweifel.

Im April 2024 verlautbarte der Wirtschaftsrat der CDU, „[d]ie wahren Ursachen der Finanzprobleme dieser Bundesregierung heißen Bürgergeldeinführung, Bürgergelderhöhung und Einführung der Kindergrundsicherung“. Diese „Sozialgeschenke“ seien zurückzunehmen. Bei arbeitsfähigen Bürgergeldempfängern solle die Arbeitswilligkeit durch gemeinnützige Tätigkeit überprüft werden.[12]

Ein Vertreter der AfD (Partei) meinte anfangs: „Die Kindergrundsicherung ist Augenwischerei, denn Familienarmut bekämpft man nicht, indem Empfängern von Sozialleistungen noch mehr Geld überwiesen wird. Der große Kreis derer, die davon profitieren, sind die, die sich unseres Sozialsystems bedienen, ohne jemals einen Cent eingezahlt zu haben.“[13] 2019 forderte die AfD eine Erhöhung des Kindergeldes in 100-Euro-Schritten, die Finanzierung soll durch Kürzung der Milliarden, die die Regierung „in die Energiewende und den sogenannten Klimaschutz“ steckt, erfolgen.[14]

Bernd Siggelkow vom Verein Die Arche zeigte sich enttäuscht von den Ergebnissen.

4 Weblinks

5 Vergleich zu Wikipedia




  1. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 10. November 1998 - 2 BvR 1057/91 -, Rn. 1-104,
  2. Kinder brauchen mehr. Eckpunkte der LINKEN Kindergrundsicherung (Kurzfassung), Die Linke, 20. Juni 2006 (abgerufen am 31. August 2023)
  3. https://www.zbfs.bayern.de/familie/familiengeld
  4. Kinderarmut hat Folgen. Abgerufen am 13. Mai 2020.
  5. DGB: Geringverdiener unterstützen: Kindergrundsicherung statt Hartz IV. Abgerufen am 7. Juli 2023. (de)
  6. Sozialforscher über Lindners Haushalt: „Die Armut wird sich nun immer weiter ausbreiten“. 2023-07-03. Abgerufen am 10. September 2023.
  7. Was die Regierung mit der Kindergrundsicherung erreichen will, Deutschlandfunk Kultur, 28. August 2023
  8. Die neue Kindergrundsicherung - eine Leistung für alle Kinder Hintergrundinformationen des Familienministeriums, 30. August 2023
  9. Sarah Beham, Corinna Emundts: Kindergrundsicherung im Kabinett: Der lange Weg zur Einigung. In: Tagesschau. Abgerufen am 10. Oktober 2023.
  10. Zweifel an erhoffter Wirkung: Was die Kindergrundsicherung Familien bringt, tagesschau, 29. August 2023
  11. Sven Lemkemeyer, Albrecht Meier: Streit um Kindergrundsicherung: Lindners Absage löst heftigen Widerspruch bei Grünen aus (Update). In: Tagesspiegel, 2. April 2023, 15:26 Uhr.
  12.  Bürgergeld und Kindergrundsicherung: Wirtschaftsrat der CDU fordert, „Sozialgeschenke“ zurückzunehmen. In: Der Tagesspiegel Online. ISSN 1865-2263 (https://www.tagesspiegel.de/politik/burgergeld-und-kindergrundsicherung-wirtschaftsrat-der-cdu-fordert-sozialgeschenke-zurucknehmen-10853893.html).
  13. Martin Reichardt, Vorsitzender des Landesverbandes AfD Sachsen-Anhalt
  14. https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2019/kw08-interview-reichardt-593792

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